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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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hatte. Ich wollte durch meine Finger hindurchschauen, aber ich erkannte nur undeutlich Schuhe und Hosenbeine, die das schwache Straßenlicht abschirmten.
    Für einen Augenblick blieb es still. Normalerweise musste jetzt die Botschaft an mich kommen; üblicherweise handelte es sich dabei um die Warnung, sich nicht weiter in eine bestimmte Sache einzumischen. Doch diese Jungs brauchten keine Worte zu verschwenden. Sie wussten, dass nur eine Sache in Frage kam und dass sie mir das nicht zu erklären brauchten.
    Der letzte Rest von Licht verschwand, als einer von ihnen meinen Schirm von der Straße aufhob und ihn wie einen Schutzschild über mich legte. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Sie heißt doch Marga, richtig? Draußen auf dem kleinen Bauernhof?«
    Ich konnte mich nicht rühren. Ich merkte noch nicht einmal, dass sie weggingen. Ich saugte Sauerstoff in meine Lungen. Meine Nerven jagten Schmerzwellen in mein Gehirn und von da aus in sämtliche Teile meines Körpers. Ich hörte mich selbst stöhnen und wollte bewusstlos werden, um dem Schmerz zu entfliehen. Dann wurde es heller um mich, weil jemand eine Tür geöffnet hatte und den Schirm von mir wegzog.
    »Allmächtiger«, hörte ich einen Mann sagen.
    Eine Frau schnappte hörbar nach Luft. »Hab ich’s dir nicht gesagt?«
    »Ja, aber was sollte ich denn machen? Mich zusammenschlagen lassen?«
    »Vielleicht sollten wir die Polizei rufen.«
    »Es geht schon wieder …« Meine Stimme funktionierte; sie klang wie ein Reibeisen. Ich versuchte mich aufzurichten.
    »Warten Sie – mein Gott, Sie sehen ja furchtbar aus!« Ich fühlte seine Hände unter meinen Achseln.
    »Einen Krankenwagen vielleicht«, schlug die Frau vor.
    Ich taumelte gegen den Mann. »Lassen Sie mich nur …«
    »Hilf mir mal«, sagte der Mann.
    Es gibt noch barmherzige Samariter; altmodische Christen, die meistens in kleinen Städten oder Dörfern wohnen. Sie halfen mir in ihre Wohnung und scherten sich dabei nicht um den Matsch und das Blut.
    Jede Bewegung tat mir weh, aber zum Glück war nichts gebrochen.
    »Wir saßen gerade vor dem Fernseher, als ich etwas gehört habe …«
    »Gonnie, geh und hol dem Mann mal etwas zu trinken. Ein Gläschen Genever vielleicht, setz auch Kaffee auf, lass mich mal …«
    Sie kamen mit trockenen Handtüchern, setzten mich auf einen Stuhl, halfen mir aus meinem Jackett und meinem nassen Hemd, betupften die Blutergüsse und Prellungen. Gonnie traten die Tränen in die Augen, als sie mir den Genever reichte.
    »So was sieht man sonst nur im Fernsehen, aber nicht vor der eigenen Haustür«, sagte der Mann, der Fons hieß. »Warum wollen Sie nicht, dass wir die Polizei rufen?«
    Der Genever brannte sich seinen Weg in den Magen. »Ich weiß noch nicht einmal, wie sie ausgesehen haben«, sagte ich. »Da kann die Polizei nichts machen, es wäre nur Zeitverschwendung. Ich war früher selbst Polizist. Ich muss so schnell wie möglich wieder los.«
    »Geben Sie mir doch auch Ihre Hose, dann stecke ich das alles mal kurz in den Trockner«, sagte Gonnie.
    Ich kämpfte mit dem Gürtel. »Warten Sie, ich helfe Ihnen«, bot Fons an. »Tut Ihnen Ihr Ohr weh?«
    Er zog vorsichtig meine Hand weg und beugte sich zu meinem Ohr, um es von nahem zu kontrollieren. »Ich kann nichts Ernstes erkennen.«
    Diese Mistkerle wussten natürlich genau, was sie taten: ein Stoß mit der Kante des Schuhs gegen das Ohr, um einen schwindelig zu machen und einzuschüchtern, ohne einem dabei erkennbare Verletzungen zuzufügen. Die sichtbaren Prellungen und Blutergüsse wurden von der Kleidung verdeckt.
    »Darf ich die Taschen leer machen?« Gonnie hielt mein Jackett hoch.
    »Haben sie Sie ausgeraubt?« Fons drapierte mir ein Handtuch um die Schultern.
    »Ihre Brieftasche ist noch da«, meldete Gonnie.
    »Das waren einfach Schlägertypen«, sagte ich. »Ich kam gerade aus dem Restaurant an der Ecke. Vielleicht haben sie etwas gegen Touristen.«
    »Wir haben nichts gegen Touristen.« Er brachte mir die Brieftasche und ich gab ihm meine Meulendijkkarte, um ihn zu beruhigen.
    »Sie sind Detektiv? Hatte das mit Ihrer Arbeit zu tun?«
    »Bestimmt nicht.«
    Eine halbe Stunde später hatte ich meine verhunzten, aber trockenen Kleider wieder an und trank mit meinen Rettern Kaffee. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, begann ich.
    »Sie brauchen sich nicht bei uns zu bedanken«, sagte Gonnie. »Das hätte doch jeder getan.«
    »Haben Sie es noch weit? Soll ich Sie fahren?«, fragte

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