Cleopatra
erklären.
Ich suchte in meiner Jackentasche herum und holte meine Gauloises heraus.
»Hier drin wird nicht geraucht«, sagte er.
»Der Saal unten ist aber ganz verqualmt.«
»Deswegen lasse ich die Leute ja hier zu mir kommen, anstatt sie da …«
Ich steckte die Zigaretten weg. »Ich habe nichts zu erzählen.«
Er schaute mich an, als bereue er im Nachhinein den Moment der Schwäche, in dem er mir die Erlaubnis erteilt hatte, ihn Bernard zu nennen.
Für ihn war diese Geste wahrscheinlich der kleine Finger, den man Untergebenen reichte und sie damit ungewollt veranlasste, sich dicke Zigarren anzuzünden und die Füße auf seinen Schreibtisch zu legen.
»Wenn du dir die Mühe machen würdest, deinen Anrufbeantworter abzuhören, wüsstest du, dass ich nur noch deinen Bericht brauche, um meinem Klienten etwas in die Hand zu geben, was die Kosten rechtfertigt. Du kannst deine Abrechnung bei Kuiters einreichen. Wir schließen die Untersuchung ab.«
In meinem Kopf summte etwas.
Ich wurde von einem unerklärlichen Gefühl der Traurigkeit überfallen, als blickte ich ein letztes Mal auf den Garten Eden, den schönsten Ort der Welt, während sich am Horizont ein seltsames Dröhnen näherte, das von einer Armada von Bulldozern stammte.
Ich wusste nicht, wen oder was ich verlor, geschweige denn was dieser Verlust bedeutete. Es war vollkommen unerklärlich.
»Bernard, ich habe dich noch nie den Pluralis Majestatis benutzen hören«, sagte ich. »Das passt nicht zu dir. Wir schließen die Untersuchung ab?«
»Es ist meine Entscheidung«, sagte er. »Du hast doch nichts Wichtiges …?«
»Ist deine Klientin mit deiner Entscheidung einverstanden?«
Er starrte auf einen Punkt über meinen Augenbrauen, als wolle er sich nicht anmerken lassen, dass er über das Bekanntwerden seiner Auftraggeberin verärgert war. Es konnte aber auch sein, dass er in seinem Gehirn nach vollständigen Sätzen suchte. »Die Frau unter dem Tennisplatz ist eines der Opfer von Hugo Balde. Du hättest dir nur die Nachrichten anschauen müssen, um das zu erfahren. Dann hättest du inzwischen auch schon einen Bericht über deine Ermittlungsarbeiten verfassen können.«
»Sollen nur die Ermittlungen erwähnt werden oder auch eine Schlussfolgerung?«
»Die kann meine Sekretärin noch hinzufügen. Dass unsere Untersuchungen keinen Zusammenhang mit der verunglückten ersten Ehefrau, Cleopatra, ergeben haben.«
»Hatte sich diese so genannte Irma einmal das Bein gebrochen?«
»Ich glaube, wir sollten alles Weitere der Polizei überlassen.«
»Dieser andere ›Wir‹, ist das der frühere Minister?«
Ganz kurz spannte sich seine Kiefermuskulatur an. »Ich verstehe dich. Du hast bei diesem Fall nicht die erwarteten Einkünfte erzielt. Ich werde dir so bald wie möglich eine neue Aufgabe übertragen.«
»Erst weg mit den alten«, murmelte ich.
»Wie bitte?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich war noch ein junger Polizist gewesen, als in Amsterdam eine Demonstration stattfand, an der anderthalb Millionen Niederländer teilnahmen. Am besten konnte ich mich noch an den lakonischen Text erinnern, mit dem ein Demonstrant in acht Worten die Wesensart eines ganzen Volkes ausdrückte: »Keine neuen Atomraketen! Erst weg mit den alten!« Doch für Humor war Meulendijk nicht empfänglich.
»Du arbeitest für mich«, sagte Bernard. »Ich hoffe, du vergisst das nicht.«
Es klang, als wären Wasser und Brot meine einzige Alternative. Wegen der Bulldozer am Horizont überfiel mich ein unerklärliches Gefühl von Verfolgungswahn und ich beschloss, weder etwas von Clara Mending noch von den Ansichtskarten oder der sonderbaren Häufung der Ereignisse im Jahre des Herrn 1980 zu erwähnen.
Ich versicherte ihm, dass mein Bericht und ganz gewiss auch meine Abrechnung ihm mit der nächsten Post zugehen würden.
5
Intermezzo
Malta.
Touristenwetter und schlechter Kaffee, aber Marga war verrückt nach Überraschungsausflügen und ich liebte Marga und so waren wir gemeinsam hier gelandet.
Wäre ich ein klein wenig geistesgegenwärtiger gewesen, hätte ich das Postkartenrätsel von CyberNel mit Hilfe von Computern und dem Internet lösen lassen können, da die meisten Ansichtskarten – wenn nicht der Hersteller einfach hinten drauf angegeben ist – Nummern und Codes besitzen, durch die sie so leicht zu identifizieren sind wie ein Buch durch seine ISBN-Nummer.
Die Malteserin im Touristenbüro von Valletta konnte uns sofort helfen. »Das ist eine ganz alte
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