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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Versuchen Meulendijks, mich zu erreichen, nichts darauf sein sollte.
    Ich nahm den Hörer ab und rief Meulendijk an. Ich machte mir keine Sorgen wegen der Fingerabdrücke, weil ich davon überzeugt war, dass der Täter es bereits vor mir getan und Handschuhe getragen hatte.
    Bernard war im Büro und auf seine Art ziemlich verstimmt.
    »Ich hoffe, dass du einen guten Grund für deine Unerreichbarkeit hast«, begann er direkt. »Ich erwarte, von dir auf dem Laufenden gehalten zu werden, wenn du an einem Auftrag …«
    »Ich hatte bisher wenig zu melden.«
    »Und du kommst nicht auf die Idee, dass ich dir vielleicht etwas zu melden hätte?«
    »Das ist mir kurzfristig entfallen«, sagte ich. »Aber jetzt ist es doch schon zu spät, oder?«
    »Nicht für mich. Ich bin bis sieben Uhr im Büro.«
    »Hattest du mir auf den Anrufbeantworter gesprochen?«
    »Mindestens dreimal. Bist du nicht zu Hause gewesen? Wo bist du denn jetzt?«
    »Ich bin schon unterwegs.«
    Ich zerbrach mir eine Zeit lang den Kopf über den geheimnisvollen Anrufbeantworter. Gert Verhagen, Helene Cleveringa, ihr Mann, Barend Scholte: Ich hatte meine Karte überall hinterlassen, sogar in Ypern und Loosdrecht. Ich stand auch einfach im Telefonbuch. Vielleicht hatte es nichts mit diesem Fall zu tun, aber einen anderen Fall hatte ich nicht. Das Löschen einer liebevollen Nachricht von Marga erschien mir ein unsinniges Motiv für einen Einbruch.
    Ich kontrollierte mein Faxgerät, das nichts ausgespuckt hatte, und ließ mir zur Sicherheit einen Empfangsbericht ausdrucken. Nichts stand darauf, was ich nicht tatsächlich empfangen hatte. Vielleicht verfügten sie auch über eine Technik, die zu hoch für mich war und mit der sie Empfangsberichte löschen konnten, aber vorläufig nahm ich an, dass sie nur an meinem Anrufbeantworter interessiert gewesen waren.
    Die Firma Meulendijk arbeitete noch mit halber Kraft, selbst jetzt, nach Büroschluss. Der Betrieb funktionierte ähnlich wie eine Polizeiwache, mit Dienstplänen und Nachtschichten, allerdings waren die Mitarbeiter höflich und kurz angebunden am Telefon und trugen gepflegte Anzüge und enge Kostüme an Stelle von Uniformen und Schulterholstern. Alles hier war teuer: das Gebäude, die Einrichtung, die Technik und die Menschen. Ich hatte mich gelegentlich gefragt, woher ein Staatsanwalt das Kapital nahm, um so etwas aufzuziehen. Vielleicht ließen die Banken seinen guten Ruf als Sicherheit gelten.
    Die fünfzigjährige Rezeptionistin hatte ebenfalls Abenddienst. Sie spielte die Rolle des Wachkommandanten und zögerte sichtlich, bevor sie mich ohne Begleitung nach oben gehen ließ.
    In einem Gebäude voller Detektive und ehemaliger Polizisten bleibt niemand lange anonym und die Sache mit dem diskreten freien Mitarbeiter war natürlich nicht unentdeckt geblieben. Die Festangestellten verdienen mehr als ich und bekommen noch dazu eine Pension; deshalb können sie höchstens neidisch darauf sein, dass ich mir von Meulendijk nichts gefallen lassen muss.
    »Nichts gegen Meulendijk«, sagte Lucy Haarmans in einem Anflug von Aufmüpfigkeit. »Es ist nur diese verdammte Präzision. Niemand kann hier auch nur ein ganz kleines bisschen korrupt sein.«
    »Du meinst, anders als bei der Polizei?«
    »Du weißt ganz genau, was ich meine. Du hast dich doch selbst davongemacht, weil du keinen Schreibtischjob wolltest.«
    »Und was machst du jetzt hier?«, fragte ich.
    »Recht hast du!«, antwortete sie im typischen, resoluten Herengrachtton.
    Meulendijk saß aufrecht hinter seinem Schreibtisch. »Nun«, sagte er und streckte die Hand aus, aber nicht, um sie mir zu drücken, sondern als erwarte er, dass ich ihm etwas geben würde.
    Ich betrachtete den weißen Streifen auf seinem Schädel, der sein pechschwarzes Haar in der Mitte teilte, als bestehe sein Kopf aus zwei zusammengesetzten Hälften. Seine Frisur verlieh ihm den völlig unpassenden Anstrich eines in die Jahre gekommenen Dandys aus der Zeit meiner Großmutter. Er hätte kahl oder grau sein müssen, aber nicht so schwarzhaarig, dass man sich fragte, ob er sein Haar färbte, was aber genauso wenig zu ihm passte. Man hätte sich ein ganzes Jahr dem Studium von Bernard Meulendijk widmen können, nur um letztendlich zu dem Schluss zu kommen, dass die Frisur das einzig Ungewöhnliche war und es außer seiner Unbestechlichkeit und seinem Beamtengehirn weiter nichts Besonderes an ihm gab.
    »Kann ich jetzt deinen …«, sagte er, als wolle er seine ausgestreckte Hand

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