Claw Trilogy 01 - Fenrir
schienen ihm wahr zu sein. »Ihr müsst auf das richtige Schiff warten.«
»Herr, ich werde nicht Nein sagen, nur weil am Bug ein Bär ist, während mir ein Drache lieber wäre«, wandte Ofaeti ein.
»Ihr müsst auf das richtige Schiff warten.«
»Wir nehmen das erste Schiff, das wir sehen.«
»Wollt ihr die Edelfrau haben?«, fragte Jehan.
»Welche Edelfrau?«
»Diejenige, die ihr in Paris gefangen habt.«
»Wenn wir sie finden können, nehmen wir sie. Das wäre ein schönes Geschenk für Helgi. Es ist bekannt, dass er sie begehrt.«
»Nun, dann wartet ihr auf das richtige Schiff. Habe ich euch Glück gebracht?«
»Das hast du, Herr.«
»Wollt ihr die Männer Christi sein?«
»Das wollen wir.«
»Dann hört auf mich und wartet auf das richtige Schiff.«
Die Wikinger warfen ihm seltsame Blicke zu, aber Jehan machte sich deshalb keine Sorgen. Zwei Dinge waren völlig sicher: Erstens war Aelis nahe, zweitens wurde er hungrig.
Das erste Boot, dessen Besitzer im Kloster nachsahen, war ein dänisches Karvi, ein winziges Schiff mit nur sechzehn Rudern. Es war ideal, und Ofaeti hatte große Mühe, die Wikinger zurückzuhalten. Doch dann sagte Jehan ihnen, sie sollten es bleiben lassen, und sie gehorchten. Sie hatten gesehen, was er mit den Burgundern angestellt hatte, und nun reichte ihnen sein Wort.
Eine Woche später kamen die nächsten Räuber. Es waren sieben große Langschiffe, zwei von ihnen schnelle, schlanke Drakkar, die für den Kampf gebaut waren. Die Berserker brauchten keine besondere Aufforderung, sich auch dieses Mal zurückzuhalten, und zogen sich zurück, während die Räuber das Kloster durchsuchten. Die Neuankömmlinge verbrachten die Nacht am Strand und segelten am nächsten Morgen ab.
Zwei Wochen vergingen, und es war kein Anzeichen weiterer Schiffe zu erkennen. Jehan saß in der zerstörten Kirche und blickte zum nackten Altar. Er war hungrig und betete, er möge die Kraft finden, seine Gelüste zu zügeln. Die Gebete warfen ihn auf der Suche nach Gott tief in sich selbst hinein. Er brauchte Anweisungen, auf welche Weise er seinen Gehorsam zeigen konnte, und fand nur sie, die Jungfrau, mit der Sonne im Haar am Strand, am Herd im Schein eines kleinen Feuers in einem Haus, das ihm zugleich fremd und vertraut vorkam. Dann sah er sie anderswo. Sie legte zerbrochene Steine in einer engen Höhle aus. Dies nahm er als Zeichen für das, was seine Gedanken ihrem makellosen Herzen antaten. Er begehrte sie mit Körper und Seele. Das spirituelle Verlangen war edel, das körperliche war es nicht. Er wehrte sich gegen die Blasphemie seiner Gedanken und gegen seinen Kopf, der die Herrin der Gnade schändete.
Das bleiche Mädchen saß dicht neben ihm, klammerte sich an ihn und wollte nicht eine Sekunde von ihm weichen. Er betete darum, von ihrer Gegenwart befreit zu werden. Sie war eine Dämonin, eine zarte, tröstende, aufmerksame Dämonin. Der Teufel war ein raffinierter Kerl. Hatte Jehan erwartet, er käme mit Rauch und Flamme? Nein, er kam als Kind, das neben ihm saß, wenn er schlief, und ihn beobachtete, wenn er aufwachte.
Das Mädchen winkte ihm, er solle die Kirche verlassen. Am Himmel hing ein Mond, der schimmerte wie ein Dirham und eine silberne Bahn über das weite Meer malte. Sie stand an einem Erdhügel, und er begriff, dass darunter der Wolf hauste. Das Wesen, das in seinem Kopf gurgelte und knurrte, das jeden Gedanken vertrieb und seine Persönlichkeit auslöschte.
Er hörte eine Stimme, eine würgende, hustende Stimme, die kratzte, als fiele Erde auf einen Sargdeckel. »Mit den Fingernägeln werde ich nach ihm graben.« Wessen Stimme war das? Die seine hatte sich verändert. Gliedmaßen und Körper waren stärker geworden, aber er fühlte sich keineswegs langsam oder schwerfällig. In seinen Muskeln erwachte eine neue Kraft, und die Welt der Dunkelheit war schön. Der große Mond, die Lichtbahn auf dem Meer, das bleiche Mädchen neben ihm, die nächtlichen Gerüche des Vorfrühlings.
»Da drin? Ist der Wolf da drin?«
Das bleiche Mädchen schwieg.
»Ja, da drin. Sie haben ihn festgebunden, aber ich werde ihn herauskratzen.«
Er grub mit den Händen, warf feuchte Klumpen zur Seite. Bald waren seine Hände und die Kleidung von der weichen Erde völlig verschmutzt.
»Herr, dort sind Segel. Segel!«, rief Ofaeti. »Sie sind rot. Es ist Grettir, der an der Belagerung teilgenommen hat. Es sind nur drei Schiffe. Das könnte die Gelegenheit für uns sein!«
Jehan vernahm ein leises
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