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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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brauchten und jemanden, der sich um sie kümmerte, bis sie selbstständig waren. Ich nahm Cleo auf den Arm und schluchzte in ihr Fell. Es schien ihr nichts auszumachen, als Taschentuch herhalten zu müssen. Schnurrend kuschelte sie sich an meinen Hals und sah mich mit so viel Zuneigung an, dass ich fast bestürzt war. Mit einer solch bedingungslosen Liebe hatte mich niemand mehr angesehen, seit meine Kinder Babys gewesen waren. Ich riss mich zusammen und setzte sie auf den Boden. Munter sprang sie davon, und ich machte mich auf die Suche nach Rob.
    Das Haus hatte in der Nacht eine Verwandlung durchgemacht. Der Flur hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Über den Teppich waren leere Plastiktüten verstreut. Dazwischen lagen einzelne Socken. Eine von Robs blau-weißen Sportsocken hing über einem Strumpf von Steve. Eine regenbogenfarbene Bettsocke hatte sich um eine Deoflasche gewickelt. Mit der Napoleons Zweispitz ähnelnden Verschlusskappe sah die Flasche wie ein toter General aus, der sich angesichts seiner Niederlage erschossen hatte und umgekippt war.
    Im Wohnzimmer hatten die Teppiche Falten geworfen und waren verrutscht. Lampenschirme hingen wie kecke Hüte krumm und schief auf ihren Ständern. Stühle und Tische waren verrückt. Die Fotos auf dem Fensterbrett waren umgefallen. Ein Abfallkorb lag auf der Seite und spie Apfelbutzen und Kaugummipapier aus.
    Die Küchenjalousien waren auf halbem Wege hängen geblieben und ließen sich weder nach unten noch nach oben bewegen. Eine genauere Untersuchung erbrachte, dass die Zugschnüre entweder mit chirurgischer Präzision durchgeschnitten oder durchgekaut worden waren.
    Im ersten Augenblick dachte ich, dass bei uns eingebrochen worden war, und rannte ins Wohnzimmer. Dort stellte ich allerdings überrascht fest, dass sich Stereoanlage und Lautsprecher nach wie vor in ihren hässlichen Furnierschränken versteckten. Auch der Fernseher hatte sich nicht von der Stelle gerührt, nur die Haufen von Beileidskarten hatten in der Nacht offenbar Flügel bekommen und waren zu Boden geflattert.
    Der Gummibaum war umgestürzt und seine Blätter baumelten über Sofa und Sofatisch. Aus dem Eimer hatte sich eine kleine Erdlawine über den Teppich ergossen. Sie wurde gekrönt von drei winzig kleinen Häufchen.
    Ich war noch nie eine dieser pingeligen Hausfrauen gewesen, aber das ging zu weit. Unsere Katze hatte nach Einbruch der Nacht eine Persönlichkeitsveränderung durchgemacht. Sie war ein Katzenwerwolf  !
    Vor mir lag ein Tag mit einem Horizont aus Socken, umgefallenen Gummibäumen, Plastiktüten und akupunktierten Knöcheln.
    »Wo ist Cleo?«, brüllte ich und hob eine Decke hoch, die ich mit viel Liebe für Rob gestrickt hatte. Ich hatte Monate dafür gebraucht. Als ich diese Materialisierung meiner Mutterliebe an die Brust drückte, segelten drei halb zerkaute Quasten auf den Boden.
    Rata lag auf ihrem Schlafplatz im Durchgang und klappte nur müde ein Ohr um. Rob zuckte mit den Schultern. Auf dem Farnbaum vor dem Fenster saß ein Vogel und übteTonleitern. Vom Hafen wehte das Tuten eines Nebelhorns herauf. Im Haus dagegen war es verdächtig still. Bis auf ein merkwürdiges Scheppern aus der Küche.
    Ich marschierte über den Linoleumboden, um einem Wesen, das nur einen Bruchteil von mir ausmachte, den Krieg zu erklären. Die Uhr tickte gelangweilt auf ihrem Posten über der Spüle. Der Wasserhahn trommelte wie ein Schlagzeuger ohne Rhythmusgefühl in den Abfluss. Im Übrigen Stille. Unser haariger Delinquent war ausgebüxt.
    Ohne dass ich hätte erklären können, warum, wandte ich mich dem Backofen zu. Glücklicherweise erwarteten wir keinen Besuch von meiner ehemaligen Hauswirtschaftslehrerin. Fettaugen sahen mich von der Glasscheibe an. Im Lauf der nächsten ein, zwei Jahre oder spätestens am Welt-Ofenreinigungs-Tag würde ich bestimmt Gelegenheit finden, sie wegzukratzen. Zwei Backformen starrten mir aus der Dämmerung entgegen.
    Ich wollte gerade in unserem Topfschrank nachsehen, als plötzlich das unverkennbare Geräusch von zu Bruch gehenden Tellern zu hören war. Rob öffnete die Klappe des Geschirrspülers. Cleo bemerkte es nicht einmal, so begeistert turnte sie zwischen den Tellern vom Vorabend herum. Sie hörte auch nicht, wie ich tobte, sie solle herauskommen. Als Rob dann seinen Arm in den Geschirrspüler streckte, schoss Cleo heraus und schlitterte zwischen seinen Beinen hindurch, bevor einer von uns ihr glattes Fell zu fassen bekam.
    Ich hatte schon

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