Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
mich grundlos angegriffen. Sie haben gegen das Abkommen verstoßen. Ich habe mich nur verteidigt. Deine Rudelmitglieder haben das Gesetz gebrochen!« Seine Stimme klang schrill und war selbst in seinen eigenen Ohren kaum wiederzuerkennen. »Ich habe Anrecht auf ihr Blut und ich werde es mir nehmen!«
»Jaja, eimerweise Blut«, erwiderte Woolsey. »Und was würdest du dann damit machen? Du interessierst dich doch gar nicht für diesen Werwolf. Lass ihn laufen.«
»Nein.«
»Dann gib ihn wenigstens frei, damit er gegen dich kämpfen kann«, forderte Woolsey.
Will zögerte, lockerte dann aber den Griff um den Werwolf, der den Rudelanführer mit bestürzter Miene anschaute.
Woolsey schnippte mit den Fingern. »Lauf, Conrad«, befahl er. »Lauf schnell. Lauf sofort.«
Das musste er dem jungen Werwolf nicht zweimal sagen – er wirbelte herum, rannte davon und verschwand hinter den Stallungen.
Mit einem hämischen Grinsen wandte Will sich an Woolsey. »Dann sind wohl alle Mitglieder deines Rudels Feiglinge. Fünf Werwölfe gegen einen Schattenjäger? So ist das also?«
»Ich hatte sie nicht dazu aufgefordert, dir hier draußen aufzulauern. Sie sind jung. Und dumm. Und ungestüm. Außerdem wurde die Hälfte ihres Rudels von Mortmain getötet. Und daran geben sie euch Nephilim die Schuld.« Woolsey trat einen Schritt näher und musterte Will von Kopf bis Fuß aus kalten eisgrünen Augen. »Ich nehme an, dass dein Parabatai tot ist«, fügte er erschreckend beiläufig hinzu.
Will war nicht gefasst auf diese Worte, würde es niemals sein. Der Kampf hatte ihn einen Moment lang von dem unerträglichen Schmerz abgelenkt, doch nun drohte er zurückzukehren, allumfassend und alles verschlingend. Bestürzt schnappte Will nach Luft, als hätte Woolsey ihn geschlagen, und wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
»Und jetzt setzt du alles daran, dein Leben ebenfalls zu verlieren, Nephilim? Ist das der Grund für dein Verhalten?«
Wütend wischte Will sich die nassen Haare aus dem Gesicht und musterte Woolsey hasserfüllt. »Vielleicht will ich das ja tatsächlich.«
»Auf diese Weise wahrst du also sein Andenken?«
»Welche Rolle spielt das schon?«, konterte Will. »Er ist tot. Er wird nie erfahren, was ich tue oder lasse.«
»Mein Bruder ist ebenfalls tot«, sagte Woolsey. »Und ich habe jeden Tag damit zu kämpfen, seinem Wunsch nachzukommen und die Praetor Lupus in seinem Andenken fortzuführen und so zu leben, wie er es von mir erwartet hätte. Hältst du mich ernsthaft für die Sorte von Gentleman, der freiwillig an einen Ort wie diesen kommt, Schweinefraß zu sich nimmt und sauren Wein trinkt? Und der in kniehohem Morast zusieht, wie irgendein verwöhnter Schattenjägerjüngling weitere Mitglieder seines ohnehin schon dezimierten Rudels niedermetzelt – wenn ich mir nicht der Tatsache bewusst wäre, dass ich einer höheren Sache diene als nur meinen persönlichen Wünschen und Leiden? Und das Gleiche gilt für dich, Schattenjäger. Das Gleiche gilt für dich!«
»Oh Gott.« Das Messer glitt Will aus der Hand und landete im Dreck zu seinen Füßen. »Was soll ich nur tun?«, flüsterte er ratlos. Er hatte keine Ahnung, warum er ausgerechnet Woolsey fragte, abgesehen von dem Umstand, dass es sonst niemanden gab, den er hätte fragen können. Nie zuvor hatte er sich so allein gefühlt, nicht einmal, als er sich noch verflucht glaubte.
Woolsey musterte ihn kühl. »Tu das, was dein Bruder gewollt hätte«, sagte er. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte zum Wirtshaus zurück.
15
V ERBIRG DICH , S TERNENLICHT !
Verbirg dich, Sternenlicht!
Schau meine schwarzen, tiefen Wünsche nicht!
S HAKESPEARE , »M ACBETH «
Konsul Wayland,
ich schreibe Ihnen in einer Angelegenheit von höchster Wichtigkeit. Einer der Schattenjäger meines Instituts, William Herondale, befindet sich in ebendiesem Moment auf dem Weg zum Cadair Idris. Während der Reise hat er unbestreitbare Anzeichen dafür gefunden, dass Miss Gray über diese Route verschleppt wurde. Ich lege sein Schreiben zur gefälligen Ansicht bei, doch ich bin mir sicher, Sie werden mir zustimmen, dass Mortmains Aufenthaltsort nun zweifelsfrei geklärt ist und wir mit aller gebotenen Eile sämtliche zur Verfügung stehenden Truppen zusammenziehen und sofort gen Cadair Idris schicken müssen. Mortmain hat in der Vergangenheit schon mehrfach die bemerkenswerte Fähigkeit bewiesen, sich unseren Fängen zu entziehen. Daher müssen wir den
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