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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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(in Tarnfarben wahrscheinlich; jedenfalls ohne Glöckchen).
    »Äußerlichkeiten sind doch völlig egal«, erklärte ich, wann immer unsere Mesalliance in Frage gestellt wurde. »Es zählt nur das Innere.«
    Ich fing sogar an, die Seiten an ihm zu lieben, die mich anfangs davon abgehalten hatten, ihn ernst zu nehmen. Der Altersunterschied zwischen uns war lustig und interessant (bis auf das eine Mal, als er mich fragte: »Wer ist Shirley Bassey?«). Er war nicht so konservativ, dass er nicht gelegentlich mit mir darüber lachen hätte können. Andererseits konnte ich vieles über das Militär und das Bankwesen von ihm lernen. Unsere Beziehung war geradezu vollkommen.
    Eines der vielen Dinge, die ich an Philip bewunderte, war, dass er stets ein perfekt gebügeltes Taschentuch bei sich trug. Immer wenn es die Tränen einer Frau zu trocknen galt, wurde es gezückt und manchmal sogar, aber nur unter ganz besonderen Umständen, um weniger attraktiven Absonderungen aus ihrer Nase beizukommen. Noch mehr beeindrucktemich, dass er darauf bestand, außen zu gehen, wenn wir nebeneinander über den Bürgersteig liefen. Außer ihm hatte ich nur einen mit dieser ritterlichen Tugend gesegneten Mann gekannt, die dem Zweck diente, eine Frau vor entgegenkommenden Pferden oder dem von Kutschenrädern wegspritzenden Dreck zu schützen, und dieser Mann war mein Vater gewesen. Als Philip das erste Mal sanft meinen Arm nahm, die Seite wechselte und meine Hand durch seine Armbeuge zog, so dass ich an den Schaufenstern und er am Rinnstein entlangging, wusste ich, das war ein Mann, mit dem ich gern mein Leben verbringen würde.
    Aber … Warum muss es eigentlich immer ein »aber« geben? Warum kann die traurige alleinerziehende Mutter nicht einfach ihren Prinzen finden, sich verlieben und in einem geschmackvollen cremefarbenen Kostüm vor den Altar treten, um fortan glücklich und zufrieden bis an ihr Ende zu leben? Weil das Leben leider nicht von einem Schlagertexter geschrieben wird. Echte Menschen haben eine Vergangenheit, sie haben Komplexe, Ängste, Abneigungen, Empfindlichkeiten, Wünsche, ganz zu schweigen von all den schlauen Freunden und Verwandten, die nur darauf warten, ihre Meinung loszuwerden.
    Inzwischen war es uns auch ziemlich egal, ob man uns zusammen in der Öffentlichkeit sah. Das dachte ich jedenfalls. Eines Samstagmorgens fuhren wir zu viert in die Stadt, um T-Shirts zu kaufen, parkten auf der Hauptstraße und kletterten aus dem Auto. Wir gingen den Bürgersteig entlang und Philip vollzog wieder seine Schmutzschutz-Maßnahme und tauschte die Seiten mit mir. Die Kinder liefen unterdessen schon mal vor. Ich fühlte mich wie die Heldin in einem Film mit Happyend, der Abspann lief und die Leute im Kino aßen ihr letztes Popcorn auf.
    »Ich will das da«, sagte Lydia und hielt ein T-Shirt in die Höhe, auf der als Elfen verkleidete Teddybären zu sehen waren. Die Farbe war klar.
    »Sie macht gerade wie alle Dreijährigen die Rosaphase durch«, sagte ich zu Philip. »Ich kämpfe nicht dagegen an. Sonst endet sie womöglich eines Tages auf der Couch eines Psychoanalytikers und wirft mir vor, dass ich sie um einen wesentlichen Teil ihrer Entwicklung gebracht hätte.«
    Er lachte nicht. Im Gegenteil, er erstarrte wie eine Katze, die plötzlich vor einem Rottweiler steht.
    »Sarah!«, rief er und lächelte breit über meine Schulter hinweg.
    Ich drehte mich um. Vor einer Umkleidekabine stand eine Blondine in einem Bikini, der so winzig war, dass man ihn auch als Zahnseide hätte benutzen können, und streckte ihre Bambi-Beine. Ich kannte sie von der Fotowand in dem Haus am See, eines der berühmten »langweiligen« Mädchen. Die erfüllte jedes einzelne Kriterium, und mehr als das.
    »Philip!«, rief sie strahlend. »Wo steckst du denn die ganze Zeit? Du warst ja schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr auf dem Tennisplatz. Ich hab dich vermisst.«
    Ich wartete darauf, dass Philip mich vorstellte, aber plötzlich schien zwischen uns eine unsichtbare Mauer aus dem Boden gewachsen zu sein. Ich war nur irgendeine Kundin, die zufällig neben ihm stand, und auch die Kinder gehörten nicht dazu.
    »Zu viel zu tun«, sagte er und trat auf sie zu. »Du weißt, wie es um diese Jahreszeit immer ist.«
    »Wem sagst du das?«, rief sie, verdrehte die Augen und warf ihre goldene Mähne zurück. »Die letzten Wochen wollen plötzlich alle perfekte weiße Zähne. Aber du siehst gut aus!«
    »Du auch.« Seine Stimmehallte von den Wänden wider,

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