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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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reden.«
    Es war natürlich Einbildung, dass ich das Kästchen seufzen hörte, aber es ertönte ein Klicken und das Tor öffnete sich einen halben Meter.
    Es war ein geräumiges Haus mit einem Reetdach, umgeben von blühenden Sträuchern, Trauerweiden und Rasenflächen. Das Grundstück war ziemlich groß. Daneben stand ein kleines Holzhaus, das aussah wie ein Gästehaus oder ein Ferienbungalow.
    Als ich am Haus vorbeiging, sah ich ein Bootshaus mit Einfahrt und daneben einen breiten Holzsteg. In der Einfahrt stand ein abgetakelter BMW, der dringend eine neue Lackierung gebrauchen konnte.
    Auf einem gepflasterten Streifen neben dem Haus stand ein alter Gartenzwerg in kurzer Hose, rot kariertem Hemd und nackten Füßen in Sandalen. Er hatte hellblaue Augen unter buschigen Augenbrauen, weißes Haar mit Igelschnitt und einen schneeweißen Rundbart, der genauso widerborstig aussah wie der Rest des rosigen Gesichts.
    »Visser, mein Name«, sagte er. »Worum geht es?«
    »Es geht um eine alte Geschichte.« Ich beobachtete seinen Gesichtsausdruck. »Frau Mending muss wahrscheinlich nicht als Zeugin aussagen, aber sie war mit jemandem befreundet, der vor einiger Zeit verschwunden ist. Ich möchte nur kurz mit ihr reden, vielleicht kann sie sich an irgendetwas erinnern.«
    »Und wer war dieser Jemand?«
    »Cleo Teulings.«
    Ich weiß nicht, wieso ich Cleopatras Mädchennamen benutzte; manchmal kommen einem solche Dinge einfach plötzlich in den Sinn. Seine Augen wanderten unwillkürlich zum Wasser. Ich schaute auf seine Hände, die mit kurzen, ruckartigen Bewegungen über seine Gürtelschnalle rieben. Aber das musste nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben; vielleicht litt er an Parkinson in einem frühen Stadium.
    »Clara Mending hat hier ein paar Monate gewohnt, aber das ist schon lange her. Ich wusste nicht einmal, dass sie hier offiziell gemeldet war.«
    »Das war im April 1980.«
    Er verzog sein Gesicht, so dass er wie die faltige Karikatur seines Gartenzwergs wirkte. »Wie dem auch sei, es ist lange her. Ich vermiete das Nebenhaus häufiger. Ich kann mich nur deswegen an Clara Mending erinnern, weil sie die Miete für drei Monate im Voraus bezahlte, aber schon nach anderthalb Monaten Hals über Kopf wieder auszog.«
    »Zurück nach Belgien vielleicht?«
    »Nach Belgien?«
    »Da kam sie her.«
    »Oh. Das wusste ich gar nicht. Sie hatte keinen flämischen Akzent. Aber ich hatte auch nicht viel Kontakt zu ihr. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich weiß nicht einmal mehr, wie sie aussah.«
    Mich beschlich das dumpfe Gefühl, dass er log.
    »Wie ist sie an Ihre Adresse gekommen?«
    »Vielleicht über den hiesigen Fremdenverkehrsverein, die wissen, dass ich vermiete.«
    »Bekam sie häufig Besuch?«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Wissen Sie, wo sie arbeitete? Sie war Sekretärin.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie gesehen, wie sie auszog?«
    »Nein. Eines Tages war sie einfach verschwunden.«
    »Könnte sie von jemandem abgeholt worden sein?«
    »Ich kann mich an die Frau überhaupt nicht mehr erinnern«, wiederholte er stur.
    »Aber Sie erinnern sich doch daran, dass sie ohne flämischen Akzent sprach.«
    Sein Bart schien sich zu sträuben. »Ich weiß auch nicht genau, wie das menschliche Gedächtnis funktioniert«, sagte er herausfordernd. »Sie vielleicht?«
    »Manchmal recht selektiv«, antwortete ich. »Ich bin jedenfalls der Meinung, dass Sie sich noch sehr gut an Clara Mending erinnern können.«
    »Die Gedanken sind frei. War das alles?«
    »Es tut mir Leid«, sagte ich in versöhnlichem Ton. »Ich wollte Sie nicht beleidigen, aber ich muss dieser Sache nun einmal nachgehen. Wenn Sie mir helfen können, dann brauche ich mich vielleicht nicht bei den Nachbarn und in den Lokalen am Wasser nach der Dame zu erkundigen, die hier bei Ihnen gewohnt hat.«
    Dicker konnte ich nicht auftragen und zu meinem Vergnügen sah ich, wie eine zusätzliche steile Falte auf seiner Stirn erschien. Ich weiß nicht, ob es etwas aufzuwärmen gab, aber noch nicht einmal Gartenzwerge können Getratsche bei den Nachbarn leiden.
    Ich half ihm auf die Sprünge, indem ich ihm ein Foto von Cleopatra zeigte.
    »Haben Sie diese Frau hier schon einmal gesehen?«
    Er schaute sich das Bild aufmerksam an. »Nein. Die ist nie hier gewesen.« Jetzt gab er sich wirklich Mühe.
    »Dabei war sie ihre beste Freundin, Cleopatra.«
    Er schüttelte den Kopf. »An so einen Namen würde ich mich erinnern. Es tut mir Leid.«
    »Sind Sie oft

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