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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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unschöne Dinge zum Vorschein, Dinge, für die man ins Gefängnis kommt. Man hat mich schon genug in meiner Arbeit behindert und ich kann Ihnen nichts garantieren.«
    Lonneke starrte in den Regen, der an die Fensterscheiben prasselte.
    Auf ihrem Teller war noch Lachs übrig, aber offenbar wollte sie nichts mehr davon, denn sie hatte ihr Besteck darüber gelegt. Die junge Frau brachte dem alten Herrn am Nebentisch Kaffee und kam dann an unseren Tisch, um die Teller abzuräumen.
    Lonneke entschuldigte sich und verschwand mit ihrer Handtasche durch eine Tür im hinteren Teil des Restaurants, um sich ihre Cleveringa-Nase zu pudern oder was immer Frauen auch tun, wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten. Ich zündete mir eine Gauloise an und trank von dem würzigen Wein. Der Koch brachte Schüsseln mit flambierten Kirschen und einem zischenden Feuerwerk an den Tisch der Asiaten. Ich beschloss, Lonnekes Halbbruder vorerst unerwähnt zu lassen.
    Lonneke kam zurück. Sie lächelte gezwungen und setzte sich. Sie stellte ihre Tasche neben sich auf den Boden und nahm einen kleinen Schluck Wein. »Ich möchte, dass Sie mit den Ermittlungen fortfahren«, sagte sie dann.
    »Egal was dabei herauskommt?«
    »Selbstverständlich. Ich werde die Rechnung zahlen.«
    Ich nickte. »Sie können mir dabei helfen. Ich muss zum Beispiel herausbekommen, wo Ihre Mutter früher Ski gelaufen ist. Ich glaube, es war in der Schweiz, aber ich muss es genau wissen.«
    »Es gibt alte Fotos von ihr im Schnee.«
    »Das muss noch vor Ihrer Geburt gewesen sein. Sie hörte mit dem Skilaufen auf, weil sie sich dabei einmal das Bein gebrochen hat.«
    Sie schaute mir direkt in die Augen. Sie verstand sofort, worauf ich hinauswollte. »Können Sie das beweisen?«
    »Dafür muss ich wissen, wo es war. Ihren Vater können Sie nicht danach fragen. Glinka vielleicht, aber nicht zu auffällig und nur, wenn Sie sich ganz sicher sein können, dass sie nicht mit Ihrem Vater oder Helene darüber spricht. Sie wissen, was ich meine.«
    »Ja, natürlich«, antwortete sie zögernd. »Nur würde Glinka … Wenn man sich das Bein bricht, muss man doch vier oder sechs Wochen lang einen Gips tragen? Daran würde sie sich doch erinnern. Warum hat sie dann nichts gesagt?«
    Ich ließ sie allein mit ihren Fragen ringen. Ich konnte sie ihr nicht beantworten. Die Kellnerin brachte den Hauptgang und Lonneke begann schweigend, ihre Seezungenfilets zu verzehren. Der alte Mann zahlte. Auf dem Weg zur Tür blieb er an unserem Tisch stehen. Er legte die Hand auf meine Rückenlehne und neigte sich vertraulich zu mir herunter. Er hatte ein faltiges, verwittertes Gesicht mit kleinen, stechenden Augen.
    »Ich habe da so für mich allein gesessen und nachgedacht«, sagte er. »Ich bin jetzt vierundsiebzig.«
    »Das sieht man Ihnen aber nicht an«, sagte ich höflich.
    »Das können Sie Ihrer Großmutter erzählen. Ich war im Widerstand«, fuhr er fort. »Manchmal versuchten die Deutschen, Agenten bei uns einzuschleusen. Wissen Sie, was wir dann gemacht haben?«
    »Den Scheveningentest?«, riet ich.
    Er sah enttäuscht aus, weil ich ihm sein Späßchen verdorben hatte, und er wandte sich an Lonneke. »Man lässt sie das Wort ›Scheveningen‹ aussprechen. Dadurch fliegen sie sofort auf, weil sie es nicht richtig aussprechen können. Das kann kein Nichtniederländer.«
    »Scheveningen«, sagte Lonneke.
    Der alte Mann nickte und warf einen verstohlenen Blick hinüber zu den Asiaten. »Darüber habe ich nachgedacht«, sagte er. »Wenn man das heute verlangen würde, müsste man die halbe Bevölkerung der Niederlande an die Wand stellen.«
    Er nickte Lonneke zufrieden zu und schlurfte zur Ausgangstür, wo er, wie es aussah, einen x-beliebigen Schirm aus der Sammlung wählte, bevor er das Restaurant verließ.
    Lonneke starrte ihm verwundert hinterher.
    »Er wollte damit sagen, dass sich vieles verändert hat«, sagte ich.
    »Ja, das glaube ich auch.«
    Ich schenkte ihr nach. »Was wissen Sie über die Finanzen Ihres Vaters?«
    »Nicht besonders viel. Er war arm, nun ja, er hatte Buchenstein geerbt und nagte natürlich nicht gerade am Hungertuch, aber Buchenstein kostete mehr, als er sich als Parlamentsmitglied erlauben konnte. Meine Mutter dagegen war reich und sie half ihm aus seinen Problemen heraus.«
    »Die vierhunderttausend für Clara …«
    Sie bemerkte meine Vorsicht und schüttelte den Kopf.
    »Max, das ist lange her, es macht mir nichts mehr aus. Sie brauchen mich nicht zu schonen, nicht,

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