Clemens Gleich
Nebensächlichkeiten unterbrochen zu werden.
"Jetzt musst du aber auch ins Biolabor gehen. Wie wir gesagt ha'm", sagte sie ernst. Elis wand sich:
"Ich weiß nicht. Jetzt, wo es konkret ist, hört es sich nicht mehr nach einer guten Idee an."
"Du hast bloß Schiss!" Mara haute auf den Tisch. "Wir müss'n noch mehr trinken!", bot sie dann als Lösung an.
"Vielleicht", sagte Elis in ihr Glas. "Aber es kommt mir so kindisch vor."
"Glaub mir, das ist alles andere als kindisch." Mara schien mit einem Mal viel nüchterner. "Es ist sehr erwachsen. Ich weiß, wie Männer sind, vergiss das nicht. Und ich sag dir, mit so ei'm biste besser dran."
"Wenn es klappt."
"Mehr Optimismus, bitte! Natürlich wird das klappen!" Mara schwenkte ihren Drink in Richtung ihrer Gesprächspartnerin.
"Können wir nicht...", begann Elis, der das nächste Thema trotz einiger Gläser dieses Beerenweins peinlich zu sein schien. "...können wir wenigstens das... du weißt schon... muss das so...? Das ist doch peinlich! Und auffällig."
"Wir machen's genau so, wie wir's gesagt haben." Sie rülpste undamenhaft. "Außerdem ist das überhaupt nicht auffällig, wird bestimmt die ganze Zeit gemacht."
"Aber ich brauch' das gar nicht!", startete Elis einen letzten Versuch, sich herauszuwinden.
"Abwarten", empfahl Mara mit soviel Lebensweisheit, wie sie nur hineinintonieren konnte. "Auf jeden Fall ist es besser zu haben und nicht zu brauchen als zu brauchen und nicht zu haben." Sie ließ den Satz nochmal innerlich Revue passieren und befand ihn für korrekt: "Ja. Später kann man da nämlich nichts mehr machen." Elis gab auf.
"Oh, na gut! Wir machen es! Aber ich brauch noch was zu trinken vorher."
"Sag ich doch."
Alvin Olz stand vor einem augenscheinlich unbelegten Bioreaktor und nahm letzte Einstellungen daran vor. "Pikmo" stand darauf, neben einer Seriennummer "ZZK-5". Winzige Servomotoren surrten an ihren Einstellungen, Zuchtmuskeln öffneten und schlossen Ventile in einem scheinbar chaotischen Takt, unsichtbare Maschinen beeinflussten die gelartige Flüssigkeit darin. In diesen Momenten fühlte sich Olz wie ein Komponist, der horcht, ob sein Werk in seinem Sinne aufgeführt wird. Er trug wie immer schlichte graublaue Kleidung, die den (durchaus korrekten) Eindruck machte, er hätte weder Ahnung von Mode noch Interesse daran. Kleidung war gegen Kälte, damit man nicht nackt rumrannte, was in Alvins Fall ein eher glücklicher Umstand für seine Umwelt war, sah er doch nicht sonderlich ästhetisch aus mit seinem kleinen Bierbauch, den rappelkurzen Haaren samt Stirnglatze und seiner Körperklau-Motorik, die ihn beizeiten anmuten ließ, als hinge er an den Marionettenfäden eines Gottes mit Drogenentzugserscheinungen. Seine lebendigen Äuglein scannten nochmal die Instrumentenkonsole, dann schien er zufrieden mit seinem Werk. Er rieb sich die Wurstfinger. Zeit für die erste Zellteilung!
"Ey! Ey, du!", rief da eine Frauenstimme hinter ihm. Die erste Zellteilung war erst verschoben und kurz darauf fast völlig aus Alvins Bewusstsein gedrängt, als er sah, was sich ihm da näherte: Zwei junge Damen, sturzbetrunken; zwei Flaschen Alkohol, offen. Mitten in seinem Labor! Das kurze, völlig gerechtfertige Staunen machte nun Raum für rechtschaffenen Ärger:
"Was soll das? Wer hat euch hier reingelassen? Macht sofort, dass ihr Land gewinnt, sonst lasse ich euch von der Wache ins Gefängnis stecken, das ist mein Ernst!"
"Reg dich ab, Mann!", krakehlte Mara. "Wir sind hier in Übereinstimmung mit... allen ... Gesetzen... oder so."
"Ja! Wir dürfen das", stimmte Elis ihr zu.
"So, ihr dürft das also!" Aus Alvins Stimme triefte der Sarkasmus. "Und wo, wenn ich die ehrenwerten Damen fragen darf, steht das geschrieben?" Elis streckte ihm ihr leicht angeknittertes Dokument ins Gesicht.
"Hier." Alvins Augen flitzten über das Papier, verengten sich von Ärger zu Unglauben. Er zog eine seltsame große Lupe aus einem Schrank hervor und untersuchte damit jede Faser des Dokuments. Es war echt. Es musste echt sein. Es durfte aber nicht echt sein, fand Alvin. Nur stimmten weder seine Lupe noch seine Augen oder sein Wissen diesem Gefühl zu. Resignation breitete sich in Olz aus. Er streckte innerlich die Waffen und äußerlich die Hände nach oben.
"In Ordnung. In Ordnung, ihr dürft hier stehenbleiben. Kann ich jetzt meine Arbeit weitermachen?"
"Ja, aber es gibt ein paar Änderungen", verkündete Mara selbstbewusst. Wieder erinnerte sich Alvin an den Vergleich
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