Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
Vom Netzwerk:
nicht nach allem, was er getan hat. Er ist durch und durch ein Mörder.«
    Sie wusste, dass jeder der beiden Männer den anderen meinte.
    »Wer seid ihr?«
    Sie starrte einen der beiden an und glaubte, ihn zu erkennen. Das Gesicht war seltsam vertraut. Ein Name fiel ihr ein: Jehan? Nein, dieser Mann stand stark und aufrecht vor ihr, er war kein Krüppel.
    Dann hörte sie den Reim im Kopf, aber dieses Mal sang ihn nicht die Hexe. Es war eine Kinderstimme. Ich weiß, dass ich hing am windigen Baum neun lange Nächte.
    Sie stürzte in die Schwärze. Die Flut, die schon den Hals benetzt hatte, zog sich zurück, kam wieder und reichte nicht mehr so hoch, zog sich wieder und wieder zurück und kroch in den nächsten Tagen weiter empor. Die Sonne jagte den Mond über den Himmel, ging auf und unter und war nur noch ein verschwommener Streifen. Verse über einen Wolf namens Hass, der den Mond hetzte, kamen ihr in den Sinn. Ein anderer Mond namens Verrat jagte unterdessen die Sonne.
    Beilzeit, Schwertzeit, Schilde splittern
    Windzeit, Wolfszeit, eh die Welt zerstürzt.
    Verschonen soll kein Mann den anderen …
    Sie kreischte jetzt aus vollem Halse. Das Wasser war verschwunden, zurückgekehrt, wieder verschwunden, jetzt stand es ihr bis zur Brust, und sie war sicher, sie müsse dieses Mal ertrinken. Wieder hörte sie das Lied der Hexe und drehte mühsam den Kopf nach links. Dort stand die verstümmelte Frau starr und aufrecht am Strand, als sei sie in tiefer Versenkung. Aelis spürte ein Reißen und Zerren in sich. Die Runen wollten sich befreien und zur Hexe gelangen. Sie starb. Das Lied ging weiter und weiter: Ich weiß, dass ich hing am windigen Baum neun lange Nächte.
    Abermals ertönte ein Heulen, das klang wie die Stimme der Nacht. Dann ein Splittern. Das Lied der Hexe brach ab und setzte wieder ein. Jetzt war das Heulen lauter und nicht mehr gedämpft. Sie verrenkte den Kopf, um zu erkennen, was am Strand geschah. Endlich hörte sie eine Stimme, die sie erkannte: »Nicht die Edelfrau, nicht!«
    Jemand eilte unter lautem Platschen durch das Wasser. »Ich komme, Edelfrau, ich bin schon da!«
    Sie schluckte schon das Salzwasser. Die Runen verließen sie und strebten zu der Hexe am Strand. Sie sah sie, die acht Runen, wie sie zu den acht anderen zogen, welche die Hexe umgaben und erfüllten.
    »Ich sterbe«, sagte sie.
    Schon bearbeitete ein Messer ihre Fesseln und durchtrennte sie. Sie wusste nicht, wer sie aus dem Wasser zog und erkannte nur einzelne Körperteile und kein Ganzes. Einen spitzen Bart, einen Turban, ein dunkles und fremdes Gesicht. Er zerrte sie aus dem Wasser und legte sie auf den Strand.
    Aelis fror so sehr, dass sie nicht einmal mehr schauderte. Sie blickte hoch. Hinter der Hexe war das Ungeheuer Hrafn aufgetaucht. Das böse Krummschwert hatte er schon gezogen und lief entschlossen über den Sand.
    Sie spürte den Jubel der Hexe. Aelis, dem Tode nahe, blickte jedoch tiefer. Die Hexe würde ihr die Runen nehmen, die Runen würden sich vereinen, und der Gott würde auf der Erde erscheinen. Der Wolf – Aelis hörte das gespenstische Heulen – würde seinen Bruder töten, und dann musste der Gott den ihm vorbestimmten Tod sterben. Der Wolf, dessen Maul vom Blut seines Bruders rot gefärbt war, würde den Gott niederreißen und ihm das Geschenk und das Wissen des Todes auf der Erde bieten. Hrafn, der Rabe, war der Bruder des Wolfs und kam, um zu sterben.
    Doch nun näherte sich ihnen etwas, das rannte wie ein Tier und grunzend über den Sand eilte.
    Es gelang Aelis nicht aufzustehen, sie hatte nicht genug Kraft dazu. So blieb sie liegen und erwartete den Tod, den Stich des Schwerts und das, was danach geschehen mochte. Geführt von dem Jungen beugte sich die Hexe über sie. Hrafn war bei ihr und hob das Schwert. Das Heulen war jetzt nahe und sehr laut. Es war beinahe, als könnte sie es verstehen.
    »Fliehe vor mir, fliehe!«
    Hrafns Schwert senkte sich. Zuerst geschah nichts, dann prallte etwas gegen Aelis’ Arm. Sie öffnete die Augen und sah den abgetrennten Kopf der Hexe wie ein Geschenk des Meeres vor sich liegen. Hrafn starrte auf sie herab, die silberne Schwertklinge war blutig, sein zerstörtes Gesicht bebte, als er sagte: »Meine Geliebte. Ich bin gekommen, um dich zu holen.«
    Und dann brachen die Runen kreischend über sie herein, der Wolf stürmte herbei, und die Welt war ein heilloses Durcheinander.

56
    Werwolf
    J ehans Brust war nass von seinem Geifer. Die Gerüche der Schlacht am Strand

Weitere Kostenlose Bücher