Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
am Wetter liegen“, meinte Frau Breit. „Mir geht es heute auch nicht gut.“ Sie schlug eins ihrer Bücher auf und ging die Seiten durch. „Gut – wir fangen gleich an. Wer liest Argan? - Philip, das machst du.“
Philip Adam stöhnte. „Kann das nicht jemand -“
„Nur den Anfang, dann wird gewechselt … jeder kommt einmal dran. Wie sieht es mit dir aus Chong? Du löst Philip ab.“
Chong versuchte vergebens, zu protestieren. Frau Breit sprach über seinen Kopf hinweg weiter, während ihre Augen energisch den Klassenraum durchforsteten.
„Dann haben wir noch Argans Tochter Angelique und seine Frau Belinde … das machen Emilie und Lucretia … und Wulf und Wido lesen den Doktor Purgon und den Apotheker Fleurant.“
Wulf und Wido murrten.
Milli sah, wie Lucretia ihr einen verächtlichen Blick zuwarf. Eigentlich hatte sie keine Lust, die gute Angelique vorzulesen, sie wollte viel lieber böse sein.
Laura Kutscher meldete sich zu Wort. „Aber wir wollten doch zuerst über Molières Leben sprechen. Jemand wollte was vorbereiten.“
Anna machte sich ganz klein. Zu spät. Frau Breit erinnerte sich. „Ach, das hatte ich ganz vergessen – wer hält den Vortrag bitte?“
Keine Antwort.
Frau Breit wühlte in ihren Unterlagen und zog ein kleines Büchlein hervor in dem sie eifrig blätterte. „Was ist nur heute los mit euch? Hier steht es doch: Anna Siebenrock und Julia Hutter.“
Sie sah auf und lächelte das erste Mal an diesem Morgen.
„Aber Julia ist krank“, sagte Anna halblaut, „wir können das nur zusammen machen.“
„Ich bin dafür, dass du deinen Teil jetzt vorträgst“, sagte Lucretia. „Wer ist noch dafür?“
Sofort ging die Mehrzahl der Hände nach oben.
„Gut“, sagte Frau Breit und klang erleichtert. „Die Klasse hat entschieden. Anna kommst du bitte nach vorn.“
„Kann ich hier nicht sitzen bleiben?“
„Anna bitte! Wir haben es bisher immer so gehandhabt. Ihr sollt doch auch lernen, vor anderen zu sprechen.“
„Jeder muss mal nach vorne“, meldete sich Lena Wuttke und warf Lucretia einen Anerkennung heischenden Blick zu.
„Ja – danke Lena“, sagte Frau Breit ohne viel Enthusiasmus.
Anna machte ihre Sache gut. Zu jedermanns Erleichterung löste ihr Vortrag eine Diskussion aus, die bis zur Pause ging.
Es war eine kleine Pause und Milli musste sich beeilen, einen Kakao aufzutreiben. Vor dem Getränkeautomaten stieß sie unerwartet mit Wulf Keiler zusammen. Als er Milli erkannte, hörte Wulf auf zu fluchen und lächelte. Er machte sogar Anstalten, sie vorzulassen und nuschelte etwas Verworrenes, das offensichtlich nett gemeint war. Milli war baff.
Plötzlich hallte eine gebieterische Stimme durch den Gang: „Wie lange dauert das denn noch, Wulf?“
Lucretia war angerückt. Breitbeinig, mit verschränkten Armen, kurzer Rock und in dunkelroten Strumpfhosen stand sie da. Der bescheuert grinsende Wido hinter ihr. Wulf zuckte zusammen. Er fuhr sich durchs Haar und schmiss sich in Positur. Dann stieß er Milli kurzerhand aus dem Weg. Milli war zu verblüfft, um was zu sagen. Sprachlos beobachtete sie, wie er zwei Eistee und eine Zitronenbrause zog und im Cowboygang zu Lucretia zurückstakste. Er hatte echte Cowboystiefel an. Milli bekam schlechte Laune. Auf dem Weg nach draußen kam ihr Lena Wuttke entgegen, offenbar suchte sie Lucretia.
„Die ist mit ihren Cowboys da runter gelatscht“, keifte Milli sie an und imitierte breitbeinig Wulf Keilers Gang.
Lena Wuttke sah ihr irritiert dabei zu. Sie überlegte, was Millis Aufführung bedeutete und ob sie ihr Glauben schenken sollte. Milli fühlte sich plötzlich unbehaglich, Lena Wuttke hatte ihr ja nichts getan. „Ich verarsch dich nicht“, rief sie ihr hinterher, aber dann hatte sie Anna entdeckt.
„Flotter Gang!“, rief Anna schon von weitem. „Machst du Lena Wuttke an?“
Milli verzog genervt das Gesicht.
„Wir haben jetzt zweimal hintereinander Maxi Favola. Morales ist krank und die Feldherrin vertritt ihn“, sagte Anna verärgert. „Komisch, was? Gleich mehrere Lehrer haben sich krank gemeldet.“
Milli seufzte und trank ihren Kakao. Sie musste an Chongs Nussecke und die kranke Bäckerin Mehlhase denken.
Militärischen Schrittes betrat Frau Favola den Klassenraum und knallte ihre Tasche auf das Lehrerpult.
„Gut Leute – heute machen wir ein Experiment. Ich werde euch Achtklässlern eine Aufgabe aus der neunten Klasse geben. Wir haben den 1. Weltkrieg behandelt und im Moment die Weimarer
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