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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von Khotan, wo wir um acht Uhr Morgens ankommen.
    Zwei Stunden Aufenthalt, und da diese Stadt einen Vorgeschmack der Himmlischen Städte geben soll, habe ich einen flüchtigen Blick auf sie werfen wollen.
    Man könnte hier von einer turkmenischen, aber von Chinesen erbauten, oder von einer chinesischen, aber von Turkmenen erbauten Stadt reden. Gebäude und Bewohner verrathen den doppelten Ursprung. Die Pagoden erscheinen wie verpfuschte Moscheen, und die Moscheen wieder wie verpfuschte Pagoden.
    So verwundert es mich auch gar nicht, daß Herr und Frau Caterna, die die Gelegenheit, den Fuß auf chinesischen Boden zu setzen, nicht vorübergehen lassen wollten, etwas enttäuscht aussehen.
    »Herr Claudius, redet mich der Comödiant an, hier findet sich keine Decoration, mit der man ›die Einnahme von Peking‹ aufführen könnte.
    – Wir sind auch nicht in Peking, lieber Caterna.
    – Das ist ja richtig; man muß sich auch mit Wenigem begnügen lernen ….
    – Sogar mit dem Allerwenigsten, wie die Italiener sagen.
    – Na, und wenn sie das sagen, sind sie gar nicht so dumm!«
    Eben als wir in den Wagen steigen wollen, kommt Popof auf mich zugelaufen und ruft:
    »Herr Bombarnae …
    – Was giebt es, Popof?
    – Ein Telegraphenbote hat mich gefragt, ob sich im Zuge wohl ein Berichterstatter des ›XX. Jahrhundert‹ befände.
    – Ein Telegraphenbote? …
    – Ja, und als ich das bestätigte, übergab er mir diese Depesche für Sie.
    – Schnell, geben Sie her!«
    Ich nehme die Depesche, die mich hier schon einige Tage erwartete. Enthält sie eine Antwort auf mein von Merv aus gesandtes Telegramm bezüglich des Mandarinen Yen-Lou?
    Ich reiße die Depesche auf … durchfliege sie … und sie sinkt mir aus der Hand.
    Sie lautet folgendermaßen:
     
    Claudius Bombarnac, Reporter XX. Jahrhundert.
     
    Khotan, Chinesisch-Turkestan.
     
    »Ist keine Mandarinenleiche, die Zug nach Peking befördert; ist kaiserlicher Schatz, Werth fünfzehn Millionen, gesendet von Persien nach China, in Pariser Blättern schon seit acht Tagen gemeldet; sich in Zukunft besser unterrichten.«
Achtzehntes Capitel.
    »Millionen … Millionen sind es, die dieser angebliche Leichenwagen enthält!«
    Dieser unvorsichtige Satz kommt mir unwillkürlich über die Lippen, so daß das Geheimniß bezüglich des kaiserlichen Schatzes bald allen Bahnhofbeamten und Reisenden bekannt ist. Zur größeren Sicherheit hat die persische Regierung in Uebereinstimmung mit der chinesischen – den Glauben an den Transport eines todten Mandarinen zu verbreiten gesucht, wo es sich um die Ueberführung eines fünfzehn Millionen Francs betragenden Schatzes nach Peking handelte ….
    Gott verzeihe mir, welche Albernheit – und wenn sie auch entschuldbar erscheint – hab’ ich da begangen! Warum sollte ich doch an dem, was mir Popof sagte gezweifelt haben, und wie hätte Popof gegen die Versicherungen der persischen Beamten betreffend den Mandarin Yen-Lou Verdacht schöpfen können?
    Deshalb bin ich jedoch in meiner Eigenliebe als Reporter nicht minder tief gekränkt und wahrlich recht verstimmt über den Ordnungsruf, den jene Dummheit mir zugezogen hat. Natürlich hüte ich mich weislich, von meinem Mißgeschick gegen Jemand – nicht einmal gegen den Major – etwas verlauten zu lassen. Sollte man’s glauben? In Paris ist das »XX. Jahrhundert« über das, was auf der Groß-Transasiatischen Bahn vorgeht, besser unterrichtet als ich, der ich auf derselben Bahn dahinfahre? Das Blatt weiß schon lange, daß wir einen kaiserlichen Schatz am Ende des Zugs mitschleppen, und ich, der ich auf demselben Zuge sitze, weiß kein Sterbenswörtchen davon! O, diese vermaledeite Berichterstattung! Jetzt ist das Geheimniß preisgegeben und wir erfahren auch bald, daß jener aus Gold und Edelsteinen bestehende Schatz einstweilen beim Schah von Persien in Sicherheit gebracht wurde und jetzt seinem Eigenthümer, dem Sohne des Himmels, zugestellt werden soll.
    Deshalb hat der Seigneur Farusklar, der in seiner Eigenschaft als Bahnverwalter ja von der Sache unterrichtet sein mußte, in Duchak jedenfalls den Zug bestiegen, um den Schatz bis zum Bestimmungsort zu begleiten. Deshalb haben Ghangir und er, sowie die drei Mongolen, ihre Untergebnen – den kostbaren Wagen so streng überwacht deshalb sich so beunruhigt gezeigt als dieser durch den Bruch der Kuppelung verloren gegangen war, und deshalb drängten sie so sehr, wieder zurückzufahren. Ja, jetzt erklärt sich Alles!
    Aus demselben

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