Cleo
und mich zu einem Teller Nudeln und Salat bei sich zu Hause einlud. Liebe Göttin, wer du auch bist, ich danke dir für meine Freundinnen, dachte ich, als ich vor Emmas niedlichemHäuschen anhielt, das sich vor der Stadt zwischen die Hügel duckte.
»Wie geht es dir?«, fragte sie, nachdem sie mich hereingebeten hatte.
Emma war einer der wenigen Menschen, denen gegenüber ich mich nicht verstellen musste.
»Gut. Schlecht … Keine Ahnung … Müde.«
Sie goss uns ein Glas Wein ein, einen schweren australischen Rotwein. Wir aßen im Freien zum hypnotischen Klingeln eines Windspiels.
»Du bist eine wunderbare Freundin«, sagte ich und kratzte die Reste eines selbst gemachten Zitronenpuddings aus meiner Schüssel. »Es gibt doch nichts Schöneres, als so ein leckeres Essen vorgesetzt zu bekommen. Ein Geschenk des Himmels. Unglaublich. Ich musste nicht einmal eine Kartoffel dafür schälen.«
»Das freut mich«, sagte Emma, und ihre Schneidezähne blitzten. Der Hopi-Häuptling hatte Recht. Sie hatte etwas von einem Puma, besonders im Abendlicht.
Ich stand auf, um ihr beim Abtragen zu helfen, aber Emma hielt meine Hand fest. »Nein. Setz dich wieder«, sagte sie. »Das ist dein Abend. Ich weiß, wie viel du arbeitest und wie viel Kraft es kostet, allein zwei Kinder großzuziehen. Heute Abend kümmere ich mich einmal um dich.«
Ich wäre vor Dankbarkeit beinahe zusammengebrochen. Wenigstens ein Mensch, der mich verstand.
»Was ist das für ein Geräusch?«, fragte ich. »Hast du einen Zimmerspringbrunnen?«
»Ich lasse ein Bad für dich ein«, sagte Emma.
Ein Bad!? Roch ich etwa so schlimm? Ich hatte doch geduscht, bevor ich von zu Hause aufgebrochen war.
»Du hast einmal erzählt, dass du nichts entspannenderfindest, als ein schönes Bad«, fügte sie hinzu und meine Alarmglocken fingen an zu schrillen.
»Ja, aber damit habe ich eines bei mir zu Hause gemeint«, murmelte ich.
»Ach, so schön wie hier kann es bei dir zu Hause gar nicht sein«, sagte Emma. »Ich habe extra einen Rest von einem ganz besonderen französischen Schaumbad für dich aufgehoben.«
»Das ist … sehr … freundlich«, sagte ich und wünschte mir, sie hätte mir einfach die Flasche mit dem Schaumbad in die Hand gedrückt und mich nach Hause gehen lassen.
»Ich habe dir einen Bademantel herausgelegt«, sagte sie und sah von Sekunde zu Sekunde mehr wie ein Puma aus. »Im Badezimmer.«
Mir war plötzlich ganz heiß und wirr im Kopf. Im Lauf der Jahre hatte ich eine Menge Frauen kennengelernt, starke, wunderbare Frauen wie Ginny, denen ich mein Leben anvertraut hätte. Wir hatten zusammen gelacht und geheult, über die Männer geklagt und uns über intime Details unserer Körper ausgetauscht. Diese Frauen hatten mir in meiner Trauer und bei meinen Geburten geholfen, mit ihnen hatte ich das Ende meiner Ehe durchgestanden und über erlittene Demütigungen gelacht. Aber keine von ihnen hatte mich jemals zu einem Bad eingeladen. Noch dazu einem Schaumbad.
»Lass dich einfach treiben«, flötete Emma. »Das ist dein Abend.«
Na gut. Ein Bad konnte ja nicht schaden. Wenn ich Nein sagte, hielt sie mich vielleicht für spießig. Außerdem mochte ich Emma. Sie versuchte mir nur zu helfen, und ich wollte sie auf keinen Fall verletzen oder undankbar erscheinen.
Die Franzosen kannten sich mit Schaumbädern wirklichaus. Aus dem Wasser erhoben sich riesige Regenbogenkathedralen. Auf dem Fensterbrett flackerten bunte Kerzen. Wenn das mal nicht feuergefährlich war. Auf dem Toilettentisch lag fürsorglich drapiert der Bademantel. Automatisch tastete ich mit der Hand nach dem Türschloss. Nur war da kein Schloss.
Während ich mich in den Schaum gleiten ließ, studierte ich das Frauen-können-alles-Poster an der Wand. Hatte ich irgendwelche falschen Signale ausgesendet? Ich hoffte nicht. Emma wusste, dass ich hetero war. Wenn ich davon auch, was sie betraf, ausgegangen war, dann mochte das naiv gewesen sein. Aber sie hatte nie ein Sterbenswörtchen über irgendwelche Liebesgeschichten verloren, und ich hatte nicht in sie dringen wollen. Vielleicht hätte ich neugieriger sein sollen. Einmal hatte sie einen Mann erwähnt und einige Freundinnen. Aber ich hatte angenommen, dass sie eben »nur« Freundinnen waren. Vielleicht war ja aber auch ich fahrlässig in der Wahl meiner Worte gewesen? Als ich ihr gesagt hatte, dass ich Frauen liebte, hatte ich es nicht für nötig befunden, ein »aber nicht auf die Art« hinzuzusetzen. Merkwürdige Geräusche
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