Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
sah Milli besorgt an.
Aber auch Milli fühlte sich nicht wohl und sie konnte sich nicht erklären, warum sie so gereizt war.
„Das liegt bestimmt an den Demonstranten, die übertragen ihren Stress auf uns“, meinte Ben. „Oder der Luftdruck, es soll ja wärmer werden.“
Vor dem Schulhof war ein Dutzend Polizisten mit griesgrämigen Gesichtern aufmarschiert und der Park auf der anderen Seite der Dorfstraße begann sich mit Demonstranten zu füllen In der Ferne hörte man Sirenen. Ganz verschiedenes Volk war unterwegs, in der Mehrzahl durchschnittliche normale Leute, mit nur wenigen vermummten Chaoten dazwischen. Es war nicht auszumachen, worum es bei der Demonstration wirklich ging, weil zu viele unterschiedliche Schilder und Transparente in Umlauf waren:
Banken in die Schranken - Zusammenarbeit statt Wettbewerb und Konkurrenz - Bedingungsloses Grundeinkommen - Wo ist Ulrich Eberfeld? – Keine Macht den Konzernen - Ziggedorn ein Kriegstreiber - Hurra Wir Verblöden - Teilen der Weltressourcen - Freier Uferweg in Koppelitz - Unser Wasser gehört uns! - Stoppt Schönheitschirurgie und Körperkult - Finger weg vom strom! …
Anna wandte sich um und rief in die andere Richtung: „Guckt mal, wer da kommt!“
Chong marschierte quer über den Schulhof wie auf dem Kriegspfad, ohne zu bemerken, wie andere Schüler vor ihm zur Seite sprangen.
„Ihr haut einfach ab und lasst mich mit der Furie allein zurück!“, brüllte er schon von weitem.
Anna sah sich verlegen um. „Mein Gott Chong … was ist denn in dich gefahren?“
„Dumme Frage – in mich fährt nichts!“ Er schnitt eine Grimasse und schüttelte sich, als ob er vorhatte, Karate zu trainieren. „Seid ihr auch so verspannt?“
Milli nickte. Sie hatte Kopfschmerzen, aber wie es schien, war sie nicht die einzige. Wo sie auch hinschaute, sie sah nur frustrierte, gereizte oder traurige Gesichter.
„Lasst uns auf den hinteren Hof gehen“, sagte Anna und musterte Chong misstrauisch. „Ich wollte euch sowieso noch den Springbrunnen zeigen.“
Ben sah elend aus - wie kurz vorm Kotzen. Er beugte sich über einen Blumenkübel. In einem plötzlichen Impuls hakte sich Milli bei ihm unter und zog ihn mit sich fort. Anna rannte vorweg, ihr Ziel war der hintere Hof.
„Benni Tulpe!“, pfiff Chong ihnen hinterher. Er hatte sie sofort eingeholt und hielt mit ihnen Schritt. „Wir haben heute früh schon von dir gehört.“
Ben blieb verdattert stehen; sein Mund klappte auf. Milli zog ihn weiter. „Lass das“, fauchte sie Chong an und legte einen Zahn zu. Sie fegten über den Schulhof. „Ich erklär’s dir später“, vertröstete sie Ben.
„Der wohnt auf dem gleichen Grundstück wie Herr Batori“, schnaubte Ben.
Milli erklärte ihm, dass sie dort auch wohnte und Chong schon länger kennen würde. Am Durchgang zum hinteren Hof trafen sie auf Lucretia. Sie stand mit drei Mädchen und zwei riesenhaften Jungs zusammen und gestikulierte in ihre Richtung.
„Emilie Fischer!“, rief sie Milli zu. „So sieht man sich wieder.“
Wie es schien, war von Lucretia nichts Gutes zu erwarten und Milli wollte keinen Streit. Sie versuchte sich vorbeizudrücken, aber die hünenhaften Kerle von Lucretia ließen sie nicht.
„Und ich dachte, du kennst hier niemanden“, sagte Lucretia unfreundlich, während sie vor die Jungen trat. „Du hast aber sehr schnell Freunde gefunden.“
„Na und, was ist schlecht daran?“, erwiderte Milli.
„Nichts ist schlecht daran“, sagte Anna mit zitternder Stimme und an Milli gewandt: „Bitte lass uns weitergehen.“
„Und Chong Dachs hat dich heute früh sogar zur Schule begleitet!“ Lucretia sah Milli kalt an. Die Mädchen hinter ihr steckten die Köpfe zusammen und tuschelten.
Dann hatte Lucretia sie am Morgen also doch gesehen, schoss Milli durch den Kopf, und sie fühlte, wie sie rot wurde, weil sie einen übermächtigen Drang verspürte, Lucretia zu schlagen und zugleich ein ebenso heftiges Verlangen, den Ort zu verlassen, bevor sie etwas derart Dummes tat. Schließlich obsiegte ihre Vernunft; sie senkte den Blick und überlegte, wie sie die verfahrene Situation retten könnte.
Aber Lucretia kam ihr zuvor. „Ich habe dich was gefragt?“, keifte sie und stellte sich Milli jetzt direkt in den Weg.
Die Hünen lachten wiehernd, ihre Blicke ruhten schadenfroh auf Chong, der sich zwar zurückhielt, aber Milli und Anna nicht aus den Augen ließ.
„Leg dich nicht mit ihr an“, flüsterte Anna Milli zu und zog sie
Weitere Kostenlose Bücher