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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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begleiten. Seine Dienste wurden schließlich recht ungnädig angenommen, wie Joe fand, und die Vorausgruppe machte sich im Morgengrauen auf den Weg.
    Die Rückreise war unangenehm. Joe verbrachte sie allein mit Edgar, der die Ereignisse des Vortags immer und immer wieder durchging und herauszufinden versuchte, warum alles so entsetzlich schief gelaufen war. War es möglich, einem Mann zu misstrauen, der einem in zwei Monaten zweimal das Leben gerettet hatte?, fragte sich Joe. Sein Instinkt, Edgar nur ein Minimum anzuvertrauen, war überaus stark. Am Ende sah er sich angesichts Edgars wiederholter Besorgnis um seinen alten Freund Colin und den Schaden, den der Tod von Bahadur dem Mann und seinem Ruf antun mochte, dazu veranlasst, Edgar von den Erkenntnissen des Arztes zu erzählen.
    »Sie sehen also, es gab kaum etwas, was Colin hätte tun können, um das zu verhindern . wenn es denn wirklich Mord war, wie Sir Hector festgestellt hat. Kann man vom Leiter einer Jagdgesellschaft erwarten, in seine Vorkehrungen die Möglichkeit mit einzuschließen, dass ein Shikari den anderen umbringt? Ich glaube nicht. Die Jagd verlief nach Plan -nun ja, beinahe.«
    »Und abgesehen von dem neugierigen Doktor verlief auch der Mord nach Plan. Geben Sie es zu, Joe, das war eiskalte Planung, kombiniert mit einer Tollkühnheit, bei der sich einem die Nackenhaare aufrichten. Wer zur Hölle hätte so etwas tun können? Wer ist so kaltblütig, dass er einem Kind in den Hals sticht? Wer hätte die Gelegenheit dazu gehabt? Sie und ich haben uns ständig gegenseitig im Blick gehabt, vom Signalhorn bis zur Trillerpfeife, könnte man sagen, darum können wir einander ausschließen, denke ich.«
    »Das ist so nicht ganz richtig«, meinte Joe düster. »Ich hörte etwas, was ich für den Warnruf eines Languren hielt, ungefähr eine halbe Stunde, bevor das Signalhorn ertönte. Als ich später darüber nachdachte, wurde mir klar, dass die Affen in meinem Baum darauf nicht reagierten. Sie wussten, dass es keiner von ihrer Horde war. Ich denke, es handelte sich um Bahadurs Ruf nach Hilfe . oder um seinen Todesschrei. Wenn jemand den Jungen lange vor Beginn der Jagd tötete, hätte er reichlich Zeit gehabt, um zu seinem Baum zurückzukehren - oder zu seiner Position, nicht jeder war auf einem Machan -, bevor die Tigerin durch den Nullah lief. Stellen wir uns die Szene doch einmal bildlich vor, Edgar. Nehmen wir einen Augenblick an, Sie seien der Schurke.«
    Joe wischte Edgars gestotterte Proteste beiseite. »Sie klettern auf Ihren Baum und besitzen dabei die Voraussicht, ein Paar Handschuhe und eine Decke mitzunehmen - die Standardausrüstung auf jedem Jagdelefanten. Sobald sich alle niedergelassen haben, klettern Sie wieder herunter, mitsamt Ihren Ausrüstungsgegenständen und einem Messer oder etwas Ähnlichem - kein Messer zum Häuten aus dem How-dah, wie ich glaube, das wäre zu breit. Dann schleichen Sie sich als geübter Fährtenleser, der Sie sind -aber ich denke, selbst ich hätte das fertig gebracht -, quer durch den Nullah durch das hohe Gras. Die Augen aller konzentrierten sich ausschließlich auf den jeweils zugewiesenen Abschnitt, also hätten Sie es schaffen können. Eine halbe Stunde ist reichlich Zeit, um zu Bahadurs Baum zu gelangen. Sie rufen hoch und bitten ihn unter einem Vorwand herunter. Er vertraut Ihnen und klettert vom Machan, als Shubhada ihm den Rücken zukehrt. Vielleicht haben Sie auch Glück und müssen ihn nicht einmal zum Herunterklettern bewegen; vielleicht war er, nervös wie wir alle, besessen von dem Gedanken, Wasser lassen zu müssen, und kletterte aus diesem Grund nach unten .«
    »Joe, ich will Sie ja nicht schon wieder unterbrechen, aber ich muss Ihnen sagen, dass sich neben der Leiche ein feuchter Fleck befand, als ob jemand genau das getan hätte. Gestern dachte ich noch, dass es Shubhadas Geschichte untermauert.«
    »Dann fanden Sie also gestern schon, dass die Aussagen der Anwesenden eine Bestätigung brauchten, Edgar. Das ist ja interessant.«
    Edgar grunzte unverbindlich, und Joe fuhr fort. »Das Kind steht also im Dickicht und kehrt Ihnen den Rücken zu. Mit Ihren Handschuhen und der um den Oberkörper geschlungenen Decke, um Blutspritzer abzufangen, legen Sie eine Hand über seinen Mund und stoßen den Dolch in seinen Hals. Doch der Junge, der im letzten Moment spürt, dass etwas nicht stimmt, schreit auf und versucht, den Revolver aus seinem Hosenbund zu ziehen - was ihm auch beinahe gelingt. Aber Sie sind

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