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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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waren alles, was er in der Bußzelle wahrnehmen konnte – es roch nach Eisen und nach dem Salz, das nicht vom Meer kam, sondern aus dem Blut. Dort waren auch Pferde, der satte Geruch der schwitzenden Tiere schien fast auf seiner Haut zu festzukleben.
    Er befreite sich von den Fesseln, zerfetzte die Stricke mit den Fingernägeln, zerbiss sie und schluckte Seilstücke herunter, weil er den Drang, alles zu verschlingen, was er abgebissen hatte, nicht zu unterdrücken vermochte. Jehan kroch über den Boden, wälzte und streckte sich und drehte den Kopf hierhin und dorthin, um seine Gedanken zu klären. Schließlich stand er auf, doch das fühlte sich falsch an. So kroch er lieber auf allen vieren durch die Zelle. Mit seinen Beinen geschah etwas. Die Knie fühlten sich sehr seltsam an, viel zu geschmeidig, als könnten sie sich in die falsche Richtung biegen. Sein ganzer Körper kam ihm auf einmal unvertraut und fremd vor. Immer wieder streckte er den Rücken, der sich im Verhältnis zum übrigen Körper zu lang anfühlte. Auch mit den Schultern stimmte etwas nicht. Sie waren gehemmt, wenngleich groß und kräftig.
    Er strich sich über das dichte Haar auf den Armen. Seine Zähne waren groß, er fuhr mit der Zunge im Mund hin und her und betastete die Eckzähne. Es war, als hätte er lauter Bootsnägel im Mund. Jehan legte sich die Hand auf die Stirn und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Als er die Hand sinken ließ, roch er Blut. Er betrachtete die Finger. Sie waren lang und stark, aus den Nägeln waren Krallen geworden. Er hatte sich mit der leichten Berührung selbst am Kopf verletzt.
    Jehan spürte eine unerklärliche Hitze. Er keuchte und sabberte, wand sich auf den Bodenplatten und versuchte, sich mit ihrer Hilfe abzukühlen. Auf dem Schädel juckte die Haut, sein Glied war hart, er kochte vor Lust und bemühte sich, das Gefühl zu verdrängen. Außerdem war er durstig, schrecklich durstig. Wann hatte er das letzte Mal etwas getrunken? Er konnte sich nicht erinnern, es musste mehrere Tage her sein.
    Der Beichtvater atmete schwer und suchte sich selbst in diesem Ansturm von Eindrücken. In seinem Innern ertönte ein Kreischen, wie es ein verzweifeltes Tier in einer Falle ausstoßen mochte. Er hörte auch ein Kratzen und Schleifen, als glitte Metall über Stein. Währenddessen empfand er eine Wut, die er noch nie gekannt hatte. Er lachte.
    »Ich bin jetzt ein Wesen, das die Feinde Gottes zerfleischen wird.«
    Nein, sagte er sich selbst und rang um Klarheit. Schrecklich war die Wahrheit, als er sie endlich erkannte. Er war verflucht. Irgendein Heide, womöglich jener, der ihm die böse, blutige Masse in den Mund gezwungen hatte, war daran schuld, und er konnte nichts dagegen tun. Gott hatte dies mit ihm geschehen lassen. Warum? Weil er nicht fromm genug gewesen war, weil er sich nicht genügend angestrengt hatte, weil er sich nicht hinreichend für Jesus aufgeopfert hatte.
    Endlich hockte er sich hin und spürte die Kraft seiner Gliedmaßen. Wenn er wollte, konnte er die Tür zerstören und zersplittern lassen, aber das würde er nicht tun. Wie lange steckte er schon in der Zelle? Die Frage tauchte auf und verschwand wieder, sie hatte keine Bedeutung mehr.
    Die Kräfte in ihm stammten vom Teufel, deshalb wollte er sie nicht einsetzen. Es war eine Prüfung. Alle seine Sinne sangen. Die Zähne waren scharfe Dornen, die Nägel waren Klingen, die begierig zuckten und zerfetzen und töten wollten. Er streckte sich und ballte die Hände zu Fäusten. Auch sie zitterten vor Mordlust.
    Er würde es nicht tun.
    »So ein Geschöpf will ich nicht sein«, sagte er laut und mit rasselnder Stimme, die kratzte wie eine vom Regen aufgequollene Tür auf einem Steinboden. Er betete: »Jesus, höre mich an, schicke mir wieder das alte Leiden. Herr, blende mich und lasse meine Gliedmaßen schrumpfen. Diese Hände können nur das Böse bewirken, diese Augen zeigen mir nichts Gutes. Schicke mich in die Frömmigkeit der Finsternis zurück.«
    Unten am Strand hörte er jemanden rufen.
    »Vali, hilf mir, ich sterbe!«
    Diese Stimme kannte er. Es war die Edelfrau Aelis. Er erinnerte sich auch an das Wikingerlager, an die Berührung an der Schulter.
    »Hilf mir, jetzt!«
    Sie rief ihn, das wusste er. Dann brach in seinem Bewusstsein etwas auf, als sei eine Walnuss geborsten. Das Kreischen und Heulen zerschmetterte jeden bewussten Gedanken.
    »Vali!« Er sah sich selbst als der gesunde junge Mann, der er nie gewesen war, wie er Hand in Hand

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