Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
sich drücken würde. Sein Blick war die reinste Provokation. Millis Bedenken schlugen in Ärger um.
„Na gut, wie ihr wollt“, sagte sie entschieden. „Wir machen das.“
„Okay, dann übermorgen Nacht“, Ben hatte es offenbar eilig, er wandte sich zum gehen, blieb dann aber noch einmal stehen und fragte: „Was genau wird eigentlich mit den Hunden geschehen?“
„Das mach ich“, mit einem Ruck hob Chong den Kopf und sah ihn an, „aber du wirst mir ein Medikament von deinem Vater besorgen.“
„Wie bitte?“
„Flummis, du weißt schon. Wir tun ihnen ein bisschen davon in leckeres Hackfleisch und die Köter sind friedlich wie die Karnickel.“
„Wie stellst du dir das vor!“, krächzte Ben. „Die Praxis ist gerade neu eröffnet. Flumi-soundso … Ich kenn mich noch nicht aus -“
„Er meint Rohypnol“, knirschte Anna, „der Wirkstoff heißt Flunitrazepam.“
Chongs hob seine Hand auf Bens Schulter. „Du kriegst das schon hin. Such einfach unter Betäubungsmitteln, und wenn’s nicht klappt, brechen wir in eine Apotheke ein.“
Ben starrte ihn verblüfft an und stieß seine Hand weg.
Jetzt hatte auch Anna endgültig genug. Sie baute sich vor Chong auf. „Mal schnell irgendwo einbrechen! Kein Problem … absolut easy!“ Sie versetzte ihm einen kräftigen Stoß gegen die Brust. „Und auf’n Hinweg überfallen wir noch kurz ’ne kleine schnuggelige Bank, nicht wahr! … Schon mal was von Alarmanlagen gehört? Da kannst du dein kleines süßes Pickset aber vergessen!“
Chong grunzte.
„Ich finde auch, das geht zu weit“, sagte Milli mit ernster Miene. „Du tust gerade so, als ob -“
„Schon gut, schon gut!“, Chong machte ein paar Schritte rückwärts und hob beschwichtigend die Hände. „Bloß kein Drama! Wir haben nichts zu verlieren und können nur der Wahrheit näher kommen.“ Er machte eine Pause und sah die Mädchen abwechselnd an. „Versteht ihr das nicht? Die Wahrheit! Das ist die Chance!“
Stille trat ein. Anna atmete hörbar und Milli suchte mit den Augen den Himmel ab, als würde sie dort eine Antwort finden. Chong folgte ihrem Blick, dann versicherte er lachend: „Nur Mut ihr zwei, wir kriegen das hin … ich hab das im Blut, und ich täusche mich nie.“
Im Osten ging langsam der Mond auf. Er sah aus wie eine riesige Orange, die über der gezackten Silhouette des Waldes hing, nur nicht ganz so rund. Der rote Streifen, den die Sonne im Westen hinterlassen hatte, war schon ganz schmal und langsam rückte ein dunkles Blaugrau nach.
„Ihr seid echt in Ordnung“, sagte Ben leise zu den Mädchen. „Ich find’s gut, dass ihr mitmacht - und überhaupt … dass wir Sachen zusammen machen.“
Der aufziehenden Dämmerung verdankte er den Umstand, dass niemand die Röte in seinem Gesicht wahrnahm.
Inoffizielles und Undefinierbares
Chong war am nächsten Morgen nicht zum Reden aufgelegt. Sie machten wie immer Halt bei der Bäckerei Mehlhase. Milli wartete draußen. Drinnen war es ungewöhnlich voll. Als Chong raus kam, zog er ein Gesicht. Die alte Bäckerin Mehlhase und ein weiterer Bäcker waren krank. Das hatte es noch nie gegeben. Das Sortiment war geschrumpft und Chong musste auf seine Nussecke verzichten.
„Hoffentlich haben die nichts ansteckendes“, meinte Milli, „es könnte ja in den Brötchen sein.“
„Du hast vielleicht Sorgen“, brummte Chong.
„Wir müssen morgen Nacht fit sein.“
„Ich kriege meinen Lieblingskuchen nicht und du zerbrichst dir den Kopf über Kleinigkeiten“, knurrte er und trat wild in die Pedale.
Verhuscht und leichenblass betrat Frau Breit den Klassenraum. Sie hatte eine schwarze Sonnenbrille auf der Nase, die viel zu groß für ihr Gesicht war. Ihre sorgfältig angemalten Lippen hatten die Farbe von dunklem Rotwein. Lange und umständlich suchte sie in ihrer Tasche herum und beförderte Bücher und Ordner auf den Tisch.
„Guten Morgen allerseits … wo waren wir stehen geblieben?“, sagte sie ohne dabei aufzusehen.
„Zweiter Akt, Molière: Der eingebildete Kranke“, antwortete Sophie Bürger.
Frau Breit legte ihre Brille zur Seite und sah sich erstaunt um. Erst jetzt bemerkte sie, dass einige Plätze leer waren.
„Anna, weißt du, was mit Julia ist? … Ach, da fehlen auch noch andere“, sie ging die Reihen durch. „Was ist los, eins, zwei …. vier. Vier Schüler fehlen?“
„Julia hat Kopfschmerzen“, meldete sich Anna zu Wort.
„Und die anderen? Weiß jemand Bescheid?“
Schweigen.
„Das muss
Weitere Kostenlose Bücher