Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
ich mit ihr und einem Typen aus dem Iran, der ein Praktikum bei ihrem Vater macht, auf die Demo gehe.“
„Ja und?“
„Was, ja und?“
„Du kannst nicht mit ihr dahin gehen! Du hast doch nein gesagt?“
„Klar habe ich nein gesagt, aber sie wird da sein. Sie wird mich suchen. Hundertpro. Was, wenn sie uns dazwischenfunkt?“
Milli beschlich ein ungutes Gefühl, ließ es sich aber nicht anmerken und sagte: „Gut, dass wir die Raketen haben … und hoffen wir mal, dass sie uns in der Menge nicht findet.“
Schweigen am anderen Ende.
„Chong?“
„Jaah!“
„Weiß Ziggedorn, dass sein Töchterchen auf die Demo geht?“
Erneutes Schweigen.
„Er hat’s ihr bestimmt verboten.“
„Wir können es ihm doch stecken …“
Chong antwortete nicht.
„Hallo? Chong!“
„Das wäre nicht fair.“
„Hey, Chong! Ist Lucretia Ziggedorn schon einmal fair zu uns gewesen? Die weiß doch gar nicht, was das ist.“
„Nein - so was mache ich nicht.“
Emma latschte mit leidendem Blick durchs Vorzimmer. Auf dem Rückweg trug sie ein Tablett voller Gläser, blieb bei Milli stehen und fragte: „Bist du mit frühstücken fertig? Ich wollte abräumen.“
„Das Eibrötchen esse ich noch, und den Rest räume ich selber weg“, antwortete Milli.
Emma zog ein Gesicht und setzte ihren Weg in die Küche fort. „Nein - nein, ich mach das schon.“
„Hallo, Milli, redest du mit mir?“
„Nein, Chong, mit Emma.“ Milli senkte die Stimme. „Kann man eigentlich den Koffer in der Tasche lassen, wenn man schießt?“
„Mensch! Wellen gehen auch beim Handy durch Wände.“
Milli kicherte, um ihre dumme Frage zu überspielen. „Wir schaffen das. Da bin ich mir sicher“, sagte sie schnell.
„Ich setz mir die dunkle Mütze auf, dann erkennt mich keiner.“
„Klar doch, einen Deutsch-Chinesen mit Mütze erkennt niemand.“
Chong grunzte und legte auf.
Milli schnappte sich ihr Eibrötchen und fand Emma im Garten, wo sie grübelnd vor ihrem Gemüsebeet stand.
„Tut mir leid, ich -“
„Schon gut“, brummte Emma, „nun schau dir das 1. Mai Wetter an … herrlich! Und was für ein Vogelkonzert!“
„Wir gehen gleich auf die Demo.“
„Du weißt, dass es voll wird. Passt bloß auf euch auf“, seufzte Emma und sah traurig drein.
Milli kannte diesen Blick von ihrer Mutter.
„Was ist passiert?“, fragte sie.
„Es ist - Batori und Lorenz. Sie sind so unnahbar in letzter Zeit. Und als Lorenz heute früh kam, sind sie sofort weggefahren.“
Milli zog mit dem Fuß einen Kreis in den Sand und wischte ihn gleich wieder weg. Dann malte sie einen neuen Kreis.
„Sie erzählen mir nichts, ich merke aber, dass etwas nicht stimmt. Sie wechseln das Thema, wenn ich in ihre Nähe komme, und Lorenz wirkt so blass und hat diese steile Falte über der Nase.“
„Waren sie denn vorher noch nie so?“, fragte Milli ohne zu überlegen.
Emma sah sie erstaunt an, dann schüttelte sie ihren Kopf und lächelte beschämt. „Meine Liebe … was tue ich nur. Ich halse dir meine Sachen auf“, sie machte einen Schritt auf Milli zu und schloss sie in die Arme.
Milli ließ es geschehen. Emmas Geruch stieg ihr in die Nase - Amber und Zimt.
Emma ließ sie wieder los und sah sie hoffnungsfroh an.
„Alles wird wieder gut, ganz bestimmt“, sagte Milli aus dem Stegreif und lächelte. „Batori hat vermutlich ein wichtiges Projekt im Kopf, an dem er arbeitet. Wenn das abgeschlossen ist, ist alles wieder normal.“
Emma konnte nicht wissen, dass Milli ein Profi im gut Zureden und Mutmachen war. Sie hatte jahrelange Übung mit ihrer Mutter.
Tatsächlich war Batori im Moment völlig abwesend, das war auch Milli aufgefallen. Nach dem Experiment im Schuppen hatte er etwas mit ihr besprechen wollen und es vor lauter Stress vergessen. Worüber sie im Moment aber ganz froh war.
Sie ging zurück in ihr Zimmer und packte ihre Sachen. Das Stirnband setzte sie auf. Feuerzeug und Raketen kamen in den Rucksack. Die Holzstäbe der Raketen guckten oben raus und sie band zur Tarnung ein Halstuch drum. Damit war sie startbereit. Unten im Vorzimmer fing Emma sie ab.
„Ich will mich nicht aufdrängen“, sagte sie, „aber wenn ihr wollt, könnt ihr auch gern mit mir und Pin-Mei auf die Demo kommen.“
Milli versteckte den Rucksack mit den herausragenden Raketenhölzern hinter ihrem Rücken. „Danke Emma, das ist lieb, aber wir sind schon alle untereinander verabredet … und du weißt ja, wie das ist.“
Emma nickte verständnisvoll.
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