Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
Vom Netzwerk:
ich, langsam machte ich mir Sorgen, er könnte unter Realitätsverlust leiden.
    »Es war anders als ein Traum. Sie hat gesagt, dass sie mir dabei helfen will, Freunde zu finden.«
    In meiner Familie hatte es schon immer Sonderlinge gegeben, aber sich mit einer Katze zu unterhalten, war zu viel. Wenn in der Schule bekannt würde, dass er mit seinem Haustier redete, würde er dafür im besten Fall Hohn und Spott ernten.
    »Das tut sie bestimmt«, sagte ich, legte meinen Arm um seine Schulter und küsste sein Ohr. »Aber davon wollen wir erst einmal niemandem sonst etwas erzählen.«
    »Du wirst Cleo nicht zu Lena zurückbringen, oder?«, fragte er.
    Ich ging vor ihm in die Hocke, legte meine Hände auf seine Schultern und musterte sein ernstes kleines Gesicht. Ich spürte seine Verunsicherung. »Nein, Rob. Wir behalten sie.«
    Aus seinen Schultern wich die Spannung. Erleichterung schoss durch ihn hindurch, und er senkte den Kopf. Seine Haare wogten wie Weizenhalme hin und her und seine Arme vollführten einen kleinen Freudentanz. Er musste mich nicht ansehen, damit ich wusste, dass er lächelte.
     
    Die Menschen brauchten lange, um zu begreifen, wie wichtig Katzen für ihr Überleben waren. Ein Vorteil, den die Aufgabe des Nomadentums zugunsten eines sesshaften Lebens mit sich brachte, war der bessere Schutz vor großen Raubtieren. Mehrere Generationen lang erfreuten sich die Menschen daran, ohne zu bemerken, dass sich ein sehr viel gefährlicherer Feind in den Mauern ihrer Wohnstätten, Keller und Kornspeicher breitmachte. Das bescheidene Nagetierwar verantwortlich für weitaus größere Verheerungen als seine fleischfressenden Kollegen. Eine Horde Mäuse konnte die Ernte eines ganzen Jahres vernichten und Hunger und Seuchen über ein Dorf bringen.
    Wildkatzen schlichen um die Siedlungen herum, denen bei dem Gedanken an die Mäusebankette das Wasser im Maul zusammengelaufen sein muss. Gelegentlich brachte eine von ihnen genug Mut auf, vielleicht trieb sie auch nur der Hunger, und sie wagte sich in ein Dorf, um Ratten, Mäuse und Schlangen zu jagen. Die Leute fingen an zu begreifen, dass Katzen keinen Schaden anrichteten. Im Gegenteil, sie machten sich bei der Dezimierung der Pestüberträger sehr nützlich.
    Den Menschen wurde klar, dass sie ein für beide Seiten nützliches Arrangement mit den Katzen treffen konnten. Sie fingen an, die Qualitäten dieser Tiere zu erkennen. Sie sahen ihre Eleganz und bewunderten ihre Zurückhaltung und ihre Weigerung, sich wie eine Kuh oder ein Hund dem überlegenen Menschen unterzuordnen. Dass eine Katze nicht unbedingt kam, wenn sie gerufen wurde, beeindruckte schon die alten Ägypter.
    Katzen wurden mit Goldschmuck behängt und es war ihnen erlaubt, sich vom Teller ihrer Besitzer zu bedienen. Auf die Tötung eines dieser Tiere stand die Todesstrafe. Katzen wurden oft mit mehr Pomp zu Grabe getragen als Menschen. Wenn eine Familienkatze starb, wurde ihr Leichnam vor dem Haus aufgebahrt und sämtliche Mitglieder des Haushalts rasierten sich als Zeichen der Trauer die Augenbrauen ab – wenn man das heute in einem unserer Vororte machen würde, hätte man bald einen Irrenarzt am Hals.
    Unsere samtpfötigen Freunde haben nicht nur Millionen von Leben gerettet, indem sie Nagetiere töteten, mit ihrerHilfe heilten auch unzählige Herzen. Geduldig wartend saßen sie am Fußende eines Bettes, bis die Tränen eines Menschen versiegten. Sie rollten sich auf dem Schoß von Alten und Kranken zusammen und schenkten ihnen Trost. Nachdem sie sich nun schon seit Jahrtausenden um unsere körperliche und seelische Gesundheit kümmern, verdienen sie unseren Respekt. Die Ägypter hatten Recht. Katzen sind heilige Wesen.
     
    Die Zeiger der Küchenuhr schleppten sich durch den Vormittag. Die Anhörung dauerte länger als erwartet. Offenbar brauchte es seine Zeit, bis alle Beweise gegen die Frau und ihre früheren Verurteilungen wegen Trunkenheit am Steuer vorgetragen worden waren – alles, was das Geschehen erklären konnte.
    Eine Tasse Kaffee. Dann noch eine. Der Hafen lag wie ein türkisfarbener Frisbee da, genau wie an dem Tag, als Sam gestorben war. Die Welt war einfach boshaft. Während ich meine zweite Hand zwang, um die Uhr herumzugreifen, trug Cleo Rob die alte Papiertüte hin, die sie aus dem Schrank unter der Spüle gemopst hatte. Sie schien das Knistern zu mögen, das die Tüte von sich gab, wenn sie darauf herumrollte. Als Rob die Papiertüte aufhielt, sprang Cleo durch die Küche und

Weitere Kostenlose Bücher