Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
oder dreißig Allergien.“
Auf Batoris Gesicht machte sich ein Anflug von Belustigung breit. „Das war im Herbst, Chong … und Benjamin war heftig erkältet. Er ist ein netter Junge. Nicht jeder ist so abgehärtet wie du.“
Batori bestrich einen Toast mit Pflaumenmus.
„Ich glaube, wir müssen los“, sagte Milli, die langsam unruhig wurde.
„Chong, du passt mir bitte auf Emilie auf“, sagte Batori in einem Ton von dem man nicht wusste, ob er ernst oder ironisch war.
Chong bedachte Milli mit einem selbstgefälligen Grinsen. „Klar! Ich bring sie heil wieder zurück.“
Milli verschränkte die Arme vor der Brust und guckte genervt.
Kaum draußen, begann Chong, sich lauthals über Batori zu beschweren. „Was hat er mit diesem Benjamin Rosen … ich hatte mir damals schon einen Namen für den ausgedacht … Benni Tulpe …“
„Er wollte bestimmt nur pädagogisch sein“, sagte Milli mit ernster Miene.
„Aber doch nicht so!“
Milli seufzte. „Wahrscheinlich hat Benjamins Mutter ihn darum gebeten … damit du gnädig bist und ihn nicht bekämpfst.“
„Bekämpfen! Sag mal, bist du betrunken?“
„Na ja, du als großer Kung Fu Kämpfer.“
„Oh nee!“ Chong schnaubte verächtlich. „Kung Fu ist eine hohe Kunst, da fällt man nicht einfach Leute an.“
Er musste scharf bremsen. Beinahe wären ihre Fahrräder in einem Pulk merkwürdiger Erscheinungen stecken geblieben. Milli sah sich um. Die Typen passten gar nicht nach Koppelitz. Sie trugen dunkle Kapuzenpullis oder Lederjacken. Einige hatten Tücher um Hals und Mund gewickelt. Beinahe wie die Vorhut für eine 1. Mai Demo. Vielleicht kamen sie ja aus Berlin?
„Das sind Autonome“, sagte Milli, „läuft hier ’ne Demo?“
„Nicht, dass ich wüsste. Die nächste offizielle ist am 1. Mai.“
Auf dem Hof der Willy Brandt Schule war der Teufel los. Von allen Seiten strömten Schüler herbei - mit Mopeds, Fahrrädern, zu Fuß oder mit dem Schulbus. Bei diesem Tohuwabohu ging jeder Überblick verloren. Als sie die Räder zu den Ständern schoben, wurde Chong von einer Gruppe Jungs aufgehalten. Sie musterten Milli und grinsten. Milli kam sich blöd vor. Chong schien es nicht zu bemerken.
„Ich geh dann schon vor“, sagte Milli.
„Wart mal“, antwortete Chong und sah sie erstaunt an, „ich hab Batori versprochen -“
„Jaah - schon gut!“ Milli schnaubte. „Ich brauche keinen Aufpasser.“
Chong ließ seine Kumpel stehen und kam ihr hinterher.
„Wenn du einfach abhaust, dann laufe ich dir dumm hinterher, oder wie?“
„Ich bin nur ein wenig aufgeregt.“
„Ach, jetzt komm …“ Er lachte und gab ihr einen Stoß.
Sie liefen quer über den Schulhof zum Gebäudeteil Zwei, dem blau angestrichenen.
„Oh verdammt!“, Chong tauchte plötzlich hinter einer Gruppe älterer Schüler unter. Dabei trat er Milli auf den Fuß und riss sie fast mit um.
„Oh verdammt! Ich bin … äh - ich bin in einer Situation.“
Milli befreite sich aus der misslichen Lage, in die sie geraten war.
„Was soll das heißen - eine Situation?“
„Ich hab eine Verabredung vergessen … in den Ferien.“
Milli verstand. Sie reckte den Hals und schaute zum blauen Gebäude. Nur unbekannte Gesichter, aber dann - sie konnte es kaum fassen - ein bekanntes: Lucretia Ziggedorn! Sie guckte direkt in ihre Richtung. Milli lächelte und winkte ihr zu.
Keine Reaktion.
Für eine Sekunde trafen sich ihre Blicke. Lucretias Gesicht blieb regungslos. Ihre Augen wanderten weiter; suchte sie womöglich Chong? Milli überlegte, wie sie die peinliche Situation retten konnte. Aber dazu kam es nicht, hinter ihnen tauchten ein Junge und ein Mädchen auf, die offenbar mit Chong befreundet waren.
„Hallo Alter“, sagte der schlaksige Junge und haute Chong zur Begrüßung auf die Schulter. Er war groß, hatte strohblonde Haare und riesige Ohren.
Das Mädchen stand schüchtern daneben, mit den Händen in den Taschen.
„Äh - ja.“ Chong wirkte überrascht und erleichtert zugleich. Er zog Milli brüsk am Arm und stellte alle drei einander vor: Lukas, Anna und Milli.
Anna sah Milli mit einem offenen Lächeln an. Sie hatte eine kleine runde Nase und abstehende silberblonde Haare mit ein paar violetten Strähnchen drin. An ihren Ohrläppchen baumelten zwei spindelförmige Ohrringe. Milli löste sich aus Chongs eisernem Griff und sagte hallo.
In der Klasse gab es nur noch einen freien Tisch, und der war ganz vorn.
„Es sind aber drei neue Schüler“, meinte
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