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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erwiderte Jean Taconnat. »Ohne Sie wäre
    er erstickt! Ohne Sie wäre er gekocht, gebraten, gebacken,
    eingeäschert! Ohne Sie hätten wir von ihm jetzt nur noch
    ein Häufchen Asche übrig, die ich in einer Urne mit nach
    Hause nehmen könnte!«
    »Armer Junge! . . . Armer Junge!« wiederholte Herr Dar-
    dentor, die Hände gen Himmel erhebend.
    Dann fuhr er fort:
    »Es ist also doch wahr, daß ich ihn gerettet habe!«
    Er betrachtete ihn gerührt und umarmte ihn in einem
    Anfall von akutem »Perichonismus«, der vielleicht noch ei-
    nen chronischen Charakter annahm.
    Nun begannen die drei zu plaudern.
    Wie war das Feuer in das Coupé gekommen, worin Mar-
    cel Lornans so ruhig schlief ? . . . Vielleicht hatte es ein Fun-
    ken aus der Lokomotive verursacht, der durch das Fenster
    fliegend das Polster in Brand gesetzt hatte . . . dann mochte
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    dieser durch die schnelle Bewegung des Zugs weiter ange-
    facht worden sein . . .
    »Und die Damen?« fragte Marcel Lornans.
    »Es geht Ihnen gut und sie haben sich von dem Schre-
    cken erholt, mein lieber Marcel . . .«
    »Aha, jetzt heißt’s schon ›mein lieber Marcel‹«, schien
    sich Jean Taconnat zu sagen.
    »Denn Sie sind in Zukunft doch fast wie mein Kind!«
    fügte Clovis Dardentor hinzu.
    »Sein Kind!« murmelte der Vetter.
    »Und Sie hätten nur Fräulein Elissane sehen sollen«,
    fuhr der brave Mann fort, »wie sie, als der Zug endlich hielt,
    nach dem von den Flammen umzüngelten Waggon stürzte!
    Ja, bei Gott, ebenso schnell wie ich! Als ich Sie dann auf der
    Strecke niedergelegt hatte, da war sie schon mit ihrem Ta-
    schentuch zur Hand, goß ein wenig von einer belebenden
    Essenz darauf und netzte damit Ihre Lippen. Oh, Sie hatten
    ihr einen gewaltigen Schreck eingejagt, und ich fürchtete
    immer, sie würde selbst in Ohnmacht fallen!«
    Tiefer ergriffen, als er es sehen lassen wollte, faßte Marcel
    Lornans beide Hände des Herrn Dardentor und dankte auf-
    richtig für alles, was dieser für ihn getan hatte . . . für seine
    Bemühungen . . . für das Taschentuch von Fräulein Louise!
    Das rührte unseren Perpignaneser dermaßen, daß ihm die
    Augen feucht wurden.
    »Ein Regentropfen zwischen zwei Sonnenstrahlen!«
    dachte sich Jean Taconnat, der das ergreifende Bild mit
    Schalksaugen betrachtete.
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    »Nun, mein lieber Marcel, wollen Sie sich denn nicht aus
    Ihren Decken auswickeln?«
    »Ich war im Begriff aufzustehen, als Sie eintraten.«
    »Wenn ich Ihnen helfen kann . . .«
    »Danke, danke, Jean ist da . . .«
    »Bitte, mich nicht schonen zu wollen! . . . Sie gehören
    nun doch mir an, ich beanspruche das Recht, für Sie sorgen
    zu dürfen . . .«
    »Wie ein Vater!« mischte sich Jean Taconnat ein.
    »Ja, wie ein Vater, wie ein solcher nur sorgen kann, sonst
    soll mir der Teufel gleich an den Nacken fahren!«
    Zum Glück war Patrice nicht anwesend.
    »Doch nun, liebe Freunde, vorwärts! Wir erwarten Sie
    beide im Speisesaal. Noch eine Tasse Kaffee, dann gehen
    wir zum Bahnhof, wo ich sehen möchte, ob für unsere Ka-
    rawane alles in Ordnung ist. Nachher spazieren wir durch
    die Stadt; das wird schnell erledigt sein . . . später durch die
    Umgebung, und morgen, zwischen 8 und 9 Uhr, machen
    wir uns nach arabischer Art auf den Weg. Vorwärts, Tou-
    risten! . . . Vorwärts, Ausflügler! Sie werden ja sehen, ob ich
    das richtig zugeschnittene Aussehen habe, wenn mir der
    Zerdani um die Schultern flattert. Ein Scheik . . . ein leibhaf-
    tiger Scheik aus der Scheikardie!«
    Damit drückte er Marcel so kräftig die Hand, daß er ihn
    dabei halb aus dem Bett zerrte, und verließ das Zimmer,
    während er ein Volksliedchen aus den Pyrenäen vor sich
    hinträllerte.
    »Sapperlot«, rief Jean Taconnat, als jener verschwunden
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    war, »wo fände man Leute, die sich mit ihm und . . . mit ihr
    vergleichen könnten! . . . Er, mit seinem afrikanischen Zer-
    dani . . . sie, mit ihrem duftenden Taschentuch!«
    »Jean«, erwiderte Marcel etwas verletzt, »du scheinst mir
    über Gebühr lustig zu sein.«
    »Du hast mich ja selbst dazu aufgefordert . . . nun bin
    ich lustig!« antwortete Jean Taconnat, eine Pirouette schla-
    gend.
    Marcel Lornans begann sich anzukleiden. Er sah noch
    ein wenig blaß aus, doch das würde sich verlieren.
    »Na, übrigens«, fantasierte sein Vetter weiter, »wären wir
    unter den 7. Jägern noch ganz anderen Abenteuern ausge-
    setzt. Zum Teufel, da klang es wohl noch anders! Ein Sturz
    vom Pferd, ein Schlag mit

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