Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
auf. Überall hatte sie blaue Flecke und andere kleine Probleme.
„Ich hab auch was abgekriegt“, sagte Anna und hielt ihren rechten Fuß nach oben. „Am schlimmsten hat es mich am Knöchel getroffen. Der Rest ist nur halb so wild.“
„Tut mir leid“, sagte Ben, „dafür habe ich kaum geschlafen - bin noch mal Ziggedorns Dateien durchgegangen, die ich im Van runter geladen habe. Hoch interessant. Ziggedorn hat einen großen Deal laufen. Ich sage euch, bis Oktober -“, er brach mitten im Satz ab, weil sie Gesellschaft bekamen. Irma Pietsch war im Anmarsch. Sie hatte Julia Hutter und Lukas Jahn im Schlepptau.
„Also ehrlich, Milli!“, rief Irma schon von weitem, „ich glaube einfach nicht, dass es jemanden gibt, der eine noch durchgeknalltere Mutter hat als ich!“ Sie lachte übermütig und hakte sich bei Milli ein. „Unsere schöne Milliardenerbin behauptet, deine Mutter -“
„Weiß ich!“, fuhr Milli sie ungewollt heftig an. Es war ihr unangenehm, Sachen über ihre Mutter so in der Gegend herumzuposaunen. Sie machte sich von Irma los und trat ein paar Schritte zur Seite. „Tut mir leid, Irma … aber das Thema geht mir auf den Geist.“
„Versteh ich ja“, erwiderte Irma, diesmal gedämpfter, und robbte sich wieder an Milli ran. „Sei doch froh, dass ihr nicht so Spießer seid.“
Milli lachte freudlos. Julia und Lukas blickten besorgt zu ihr rüber. Sie standen mit Anna zusammen, die leise auf sie einredete. Wenn die wüssten, wie ihr das alles zum Halse raus hing. Sie liebte ihre Mutter, aber wegen ihr oder um sie herum gab es immer Aufstand und Unordnung. Johanna Fischer war das personifizierte Chaos. Dann sah Milli Chong. Er kam grinsend angeschlendert.
„Hey, seht mal wer da kommt!“, rief sie und lief ihm entgegen. Bloß weg von Irma, und weg von den alten Geschichten! Sie rannte Chong fast um und umarmte ihn stürmisch. Er blieb wie angewurzelt stehen und machte sich ganz steif. Milli ließ ihn wieder los und versuchte ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen.
Chong lächelte. „Äh, ja …“, er wusste offenbar nicht so recht, was er sagen sollte und sah sie fragend an.
„Oje, das wollte ich nicht!“, stieß Milli hervor und spürte ihr Gesicht heiß werden. „Ich war nur erleichtert, dich zu sehen.“
„Kommt schon, die Pause ist zu Ende.“ Anna ging mit den anderen Richtung Eingang und zog Milli am Arm.
Milli befreite sich aus Annas Griff. „Wir kommen gleich nach“, sagte sie mit einem Seitenblick auf Chong, der etwas betreten und mit hängenden Armen dastand.
Sie sahen einander an und ihre Stimmung änderte sich. Chongs Haltung entspannte sich und er lächelte. Milli lächelte zurück, dann wich sie seinem Blick aus und guckte in den Himmel, der sich zusehends verdunkelte. Sie versuchte einen komplizierten Gedankengang, dass Gewitter immer gegen den Wind ziehen …, als Chong sie unterbrach.
„Na komm schon!“, rief er und winkte Richtung Dach. „Wir werden nass.“
Eine Windböe fuhr durch ihre Haare und wirbelte in Spiralen Staub auf. Auf den Steinplatten zerplatzten die ersten großen Tropfen. In der Ferne hörte man Donnergrollen. Milli gelang es zu niesen, um ihre Befangenheit zu überspielen. Sie liefen durch den einsetzenden Regen zurück zum Gebäude. Chong war übermütig und sie lachten ausgelassen. Für einen Augenblick fühlte Milli sich unbeschwert und vergaß alle Probleme. Unter dem Dach des halboffenen Schulkorridors schüttelten sie ihre nassen Sachen aus. Chong machte einen tollkühnen Sprung übers Geländer. Er stand breitbeinig mit den Händen in den Taschen da und war für einen Moment still. Dann sagte er leise aber eindringlich: „Ist dir überhaupt klar, dass wir gut sind? Wir haben eine echte Waffe, Milli. Wir haben’s durchgezogen. Weshalb machst du so ein Gesicht?“
Milli erzähle die Geschichte mit ihrer Mutter, aber schon während sie sprach, begann sie es selbst nicht mehr so tragisch zu finden. Chong hörte schweigend zu.
„Und jetzt?“, fragte sie.
„Sieht so aus, als hätte Lucretia Langeweile“, antwortete er. „An deiner Stelle würde ich sie einfach ignorieren. Das mag sie am allerwenigsten. Oder soll ich mit ihr reden?“
„Neiiin! Bloß nicht. Es wäre ja eh raus gekommen.“
Er sah sie nachdenklich an und schwieg.
„Für mich ist das mit dem Ignorieren nicht so einfach“, sagte Milli. „Wenn ich sauer bin, raste ich schon mal aus.“
„Schon klar, aber Lucretia zu ignorieren ist das klügste“,
Weitere Kostenlose Bücher