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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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gehört, dass Kätzchen verspielt und fast so fordernd wie Neugeborene waren. Fast? Neugeborene blieben immerhin in ihrer Wiege liegen. Sie versuchen auch nicht mit aller Kraft, deine Frisur zu ruinieren oder dich zu Fall zu bringen, damit du den Rest deiner Tage im Rollstuhl verbringen kannst. Das Verhalten dieser kleinen Katze lagjenseits aller Normen, egal ob menschlicher, tierischer oder pflanzlicher Art. Sie war unkontrollierbar, zerstörerisch und vermutlich psychotisch, und zu allem Überfluss war sie auch noch eine Sockenfetischistin. In weniger als vierundzwanzig Stunden hatte sie sich aus einer hilflosen, charmanten Aristokratin in ein tollwütiges Raubtier verwandelt.
    Wir verfolgten sie durch den Flur, sprangen über Socken und Supermarkttüten, aber vergebens, Cleo war verschwunden. Wir blieben stehen und lauschten. Außer unserem keuchenden Atem war nichts zu hören.
    Ich linste durch den Türspalt in Robs Zimmer. Dort lag zusammengerollt auf dem Kissen die Personifizierung katzenhafter Niedlichkeit. Sie miaute leise, streckte sich und gähnte hinreißend. Cleo hatte sich in das Wesen, in das wir uns verliebt hatten, zurückverwandelt.
    Rob schob sich vorsichtig auf sie zu. Cleo riss die Augen auf. Sie funkelte uns an, legte die Ohren zurück und peitschte mit ihrem Schwanz den Kissenbezug. Bevor einer von uns ihr zu nahe kommen konnte, war sie schon aufgesprungen und flitzte wie ein Flaschengeist durch das Zimmer. Rob warf sich in der Manier eines Rugbyspielers auf den Boden, um sie zu packen, aber Cleo schlüpfte durch seine Hände, sprang auf das Bücherregal und kletterte mit ausgefahrenen Krallen den Schlumpfvorhang hoch außer Reichweite.
    Dem Kätzchen, das gerade durch Schlumpfland schaukelte, war meine Sorge um unsere Innenausstattung ganz offensichtlich egal. Ein Blick zur Decke zeigte ihr allerdings, dass es höher nicht mehr ging. Kleinlaut in unsere rettenden Arme abzusteigen kam keinesfalls in Frage. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie sie auf meiner Schulter gelandet war, um von dort aus wie von einem Sprungbrett auf den Boden zu hüpfen.
    Kaum auf dem Teppich, raste sie wie eine Irre durch das Zimmer, vom Fensterbrett ging es aufs Bett, dann aufs Regal und zurück. Das war keine Katze. Das war ein Dynamo, mit dem man eine ganze Diskothek mit Strom hätte versorgen können. Allein vom Zuschauen wurde man müde.
    Das konnte auf Dauer nicht gutgehen. Wir waren eben keine Katzentypen. Von einer Sekunde auf die andere waren wir nicht mehr Herren im eigenen Haus. Cleo war in unsere Gemäuer eingedrungen und hatte uns zu Gefangenen gemacht. Äußerlich betrachtet mochte sie ja winzig sein, aber ihre Persönlichkeit war die eines Mammuts. Wenn sie nicht gerade Socken aus dem Wäschekorb klaute oder an den Einbänden von wertvollen Büchern kaute, lag sie in einem Einkaufskorb auf der Lauer, um über uns herzufallen.
    Zugegeben, die Schwierigkeiten, die sie uns machte, lenkten uns von unserem Schmerz ab. Jede Minute, in der wir uns fragten, welchen Teil des Hauses sie gerade zerstörte, war eine Minute, in der wir nicht in Trauer versanken. Nur fühlte ich mich im Moment diesem kleinen Kraftpaket einfach nicht gewachsen.
    Das Einzige, was noch mehr Nerven kostete als ihre Anwesenheit, war ihre plötzliche, unerklärliche Abwesenheit. »Wo ist Cleo?«, fragte ich mich, nachdem ich den Gummibaum wieder aufgerichtet und die Häufchen entsorgt hatte. Im Haus war es verdächtig still. Rob entdeckte sie im Schrank unter der Spüle, wo sie im Abfalleimer saß und Kartoffelschalen fraß.
    Ich hatte einmal gelesen, dass Katzen siebzehn Stunden am Tag schliefen. Junge Katzen bräuchten oft noch mehr Schlaf. Ging man nach dem Schaden, den sie angerichtet hatte, konnte Cleo in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht mehr als drei Stunden geschlafen haben. Irgendeinanderes Kätzchen in einem wunderbar ruhigen Haushalt musste sich Cleos veranschlagte Ruhezeit unter den Nagel gerissen haben. Es machte sich jetzt mit der Extra-Schlafzeit einen lauen Lenz und aalte sich friedlich auf einem Kissen in der Sonne. Sein entspannter, höchst privilegierter Besitzer würde auf die faule, schnarchende Gestalt blicken und sich über ihre Trägheit wundern.
    Ich ertrug dieses Tier keine Minute länger und überredete Rob deshalb, das Haus für ein, zwei Stunden zu verlassen. Er willigte nur unter der Bedingung ein, dass wir zu einer Zoohandlung fuhren, die Katzenspielzeug im Angebot hatte.
    Wir schlichen uns um

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