Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Branwells Verhalten zu observieren. Denn wie wir ja alle wissen, müssen Frauen streng überwacht werden, damit sie nicht vom rechten Weg abkommen. Es betrübt uns, Ihnen heute mitteilen zu müssen, dass wir schockierende Neuigkeiten haben.
Das Führen des Haushalts ist die vorrangigste Aufgabe einer Frau und Sparsamkeit ist eine der vorrangigsten weiblichen Tugenden. Mrs Branwell scheint dagegen jedoch zu unnötigen Geldausgaben zu neigen und sich ausschließlich für Geschmacklosigkeiten zu interessieren.
Obwohl sie sich beim Empfang von Besuchern eher schlicht kleidet, müssen wir zu unserem Bedauern berichten, dass sie sich während ihrer Mußestunden in die feinsten Seidengewänder hüllt und mit den kostbarsten Juwelen schmückt.
Sie, verehrter Konsul, haben uns dazu aufgefordert – und sosehr wir es auch verabscheuen, in die Privatgemächer einer Dame einzudringen, sind wir Ihrem Wunsch dennoch nachgekommen. Wir würden die genauen Angaben in Mrs Branwells Schreiben an ihre Putzmacherin gern wiedergeben, doch wir fürchten, dass diese Details Sie überwältigen würden. Nur so viel sei gesagt: Der Betrag, der in diesem Schreiben für die Anschaffung von Hüten ausgelegt wird, kann sich durchaus mit den Jahreseinnahmen eines großen Anwesens oder eines kleinen Landes messen. Wir verstehen beim besten Willen nicht, wozu eine einzige kleine Frau so viele Hüte benötigt. Es ist doch eher unwahrscheinlich, dass sie darunter zusätzliche Häupter auf ihrem Rumpf verbirgt.
Unter normalen Umständen würden wir als Gentlemen davon Abstand nehmen, die Garderobe einer Dame zu kommentieren, doch Mrs Branwells Verhalten hat schädliche Auswirkungen auf unsere Pflichten. Sie knausert in höchst beunruhigendem Maße bei den Dingen des täglichen Bedarfs: So sitzen wir jeden Abend vor einem Teller mit Haferschleim, während sie vor Geschmeide und protzigen Schmuckstücken nur so glitzert. Wie Sie sicher wissen, ist Schleimsuppe nicht gerade die geeignete Kost für Ihre tapferen Schattenjäger. Inzwischen sind wir derartig geschwächt, dass wir vergangenen Dienstag beinahe einem Behemoth-Dämon im Kampf erlegen wären – und dabei bestehen diese Kreaturen hauptsächlich aus einer zähflüssigen Substanz. Dagegen hätten wir früher, in körperlich bester Verfassung und mit guter Verpflegung ausgestattet, mit Leichtigkeit ein Dutzend dieser Dämonen vernichtet.
Wir hoffen sehr, dass Sie uns in dieser Angelegenheit Ihre Unterstützung gewähren und dass Mrs Branwells Ausgaben für Hüte – und andere weibliche Bekleidungsstücke, die zu benennen uns unser Taktgefühl untersagt – überprüft werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Gideon und Gabriel Lightwood
»Was ist ›Geschmeide‹?«, fragte Gabriel und blinzelte wie eine Eule auf den Brief, den er gerade zu schreiben geholfen hatte. Genau genommen, hatte Gideon das meiste davon diktiert; Gabriel hatte lediglich den Federhalter über den Papierbogen geführt. Irgendwie wurde er den Verdacht nicht los, dass sich hinter der mürrischen Miene seines Bruders ein großes humoristisches Talent verbarg.
Gideon machte eine abschätzige Handbewegung. »Das spielt keine Rolle. Versiegle den Umschlag und gib ihn Cyril, damit er mit der Morgenpost zugestellt werden kann.«
Seit dem Kampf gegen den riesigen Wurm waren mehrere Tage vergangen und Cecily fand sich ein weiteres Mal im Fechtsaal wieder. Allmählich fragte sie sich, ob sie nicht einfach ihr Bett und anderes Mobiliar herholen sollte, da sie offenbar ja doch die meiste Zeit hier verbrachte. Das Zimmer, das Charlotte ihr gegeben hatte, war nur sehr spärlich möbliert und bot auch ansonsten nichts, was Cecily an ihr früheres Zuhause erinnert hätte – schließlich hatte sie bei ihrer Abreise aus Wales kaum persönliche Dinge eingepackt, in der Annahme, dass sie nicht lange fortbleiben würde.
Aber hier im Fechtsaal fühlte sie sich geborgen. Vielleicht lag es daran, dass es in ihrem Elternhaus keinen derartigen Raum gegeben hatte: Dies war ein reiner Übungsraum für Schattenjäger und nichts daran konnte bei ihr Heimweh auslösen. An den Wänden hingen Dutzende von Waffen. Cecilys erste Unterrichtsstunden mit Will – in denen er vor unterdrückter Wut über ihre Anwesenheit im Institut nur so kochte – hatten darin bestanden, die Namen und Verwendungszwecke all dieser Waffen auswendig zu lernen. Katana- Schwerter aus Japan, Zweihänder, Stilette, Morgensterne und Streitkolben, türkische Krummsäbel,
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