Claw Trilogy 01 - Fenrir
im Mund, und die Gliedmaßen bewegten sich leicht und schnell. Als er den Kriegern durch den Wald folgte, betete er darum, dass er, wenn es schon sein musste, für die gerechte Sache töten und keine Freude dabei empfinden werde. Die Kirche hatte klare Vorschriften. Es war gut, die Heiden zu töten, aber man sollte sich an dem Abschlachten nicht ergötzen.
Alles fühlte sich seltsam an, so viele Dinge hatten sich verändert, mit denen er sich erst abfinden musste. Jedenfalls war er sicher, dass er gesegnet war. Gott hatte auf ihn in seinen Qualen hinabgeblickt und ihn von den Fesseln der Krankheit befreit. Was nun kam, konnte nur Gottes Wille sein. Er konnte nichts weiter tun als beten und hinzunehmen, was geschah, und sich so verhalten, wie Gott es seiner Ansicht nach wünschte.
Jehan bemerkte auch, dass er stärker wurde. Er konnte gut mithalten, obwohl die Krieger liefen. Das Glaubensbekenntnis, die Bekräftigung des Glaubens an das Wesen Christi, kam ihm in den Sinn: Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen.
Sie erreichten den Waldrand und blickten den langen Abhang zur Furt hinunter.
Zum Menschen geworden durch die Kraft des heiligen Geistes, geboren durch die Jungfrau Maria.
Die Wikinger trotteten mit Jehan den Hügel hinab. Er blickte sich immer wieder um, konnte hinter sich jedoch nichts entdecken. Er war voller Lebensfreude und Kraft und schämte sich über seine Begeisterung, wenn ihm einfiel, was er sich kaum einen Tag vorher einverleibt hatte. Auf einmal spürte er eine Hand auf dem Arm. Es war der Dicke, der keuchend neben ihm lief.
»Nicht so schnell, Mönch. Du willst uns doch nicht hinter dir zurücklassen.«
Jehan kam wieder zu sich und lief langsamer. Der Rauschzustand klang allerdings nicht ab. Er fühlte sich immer noch, als raste er durch die Nacht, um der in ihm brodelnden Kraft einen Ausdruck zu verleihen.
30
Eine Frage der Furcht
A elis spürte einen dumpfen Aufprall auf den Rippen und sah einen halbnackten Mann über sich gebeugt. Er schwitzte stark, die Augen hatte er verdreht. Sie wollte aufstehen, doch er trat ihr die Beine weg und trieb ihr das Messer zwischen die Schulterblätter. Dieses Mal traf er die Halsberge, und die Klinge zerbrach. Dennoch versetzte er ihr damit einen kräftigen Stoß. Sie stürzte mit dem Gesicht voran auf das Reet.
Die Leute sprangen auf, das ganze Haus war in Aufruhr. Der junge Mann schien sich nicht daran zu stören, dass seine Waffe zerbrochen war, und setzte sich auf den Boden.
Aelis stand auf. Ein schrecklicher Schmerz schoss ihr durch den Körper. Bei dem Angriff waren sicherlich mehrere Rippen gebrochen, doch die Rüstung hatte ihr das Leben gerettet.
Sie beugte sich vor, um das Schwert zu ergreifen, konnte sich aber wegen der Schmerzen nur langsam bewegen. Der Bauernjunge glotzte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal. Dann sprang er auf und warf sich auf Aelis, die abermals stürzte. Er griff nach ihrer Kehle, doch sie hatte inzwischen Siegfrieds Schwert aus der Scheide gezogen. Sie sah nur noch einen Tunnel vor sich, in ihrem Kopf pochte es, die Rippen taten höllisch weh, doch sie stieß dem jungen Mann das Schwert in den Bauch und drückte weiter, weiter …
Dann wurde es dunkel um sie, die Stimmen im Raum kamen aus weiter Ferne. Die Hände, die sich um ihre Kehle gelegt hatten, wollten nicht loslassen. Endlich polterte etwas, und sie konnte wieder atmen. Der Händler hatte sich über den jungen Mann gebeugt, der sich gerade wieder aufrichten wollte. Dabei verfing sich der Schwertgriff am Boden, und der Bursche stieß einen schrecklichen Schrei aus. Er zog an der Waffe, kam taumelnd wie ein Betrunkener hoch und setzte ein Bein fest auf den Boden, doch das andere gab nach und gehorchte ihm nicht. Einen Moment lang stand er aufrecht, dann stürzte er nach vorn und sank auf die Knie. Mit zitternden Händen tastete er nach dem Schwertgriff, der sich nicht rühren wollte.
Aelis lag gekrümmt am Boden, schnappte nach Luft, keuchte und würgte und war immer noch nicht sicher, ob die Klinge in ihren Körper eingedrungen war, so sehr schmerzten die Rippen.
»Dafür wirst du sterben, Edelmann!«
Mit einer Axt in der Hand schritt der Vater des Jungen auf sie zu, doch Leshii sprang dazwischen und schützte die hilflos stöhnende Aelis. Auch der Händler hatte eine Axt gezogen und über den Kopf gehoben, als wollte er zuschlagen. Eine wütende Menge von etwa zwanzig Menschen umringte ihn. Die
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