Clovis Dardentor
dem Huf, und in der Schlacht . . .
ein Bein weg . . . ein Arm verschwunden . . . ein Loch in der
Brust . . . die Nase futsch . . . der Kopf zum Kuckuck, und
dazu die Unmöglichkeit, gegen die Brutalität der Geschosse
von 10 Zentimetern und auch von geringerem Durchmes-
ser Einspruch zu erheben!«
Da Marcel Lornans ihn einmal so im Zug sah, verzich-
tete er darauf, ihn zu unterbrechen, und wartete, bis er
den Hahn am Mundstück seiner Scherze selbst schließen
würde.
»Spotte nur immer zu, Freund Jean, vergiß aber nicht,
daß ich auf jeden Versuch verzichtet habe, mich durch mei-
nen Retter dadurch adoptieren zu lassen, daß ich ihn auch
selbst einmal errette. Mach du, was du willst. Meinen Segen
hast du!«
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»Ich danke, Marcel.«
»Oh, nicht der Rede wert, Jean . . . Dardentor!«
Eine halbe Stunde später betraten beide den Speisesaal
des Hotels . . . eigentlich eines einfachen, doch sauber gehal-
tenen und anheimelnden Gasthofs.
Die Familien Elissane und Désirandelle standen an ei-
nem der Fenster zusammen.
»Da ist er! . . . Da ist er!« rief Clovis Dardentor, »da ist er
. . . Lungen und Magen noch vollständig in Ordnung . . . heil
und gesund aus dem Backofen entwischt!«
Patrice wandte den Kopf ab, denn das unangebrachte
Wort »Backofen« schien ihm einige beklagenswerte Ver-
gleiche zu erwecken.
Frau Elissane empfing Marcel Lornans mit ein paar
liebenswürdigen Worten und beglückwünschte ihn, der
schrecklichen Gefahr entronnen zu sein.
»Dank dem Herrn Dardentor«, antwortete Marcel
Lornans. »Ohne seine Opferfreudigkeit . . .«
Patrice sah mit Befriedigung, daß sein Herr sich ohne
weitere Antwort begnügte, dem jungen Mann die Hand zu
drücken.
Die Désirandelles dagegen verzogen die Lippen, sahen
höchst gleichgültig aus und verneigten sich kaum zur Be-
grüßung der beiden Pariser.
Louise Elissane sprach selbst kein Wort; ihr Blick be-
gegnete aber dem Marcel Lornans, und vielleicht sagten sie
sich mit den Augen mehr, als die Lippen hätten aussprechen
können.
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Nach dem Frühstück bat Herr Dardentor die Damen,
sich inzwischen fertig zu machen, während die Herren für
kurze Zeit ausgingen. Dann begaben sich die beiden jungen
Leute und er, sowie die Herren Désirandelle zum Bahnhof.
Wie schon erwähnt, mündet die Bahnlinie von Arzeu
nach Saïda in letztgenannter Stadt. Noch weiter und durch
die Alfagebiete der franco-algerischen Aktiengesellschaft
hat die Südoranische Eisenbahngesellschaft ihre Linie über
Tafararoua bis zur Station Kralfalla hinausgeschoben. Von
hier gibt es drei Zweiglinien: Die erste, bereits betriebene
Linie verläuft über den Kreider bis Mecheria und Aïn-Se-
fra; die zweite, noch im Bau befindliche, erstreckt sich nach
Osten hinaus in der Richtung nach Zraguet; die dritte, erst
geplante, soll über Aïn-Sfissifa bis Geryville weitergeführt
werden, dessen Höhenlage fast 1400 Meter über dem Meer
erreicht.
Die Vergnügungsreise sollte sich aber nicht bis so weit
nach dem Süden erstrecken. Die Touristen gedachten sich
vielmehr nach Westen bis Sebdou zu begeben, dann sich
nach Norden zu wenden und von Sidi-bel-Abbès aus mit
der Bahn nach Oran zurückzukehren.
Als Clovis Dardentor also nach dem Bahnhof von Saïda
ging, wollte er sich nur überzeugen, ob auch die Transport-
mittel für seine Gesellschaft bereitgestellt wären, und er
konnte damit völlig zufrieden sein.
Mit Sonnenschutz versehene und mit Mauleseln be-
spannte offene Wagen, Pferde, Maulesel, Kamele, alles war-
tete nur auf die Reisenden, um sich sofort in Bewegung zu
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setzen. Von den anderen aus Oran gekommenen Touristen
schien noch keiner Saïda verlassen zu haben, und es war
auf jeden Fall wünschenswert, daß die Karawane bei dieser
Exkursion durch die südlichen Gebiete aus vielen Personen
bestand, obwohl von den dort nomadisierenden Völkern
keinerlei Gefahr zu befürchten war.
Marcel Lornans und Jean Taconnat als geübte Reiter
suchten sich zwei Pferde aus, die ihnen passend erschienen,
ein Paar jener lebhaften und ausdauernden Berberrosse, die
von den südoranischen Hochebenen stammen. Herr Dési-
randelle entschied sich nach reiflicher Überlegung für ei-
nen Sitzplatz in einem der Wagen in Gesellschaft der Da-
men. Agathokles, der im Steigbügel nicht fest saß und dem
die Pferde eine zu flotte Gangart zu haben schienen, wollte
sich einem Maulesel anvertrauen, mit dem
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