Claw Trilogy 01 - Fenrir
ihm in den Leib, dann wandte er sich an den druzhina , dem er vorher einen Tritt versetzt hatte, doch der Mann war nicht mehr da.
Erst jetzt erkannte Hugin, dass er vor einer Grube stand, in die der Gegner gestürzt war. Nun fiel ihm wieder ein, was die Frau gesagt hatte: Er hat sie in die Erde gesteckt.
Am Rand des Lochs erschien ein Gesicht. Hugin trat so fest er konnte zu. Der Mann stürzte hinab, unten hörte Hugin Rufe. Er blickte hinab. Ein druzhina mit einer Fackel blickte nach oben, neben ihm in der engen Grube drängten sich acht oder neun weitere und starrten voller Angst zu ihm herauf. Er versuchte, die Leiter hochzuziehen, doch die Männer hielten unten fest. Allerdings machte keiner von ihnen Anstalten, nach oben in den Tod zu steigen.
Rasch stieß Hugin einen Toten zum Rand der Grube und warf ihn hinab. Wieder ertönten unten Rufe. Die Grube war tief, aber nicht so tief, dass er nicht hinabspringen konnte. Er rollte einen weiteren Toten zum Rand und ließ ihn fallen. Dann zog er das Schwert aus dem Kopf des Kriegers und beförderte auch diesen Mann in die Grube. Als er gerade selbst hinabspringen wollte, bemerkte er aus dem Augenwinkel den Leichnam des Händlers. Eigentlich erkannte er ihn nur an dem seidenen Turban, denn die aufgebrachten Untertanen hatten den Toten förmlich zerfleischt.
»Komm schon«, sagte der Rabe, »du sollst mir in meiner letzten Schlacht Gesellschaft leisten, Händler.«
Er zerrte auch ihn zum Rand der Grube und beförderte ihn mit einem Tritt hinein, dann zog er das lange Messer und sprang lautlos hinterher. Die druzhina sollten glauben, er sei auch nur ein Toter, der ihnen abgesehen von dem Aufprall nichts anhaben konnte. Einen Atemzug lang wollte er still bleiben wie ein Toter und sie dann nacheinander niederstrecken. Die Männer bremsten den Sturz, die lebenden wie die toten, und die Fackel fiel zu Boden und erlosch, als er auf die Krieger prallte. Hugin kämpfte wie wild, hieb und stach um sich, wie er es noch nie getan hatte. Niemand konnte etwas sehen, doch Hugin hatte acht Ziele, seine Gegner dagegen nur eines. Schwerter waren zu groß und Äxte nutzlos. Trotzdem setzten die druzhina die Waffen ein. In dem engen Raum töteten sich Freunde gegenseitig, eine Axt der Rus traf das Fleisch der Rus, ein Schwert der Rus durchbohrte einen Bauch der Rus. Endlich war es still, und der Rabe stand auf dem Berg von Leichen und wusste nicht, ob er sich die Schulter oder das Gesicht halten sollte. An beiden Stellen hatte er Schnittwunden erlitten, und der Riss in der Wange reichte bis zu den Backenzähnen. Das spielte aber keine Rolle, weil sein Schwertarm noch in Ordnung war.
Aus einem Stollen vor seinen Füßen drang Licht.
Er räumte die Toten weg und kroch in den engen Gang, der sich über annähernd zehn Mannslängen erstreckte und so eng war wie ein Sarg. Während er sich hindurchwand, hoffte er, ihm käme kein druzhina entgegen. Wenn dort einer mit einem Speer lauerte, war es um ihn geschehen. Doch er begegnete keinem druzhina, sondern entdeckte nur eine Fackel, die einsam auf dem Boden des Tunnels brannte. Hugin kroch weiter. Die Fackel lag nahe am Rand eines Schachts, dessen Grund er nicht erkennen konnte.
Dann hörte er eine Stimme: »Hexe! Wo bist du, Hexe?«
Eine Frau schrie, ein Mann brüllte.
Hugin schob sich weiter. Über dem Schacht war die Decke etwas höher, er konnte sogar aufrecht sitzen. Dort steckte er das Messer in die Scheide, überprüfte den Sitz des Schwertgurts und sprang in die Dunkelheit, in das kalte Wasser hinab.
77
Der schreckliche Wolf Fenrir
E iskaltes schwarzes Wasser, so kalt und dunkel, dass es alle Sinne betäubte. Aelis strampelte, atmete ein und würgte, strampelte verzweifelt weiter und bekam endlich Luft in die Lungen. Die Gliedmaßen fühlte sie kaum, nur ihr Herz schlug heftig. Sie konnte nichts sehen, und das Wasser war tief. Dann erschien ein winziges Licht, schwankend in der Dunkelheit. Sie schwamm darauf zu, wobei sie immer wieder eiskaltes Wasser schluckte, und ruderte heftig mit den Armen.
Auf einmal prallte ihre Hand auf etwas Festes, eine Art Absatz. Blinzelnd vertrieb sie das Wasser aus den Augen und sah sich um. Anscheinend befand sie sich in einer großen Höhle, und die Wasserfläche endete an einem Vorsprung, der viel eher von Menschenhand angelegt als natürlichen Ursprungs zu sein schien.
Hinter ihr stürzte ein Mann in den Teich. Sofort geriet sie wieder in Panik, denn sie konnte sich nicht aus dem Wasser
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