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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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haben an den Hinterpfoten nur vier Krallen, Joe.« Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Kopf. »Möchten Sie sich den Kopf ausstopfen lassen, damit Sie ihn über Ihren Schreibtisch bei Scotland Yard hängen können, Joe? Er gehört rechtmäßig Ihnen!«
    Der Kopf wurde zur Seite gelegt, damit der Tier-präparator des Palastes ihn einsammeln konnte. Es folgte das Fell, das Colin sorgfältig aufrollte. »Es heißt, Menschenfleisch sei schlecht für Tiger, aber dafür habe ich nie einen Beweis gefunden. Scheinen alle in bester Verfassung zu sein. Dieser hier war es ganz sicher. Jetzt der andere.«
    Er ging zu der Tigerin, und die Menge schimpfte verhalten. Sie wussten, wer der wahre Bösewicht war. Sie wussten, es war die Tigerin, die zum Menschenfresser geworden war, die ihre Dörfer seit Monaten terrorisiert, die ihre Kinder, ihre Eltern, ihre Vettern getötet hatte. Und sie hatte ihrem Jungen beigebracht, ein Killer zu werden. Colin fing methodisch mit derselben Abfolge an und unterhielt sich dabei mit Joe. »Es ist immer gut, so etwas zu tun, wenn es um einen Menschenfresser geht«, sagte er. »Körperliche Mängel erklären häufig, warum sich das Tier die unnatürliche Angewohnheit zulegte, Menschen zu jagen. Mir fällt auf, dass dieses Tier hier auf dem linken Auge blind ist, aber wie ich gehört habe, ist diese Verletzung erst kürzlich zugefügt worden und nicht der Grund für ihre Ernährungsänderung.«
    Daraufhin wurden drei Pfoten entfernt. Als er die vierte Pfote abtrennte, hielt er sie hoch in die Luft, damit sein Publikum besser sehen konnte. »Hier haben wir es ja. Stachelschweinstacheln. Müssen bei einem Kampf mit einem Stachelschwein eingedrungen sein.« Er zählte. »Acht, neun, zehn Stacheln sind ziemlich tief in die Pfote eingedrungen. Einige sind sogar auf den Schienbeinknochen gestoßen und abgeknickt. Das muss schmerzhaft gewesen sein und hat sie sicher sehr behindert. Ich glaube, wir wissen jetzt, warum sie sich auf eine langsamere, schwächere Beute spezialisierte. Alle Krallen bei allen vier Pfoten sind vorhanden. Ich würde meinen, dass sie gar nicht so alt war. Über zehn, unter dreizehn Jahren? Gewicht? Eine ordentliche Größe für eine Tigerin . ich schätze einhundertsechzig Kilo. Und das Fell ... sehr nett, aber von zwei Einschusslöchern ruiniert. Sieht aus, als ob Edgar sie seitlich erwischt hatte, bevor Sie ihr den Rest gaben, Joe. Hören Sie, alter Knabe, würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich das Fell dem Dorfältesten des hiesigen Dorfes anbiete?«
    »Ich halte das für sehr passend«, sagte Joe, und das Fell wurde unter Triumphgebrüll von dannen getragen.
    Sie kehrten in Sir Hectors Zelt zurück. Alle Hinweise auf die Autopsie waren weggeräumt worden, der Leichnam lag unter einem weißen Laken, und Sir Hector hielt stumm Wache. Er hörte sich Joes Bericht mit erhobenen Augenbrauen an und meinte dann nur: »Tja, Ihre Experten haben die forensischen Beweise gesammelt, Joe. Das ist alles. Mehr können wir nicht tun. Hat schon jemand Pläne für die Leiche? Vor Einbruch der Dunkelheit bekommen wir sie nicht zurück zum Palast, und Sie wissen, dass man die Toten hier innerhalb von vierundzwanzig Stunden einäschert.«
    »Ist schon in Ordnung, Sir Hector«, sagte Colin. »Ajit kümmert sich darum. Ein Pandit wurde gerufen, und die Einäscherungszeremonie wird bei Tagesanbruch von den Dorfbewohnern durchgeführt. Wir nehmen seine Asche mit nach Ranipur, wo sie in den Fluss gestreut wird.«
    Er trat zu der Leiche und betrachtete traurig die zerfleischte Gestalt unter dem Laken. »Armer, armer Kleiner«, murmelte er. »Wenn jemand stirbt, gibt es dann nicht immer Dinge, die Sie bedauern? Dinge, die Sie nicht gesagt haben . Dinge, die Sie gesagt haben ...?«
    In Colins Trauer lag etwas, das Joe zu einer Frage bewegte. »Haben Sie etwas gesagt, Colin?«
    Er schien erleichtert, dass ihn diese Frage zu einer Antwort zwang. »Ja, und Sie haben mich alle gehört. Habe ihn vor allen zusammengestaucht. Das Letzte, was ich zu ihm sagte. Habe ihm eingetrichtert, mit seiner Pfeife keinen Unsinn anzustellen.«
    »Klang für mich völlig vernünftig«, sagte Joe. »Der Junge war ein wenig übererregt . hätte durchaus ein Chaos verursachen können. Aber hatten Sie einen Grund für die Verwarnung?«
    »Ja, da war etwas. Er hatte in der Nacht Blödsinn gemacht. Bin überrascht, dass Sie nichts gehört haben, Joe.«
    »Doch, ich hörte . etwas«, sagte Joe. »Fahren Sie fort.«
    »Tja, ich

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