Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
mich zu treffen …«
»Ach, wirklich? Und du kannst dir nicht vorstellen, dass er für sein Angebot auch andere Gründe haben könnte? Alles dreht sich immer nur um dich?«
»Ich kenne ihn«, wiederholte Will. »Er ist ein Lügner und Verräter …«
»Menschen ändern sich.«
»Nicht so sehr.«
»Aber du schon«, stellte Cecily fest, durchquerte den Raum und ließ ihr Schwert klirrend auf eine Bank fallen.
»Und du ebenfalls«, erwiderte Will.
Seine Bemerkung überraschte Cecily und sie drehte sich zu ihm um. »Ich habe mich verändert? Inwiefern?«
»Als du hier angekommen bist, hast du die ganze Zeit nur davon gesprochen, mich nach Hause zu holen«, erklärte Will. »Du hast dein Training verabscheut. Zwar hast du das Gegenteil vorgegeben, aber ich konnte es genau spüren. Und irgendwann haben deine ständigen Quengeleien ›Will, du musst mit mir nach Hause kommen‹ und ›Schreib endlich diesen Brief, Will‹ schließlich aufgehört. Außerdem hast du allmählich Gefallen am Training gefunden. Gabriel Lightwood ist ein Idiot, aber in einer Hinsicht hat er recht: Du hast es wirklich genossen, im Garten von Lightwood House gegen diesen riesigen Wurm zu kämpfen. Das Schattenjägerblut liegt wie Schießpulver in deinen Adern, Cecy: Hat es sich erst einmal entzündet, lässt es sich so leicht nicht mehr löschen. Wenn du noch länger hierbleibst, ist es mehr als wahrscheinlich, dass du genauso wirst wie ich – zu sehr damit verbunden, um je wieder fortgehen zu können.«
Cecily musterte ihren Bruder finster. Sein Hemdkragen stand offen und darunter kam etwas zum Vorschein, das scharlachrot an seiner Kehle aufblitzte. »Trägst du etwa eine Damenkette, Will?«, fragte sie verwundert.
Überrascht griff Will sich an den Hals, doch bevor er etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür zum Fechtsaal erneut.
Sophie schaute ihnen entgegen, einen besorgten Ausdruck auf dem vernarbten Gesicht. »Master Will, Miss Herondale«, setzte sie an. »Ich habe Sie schon überall gesucht. Charlotte hat angeordnet, dass alle sofort in den Salon kommen sollen. Es ist sehr dringend.«
Cecily hatte sich schon immer etwas einsam gefühlt, fast wie ein Einzelkind – kein Wunder, wenn die älteren Geschwister entweder tot oder verschwunden waren und in der näheren Umgebung keine anderen Jugendlichen lebten, die ihre Eltern für geeignete Freunde hielten. Sie hatte schon sehr früh gelernt, sich selbst zu beschäftigen und sich mit der Beobachtung anderer Menschen zu unterhalten. Dabei teilte sie ihre Gedanken und Notizen zwar mit niemandem, verwahrte sie aber immer griffbereit, damit sie sie später hervorholen und in aller Ruhe studieren konnte.
Lebenslange Angewohnheiten ließen sich nicht leicht ablegen, und obwohl Cecily seit ihrer Ankunft im Institut acht Wochen zuvor nicht länger einsam war, hatte sie die Bewohner des Hauses zu ihren Studienobjekten gemacht. Schließlich handelte es sich um Schattenjäger – anfänglich ihre erklärten Feinde und später dann, als Cecily diese Ansicht ablegte, einfach nur faszinierende Menschen.
Auch jetzt, als sie zusammen mit Will den Salon betrat, warf sie einen interessierten Blick in die Runde. Da war zunächst einmal Charlotte, die an ihrem Schreibtisch saß. Cecily kannte Charlotte zwar noch nicht lange, aber sie wusste dennoch, dass Charlotte zu der Sorte von Frau gehörte, die selbst unter Druck immer die Ruhe bewahrte. Sie war winzig, aber stark – ein wenig wie Cecilys Mutter, allerdings ohne deren Neigung, leise auf Walisisch vor sich hin zu murmeln.
Dann war da Henry. Vermutlich hatte er es als Erster geschafft, Cecily davon zu überzeugen, dass Schattenjäger zwar anders sein mochten, aber nicht gefährlich fremdartig. Denn Henry verströmte absolut nichts Furchterregendes, wie er da schlaksig an Charlottes Schreibtisch lehnte.
Cecilys Blick wanderte zu Gideon Lightwood, der etwas kleiner und kräftiger gebaut war als ihr Bruder – Gideon, dessen graugrüne Augen Sophie auf Schritt und Tritt folgten wie ein hoffnungsvoller Welpe. Sie fragte sich, ob die anderen Institutsbewohner seine Zuneigung zu dem Dienstmädchen auch bemerkt hatten und was Sophie wohl davon hielt.
Und dann war da natürlich noch Gabriel. Über ihn hatte sie sich noch keine eindeutige Meinung gebildet – ihre Gedanken waren einfach zu verworren. Als er sich nun gegen den Sessel lehnte, in dem sein Bruder saß, leuchteten seine Augen und sein ganzer Körper schien unter Spannung zu
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