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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Gefolgsmänner, Söldner, Auftragskiller. Genauer gesagt, Joe, wäre ich keineswegs überrascht, wenn Ihre Zielperson sich unter diesen Männern befände. Aber ich will nicht vorgreifen . auf diese Entfernung ist all das bestenfalls Spekulation. Darum sollen Sie Edgar ja begleiten, mein Junge, um die Augen offen zu halten und mir Bericht zu erstatten. Es besteht keine Veranlassung . äh . auf ersichtliche Weise herumzuschnüffeln. Das könnte Sie in große Schwierigkeiten bringen.«
    Joe hatte den Blick mit großem Interesse auf den Vertrag gesenkt. »Sir, haben Sie diesen Passus am Ende des Vertrages gesehen?« Er hatte die Stirn gerunzelt. »Hier steht >Ausgefertigt am 6. Januar 1815 in Dihlee<. Unterschrieben und mit seinem Siegel versehen von Mr. Charles Theophilus Metcalfe, britischer Bürger. Der Vertrag wurde zwischen der ehrenwerten englischen East India Company und dem Radscha Maun Singh von Ranipur geschlossen. Die East India Company? Existiert längst nicht mehr. Hat dieses Stück Papier überhaupt noch eine Bedeutung? Ist es noch rechtlich bindend?«
    »Aber sicher. Sehen Sie sich Paragraph eins an. Gute Eröffnung, da werden Sie mir zustimmen. >Es soll ewig Freundschaft und Bündnis zwischen der ehrenwerten East India Company und dem Radscha von Ranipur geben. Die Freunde und Feinde des einen Vertragspartners sollen die Freunde und Feinde beider Vertragspartner sein. Die britische Regierung wird die Vorherrschaft und das Territorium von Ra-nipur in Ewigkeit beschützen.< Tja, da haben Sie es. Die Regierung jener Zeit hat die Rechte und Pflichten der East India Company bei deren Auflösung übernommen. Wir, das ist die Regierung Seiner Majestät, haben unser Wort gegeben. Und man verschaukelt keinen Rajputen! Wir haben sie beschützt, und sie haben im Laufe der Jahre viel für uns getan. Hat Edgar Ihnen erzählt, wie der Fürst von Ranipur zu seinen neunzehn Schuss Salut und dem Titel Maharadscha kam?«
    Joe schüttelte den Kopf.
    »Beides ist wohlverdient und entspringt ihrem Respekt vor dem weiblichen Geschlecht. In den dun-kelsten Tagen der Sepoy-Revolte, als die Briten von gewissen Elementen der indischen Armee abgeschlachtet wurden, schickten die Männer, die als Nachhut gegen die eingeborenen Kämpfer antraten, ihre Frauen und Kinder in Booten den Fluss hinunter. Eine verzweifelte Maßnahme. Prompt nahmen die Rebellen die Verfolgung auf und holten die Flüchtenden schnell ein. Sie ritten das Flussufer entlang und jaulten vor Schadenfreude auf, als sie sahen, dass Wasser in die Boote lief und diese bald sinken würden. Sie hatten allerdings übersehen, dass sie in das Hoheitsgebiet des Fürsten von Ranipur geritten waren. Der erinnerte sich an den Vertrag, den sein Urgroßvater unterschrieben hatte, und machte sich daran, seinen Teil der Vereinbarung einzuhalten. Er schickte eine Rettungsmannschaft, um die Frauen und Kinder am Südufer in Sicherheit zu bringen, und entsandte seine Elitetruppen gegen die Rebellen am Nordufer. Vertrieb sie und bot den britischen Zivilisten Unterschlupf, bis sie viele Wochen später von einer neu erstarkten britischen Armee eingesammelt wurden. Einer sehr dankbaren britischen Armee. Er erhielt einen umfangreicheren Gewehrsalut, und aus dem simplen Radscha wurde der Maharadscha - der große Herrscher. Außerdem war das obendrein noch eine gute Geschichte - eine Geschichte von Tapferkeit, Ritterlichkeit und der Ehre der Rajputen. Ich glaube, darum kommen wir so gut mit den Rajputen aus - wir bewundern dieselben Charaktereigenschaften.«
    Joe hatte sich bemüht, der Versuchung zu widerstehen und darauf zu antworten: »Und was ist mit der macchiavellistischen Verschlagenheit? Wie steht es um diese Eigenschaft, Sir George?« Er hatte geglaubt, die Antwort darauf zu kennen.
    Sein Blick ruhte nun wieder auf der Person, die er für den Macchiavelli von Ranipur hielt. Zalim lud die Gesellschaft überschwänglich ein, nach draußen zu kommen und die Nachtluft zu genießen, die jetzt, wo sie vom See hinter dem Palast aufstieg, abkühlen würde, wie er versprach. Eine Unterhaltungseinlage sei für sie im Hof vorbereitet.
    Sie folgten ihm, die Brandygläser in der Hand, einen kurzen Flur entlang und eine Treppe hinunter und tauchten in das samtige Dunkelblau einer indischen Nacht ein. Musik und Geplauder, Lachen und Liedfetzen begrüßten sie und unerwarteterweise auch eine Gruppe von Höflingen, funkelnd in Satin und Edelsteinen, die am anderen Ende des etwa dreißig Meter breiten,

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