Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
bis dreißig Hertz. Hier steht 5.98 “, Ben hielt das Gerät hoch, „in diesem Bereich arbeitet das menschliche Gehirn.“
„Aber dann ist doch alles bestens“, meinte Anna, „wieso kommen wir dann so übel drauf?“
„Okay, ich erklär’s noch mal ganz kurz“, ergriff Ben entzückt die Gelegenheit. „Alles was du wahrnimmst, wird von deinen Nerven zum Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. Das geht wie mit Morsezeichen. Wenn dir zum Beispiel was wehtut, sendet der entsprechende Nerv Impulse mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Wenn es mehr wehtut, sendet er nicht mit mehr Spannung, sondern häufiger. Auch die Nerven in deinem Gehirn, die diese Impulse verarbeiten, tun das in einem bestimmten Takt, einer Frequenz. Bestimmte Strahlungen können diesen Takt beeinflussen. Dein Gehirn wird quasi von außen manipuliert. Und das geschieht gerade mit uns. Der Pseudo verpasst uns Übelkeit, Depression und Angst - wir sind tatsächlich Grabbauers Versuchskaninchen.“
Anna schüttelte nervös den Kopf. „Ach, und ich dachte, elektromagnetische Strahlung ist sowieso überall um uns herum … dann müssten wir ja permanent gestört oder manipuliert werden.“
Bens Wangen glühten, er war nun in seinem Element. „Nein, nein. Natürliche Strahlung bringt den Takt der Nervenzellen in deinem Gehirn nicht durcheinander, nur die künstlich darauf abgestimmte. Aber du hast Recht, wir leben in einem elektromagnetischen Universum, alles schwingt und pulsiert. Auch Licht ist Schwingung – es gibt sogar Leute, die kein Licht vertragen können!“
Milli räusperte sich. „Und was ist mit der Strahlung von Handymasten und Handys, wenn wir schon dabei sind? Die soll doch auch schädlich sein?“
Ben verzog das Gesicht. „Wenn, dann nur durch zu hohe Intensität der Sendeleistung. Heißt: du kriegst eventuell Krebs davon, aber keine Depressionen – zumindest solange nicht, bis du geschnallt hast, dass du welchen hast. Im Übrigen behaupten alle, das würde nicht mehr vorkommen. Mein Vater in seiner Eigenschaft als Arzt behauptet, das sei so, wie mit Wetterfühligkeit. Menschen reagieren unterschiedlich. Bei mir ist das ganz einfach, wenn ich zulange am Computer sitze und Kopfweh kriege, muss ich nur in den Wald gehen und negative Ionen tanken … danach geht’s mir sofort besser.“
„So dachte ich mir das eigentlich auch“, sagte Anna, „das bedeutet, dass es auch Frequenzen gibt, die uns glücklich machen oder heilen können.“
„Könnte ich mir auch denken, ja … ganz bestimmt gibt es die!“
„Es gibt zum Beispiel Apparate, die Menschen durch Strahlung narkotisieren“, sagte Chong mit Überzeugung, „damit kann man Kranke ohne Drogen operieren.“
„Wenn’s das wirklich gäbe, wüsste man das“, erwiderte Milli.
„Niemals!“, Ben glotzte wie ein Kandidat in einer Talkshow im Kampf um den ersten Platz. „So was wäre nicht gut für die Gewinne der Pharmaindustrie.“
Milli zuckte die Schultern, trat aus der Deckung hinter der Kirche und warf einen Blick über den Platz. Sie waren die einzigen, die von der allgemeinen Depression verschont geblieben waren.
„Wie weit mag die Strahlung vom Van wohl reichen?“, fragte sie.
„So an die dreihundert Meter, eher mehr“, schätzte Ben.
Er zog seinen dicken Pullover aus und klemmte ihn auf den Gepäckträger. Chong machte den Koffer los und trug die Waffe ein paar Meter weiter. „Das Ding ist ganz schön schwer - wie geht es jetzt weiter?“
Milli musterte den Koffer. „Auf jeden Fall lassen wir ihn in dieser komischen Plastikstofftasche, das ist unauffälliger. Ich geh mal vor und checke die Lage.“
„Ich komme mit“, sagte Anna und hakte sich bei ihr ein.
Sie gingen um die Kirche herum zur Vorderfront. Dort, am Portal, herrschte nicht so ein Gedränge. Fliederbüsche, Dorngestrüpp und junge Tannen verstellten die Sicht auf die Bühne. Milli warf einen Blick auf den Lieferwagen, der sich erwartungsgemäß nicht von der Stelle gerührt hatte. Wenn sie den Koffer hinter den Tannen unter der alten Platane aufstellen würden, dachte Milli, wäre der Lieferwagen genau in der Schusslinie. Dabei standen aber immer noch zu viele Menschen zwischen der Waffe und ihrem Ziel.
„Das sind eine Menge Leute“, sagte Anna, als hätte sie Millis Gedanken gelesen.
„Du sagst es. Was machen wir jetzt?“
Anna zuckte mit den Schultern. „Wir stellen sie höher, damit der Strahl über die Köpfe der Leute hinweg geht.“
Höherstellen - ja - aber
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