Claw Trilogy 01 - Fenrir
Ofaeti.
»Wundervoll. Aber sag mir nicht, wie er aussieht. Ich fürchte, ich ertrage die Enttäuschung nicht.«
»Keine Sorge«, beruhigte ihn Ofaeti und tippte sich auf die Nase. »Der Plan wird für dich immer noch geheim sein, nachdem du ihn ausgeführt hast.«
»Wie gewöhnlich«, sagte Egil.
»Wie gewöhnlich«, bestätigte Ofaeti. »Kannst du segeln, Herr?«
Jehan schwieg.
»Das fasse ich als Nein auf«, fuhr Ofaeti fort. »Gibt es in der Nähe ein schönes, fettes Kloster?«
»Ich führe dich nicht an einen Ort, wo du Menschen abschlachten kannst«, sagte Jehan.
»Nein, darauf bin ich auch nicht aus. Rieche die Luft. Sie ist wärmer, nicht wahr? Was sagt euch der Geruch, Leute?«
»Zeit für Überfälle!«, riefen sie wie ein Mann.
»Genau. Die Winterstürme sind vorbei. Horda, Roga, Skilfinger und alle anderen seefahrenden Männer aus dem Norden werden das Gleiche denken. Wer nicht in Paris oder auf den Inseln im Westen festhängt, kommt hier herunter. Oder wenigstens einige von ihnen. Wo ein Kloster ist, gibt es demnach auch ein Schiff.«
»Ich führe dich nicht an einen Ort, wo du Menschen abschlachten kannst.«
»Beruhige dich. Die Piraten werden in den Klöstern niemanden abschlachten, weil die Mönche schon vor Jahren ausgezogen sind. Das Land ist auf Meilen im Umkreis verlassen, und die Einwohner haben sich in größeren Dörfern versammelt, die gut verteidigt sind. Die Tage leichter Raubzüge sind vorbei, das lass dir gesagt sein, mein Freund. Die Piraten werden sich trotzdem umsehen, ob die Einwohner nicht schon wieder da sind. Wenn wir sie treffen, gehen wir zu ihnen und bitten sie um ein Boot.«
»Aber werden sie es auch herausrücken?«
»Gewiss, und zwar freiwillig«, entgegnete Ofaeti. »Niemand ist so großzügig wie ein toter Mann.«
Darauf grinsten und nickten die Wikinger. Das, so dachte Jehan sich, war die Art von Humor, die sie beeindruckte. Dem Beichtvater wurde fast übel.
Der Fluss war breit und ruhig und ergoss sich in einen großen See, dann wand er sich um flache Inseln und Marschen herum. Nur wenige Menschen waren zu sehen, hin und wieder mal einzelne Fischer, die jedoch Abstand wahrten. Dann sahen sie hohe Gebäude auf einer Landzunge, die sich schwarz vor dem perlmuttfarbenen Himmel abhoben.
»Was ist das, Herr?«
»Ein Kloster. Ich kenne es nicht«, antwortete Jehan. Er sprach die Wahrheit. Sein Kopf war schwer, die Gedanken ein wirres Durcheinander. Es war, als beobachtete er sich selbst, ohne überhaupt zu wissen, dass er einen Einfluss auf das hatte, was er tat und sagte.
Sie vertäuten das Boot und wanderten durch die Salzwiesen zu den Gebäuden. Ofaeti hatte recht gehabt, niemand war zugegen. Das Haus war im Laufe des vergangenen Jahres niedergebrannt worden. Die Dächer waren fort, und bisher hatte niemand versucht, sie neu zu decken. Auf dem Friedhof gab es eine Reihe frischer Gräber, auf denen noch kein Gras gewachsen war. Gewisse Anzeichen verrieten, dass jemand das Kloster über den Winter als Unterschlupf benutzt hatte, aber wer es auch gewesen war, hatte sich zurückgezogen, weil er den Räubern nicht zum Opfer fallen wollte.
»Was tun wir jetzt?«, wollte Astarth wissen.
»Wir warten«, entschied Ofaeti. »Wir haben gutes Essen für ein paar Wochen und ein Meer voller Fische. An der Küste müsste es Grünzeug und Muscheln geben. Wir warten einfach hier, bis das Boot kommt, das uns nach Hause bringt.«
»Ofaeti«, warnte Fastarr, »wenn wir einen Raubzug unternehmen, fahren wir selbst mit fünf Schiffen. Wir könnten es mit dreihundert Mann zu tun bekommen.«
»Hoffentlich nicht«, erwiderte Ofaeti. »Hör mal, die Belagerung von Paris läuft nicht gut, und ein paar Leute werden mit leeren Händen zurückkehren. Ich glaube, sie werden sich an der Küste umsehen, ehe sie nach Hause fahren. Wahrscheinlich kommen Skilfinger, denn diese Gegend liegt für sie am Weg. Sie halten an und werfen einen Blick auf die Kirche. Wir zeigen uns draußen ohne Waffen und sehen wie Mönche aus. Sie laufen vom Schiff herbei, wir umgehen sie in den Dünen und stehlen ihr Schiff.«
»Wir sind neun und sollen gegen wie viele kämpfen? Hundert, zweihundert, dreihundert?«
»Wir lenken sie ab«, hielt Ofaeti ihm entgegen. »Wir laufen mit gefalteten Händen herum wie die Mönche. Wenn sie uns sehen, rennen sie los wie ein Hund auf der Hasenjagd.«
Das bleiche Mädchen drückte Jehans Hand, und er sprach. Er wusste nicht einmal, woher die Worte kamen, aber sie
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