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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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was meine Mutter angeht, und auch nicht, was meinen Vater betrifft. Ich kann verstehen, dass er sich von seiner Geliebten mit dem Geld meiner Mutter freikaufte. Nur der Betrag erscheint mir ziemlich übertrieben. Wenn meine Mutter es entdeckt hat, war das natürlich ein guter Grund für einen Streit.«
    »Ich kann leider keine Steuerberater verhören oder Bücher kontrollieren. Aber Sie haben vielleicht das Recht dazu, Sie sind doch Erbin?«
    »Nun, ein bestimmter Betrag wurde für mich festgelegt. Von diesem Geld habe ich Zinseinkünfte und seit meinem einundzwanzigsten Lebensjahr kann ich damit machen, was ich will.«
    »Und der Rest des Geldes? Könnten Sie das herausfinden?«
    »Ich will es versuchen. Mein Vater spricht nie darüber. Ich weiß, dass er mit Barend Scholte Geschäfte macht, seinem Freund, diesem Verleger.«
    »Ich habe ihn kennen gelernt. Welche Art von Geschäften sind das?«
    »Kapitalanlagen.« Sie dachte nach. »Mein Vater und Scholte haben in ihrer Studentenzeit eine kleine GmbH gegründet, mehr so zum Spaß, sie nannten sie das ›Belegte Brötchen‹. Ich glaube, sie spielten abwechselnd den Chef und trafen die Entscheidungen, welche Anteile ge- bzw. verkauft wurden, um festzustellen, wer den besseren Riecher hatte. Der Gewinner bekam eine Flasche Champagner. Ich glaube, die GmbH gibt es immer noch, aber inzwischen ist es natürlich kein Studentenscherz mehr.«
    »Beim letzten Mal sagten Sie, Sie würden vielleicht verstehen, was Sie gegen Ihren Vater haben, wenn Sie wüssten, warum Ihre Mutter weggegangen ist.«
    »Ja.« Sie schaute weg. »Wegen einer anderen Frau?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Lonneke, ich kann mir vorstellen, dass man in einem Wutanfall das Haus verlässt und mit den Türen knallt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man für immer wegbleibt, es sei denn, es steht mehr auf dem Spiel. War Ihre Mutter denn so verbittert und rachsüchtig? War die andere Frau Grund genug, um ihre eigene Tochter zu vergessen?«
    Sie biss sich auf die Lippen. »Sie hat mir eine Karte geschickt.«
    »Ja. ›Noch acht Jahre‹ …«
    »Aber darum geht es doch?«, unterbrach sie mich dickköpfig. »Ich bekam die Karte 1982. Doch nachdem die acht Jahre um waren, habe ich nichts von ihr gehört. Ich bin mir ganz sicher, dass sie sich gemeldet hätte, wenn sie noch lebte. Aber sie konnte sich nicht mehr melden.« Sie hielt mit dem Essen inne und starrte auf die Reste ihres Seezungenfilets.
    »Sie haben nur diese Karte«, sagte ich leise.
    Sie nickte. »Und Sie nur den Beinbruch.«
    »Da hat doch dieses Fest stattgefunden, als Ihr Vater zum Minister ernannt wurde. Gab es eine Gästeliste?«
    »Ich nehme an, ja. Vielleicht hat Helene sie aufbewahrt. Es waren viele Leute da. Ich durfte länger aufbleiben. Ich hatte ein neues Kleid bekommen.« Sie schwieg kurz und lächelte. »Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich mit meinem Vater getanzt habe. Es kam im Fernsehen.«
    »War ein Fernsehteam da?«
    »Natürlich, das Ganze war ziemlich offiziell. Der Premierminister war da, der Parteivorsitzende …«
    »Wissen Sie noch, von welchem Fernsehsender?«
    »Nein, aber das kann ich herausfinden. Warum?«
    »Vielleicht haben sie das Material noch irgendwo im Archiv.«
    »Ach so.« Sie nickte. »So gesehen erledige ich wohl den größten Teil der Arbeit.«
    Ich lächelte nachsichtig. »Wie gut kennen Sie Ihren Vater?«
    Lonneke zögerte. »Ich war zehn, als er wieder heiratete. Ich war zwölf, als er Minister wurde. Er war nie zu Hause und Helene begleitete ihn oft. Helene war nett zu mir, aber großgezogen hat mich Glinka.«
    »Sie haben sehr jung geheiratet. Haben Sie das getan, um von zu Hause wegzukommen?«
    Sie dachte über die Antwort nach und sagte dann einfach: »Ja.«
    »Aber es hat nicht funktioniert?«
    Sie schnaubte. »Ich bin hier doch nicht beim Psychiater.«
    »Sind Sie denn mal bei einem gewesen?«
    Sie spießte ein Stück Fisch auf die Gabel und schaute es ein paar Sekunden schweigend an. »Es hat nichts mit mir zu tun«, sagte sie leise. »Als ich heiratete, dachte ich, ich sei verliebt in Gerard. Aber das war schon bald vorbei. Als ich mit Cleo in den Wehen lag, musste ihn seine Sekretärin telefonisch von einer seiner Freundinnen wegrufen.« Sie legte ihre Gabel hin und hob den Kopf, jetzt ein wenig herausfordernd. »Sie glauben sicher: Die Geschichte wiederholt sich. Aber ich bin schon seit langem darüber hinweg. Ich bin nicht einmal mehr böse auf ihn; ich habe mich ganz von ihm

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