Clovis Dardentor
nicht recht daran getan,
Sie, Marcel, am Kragen, und Sie Jean, am Rockärmel aus der
Tinte zu ziehen? Wie viele herrliche Dinge hätten Sie sonst
nicht mehr zu sehen bekommen!«
»Sie haben Ihr Leben für das unsere eingesetzt, Herr
Dardentor«, sagte Marcel Lornans, »und seien Sie über-
zeugt, daß unsere Dankbarkeit . . .«
»Ah, Herr Dardentor«, fragte Jean Taconnat, seinem
Vetter das Wort abschneidend, »ist es Ihre Gewohnheit, als
Retter von . . .«
»Na, es ist mir schon wiederholt vorgekommen, und ich
könnte mir die Brust mit einer hübschen Menge von Me-
daillen pflastern! Die Folge davon ist, daß ich, trotz mei-
ner Lust, Adoptivpapa zu werden, doch niemand adoptie-
ren konnte.«
»Freilich, Sie waren es immer selbst«, bemerkte Jean Ta-
connat, »der andere . . .«
»Wie Sie sagen, mein Kleiner!« bestätigte Clovis Dar-
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dentor nicht die Worte, doch den Gedanken des jungen
Mannes. »Jetzt heißt’s aber: Die Beine unter die Arme!«
Nun ging’s schnell zum Hotel zurück. Das Essen verlief
nicht angenehm. Die Tischgäste sahen alle aus wie Leute,
die ihr Bündel schon geschnürt haben und die der Zug er-
wartet. Beim Nachtisch bot der Perpignaneser die kleinen
hübschen Babuschen noch der, für die sie bestimmt waren,
an.»Zur Erinnerung an Tlemcen, liebes Fräulein!« sagte er.
Frau Elissane konnte für die freundliche Aufmerksam-
keit des Herrn Dardentor nur durch ein Lächeln danken,
während in der Gruppe der Désirandelles der eine Teil den
Mund verzog und der andere mit den Schultern zuckte.
Das Gesicht Louises heiterte sich auf, ein Blitz der Be-
friedigung leuchtete aus ihren Augen und sie sagte:
»Ich danke Ihnen, Herr Dardentor! Gestatten Sie, daß
ich Sie umarme?«
»Sapperment, deshalb hatt’ ich sie eben gekauft! . . . Ein
Kuß für ein Paar Babuschen!«
Und freudigen Herzens schloß das junge Mädchen Herrn
Dardentor in die Arme.
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15. KAPITEL
Worin eine der drei vom Zivilgesetzbuch
vorgesehenen Bedingungen erfüllt wird
Im Grunde war es nun vielleicht an der Zeit, die von der
algerischen Eisenbahngesellschaft so umsichtig organi-
sierte Reise zu beenden, die so vielversprechend angefangen
hatte und jetzt – wenigstens für die Gruppe Dardentor – so
schlecht abzulaufen drohte.
Beim Aufbruch von Tlemcen war die Karawane auf die
Hälfte zusammengeschmolzen. Mehrere Touristen hatten
es vorgezogen, in dieser Stadt, die es gewiß verdiente, noch
einige Tage zu verweilen. Da der Beamte Dérivas mit diesen
hier zurückblieb, schlugen Herr Dardentor und seine Ge-
sellschaft mit dem Führer Moktani am frühen Morgen des
21. Mai allein die Richtung nach Sidi-bel-Abbès ein.
Auch Herr Eustache Oriental, der es mit der Rückkehr
nach Oran eilig zu haben schien, hatte sich angeschlossen.
Daß es seine Absicht wäre, einen wissenschaftlichen Bericht
über diesen Ausflug abzufassen, hätte Dardentor und die
übrigen wohl verwundern müssen. Er hatte ja nur mit dem
Fernrohr gewisse Punkte besichtigt, die übrigen Instru-
mente aber stets in seiner Reisetasche steckenlassen.
Die Karawane bestand also nur noch aus zwei Personen-
wagen. Der erste trug die Damen und Herrn Désirandelle,
der zweite Herrn Oriental und Agathokles, der sich von sei-
nem Mauleselritt etwas erschöpft fühlte, und ferner zwei
Eingeborene zur Bedienung, nebst dem Gepäck und eini-
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gem Mundvorrat. Diesen brauchte man nur noch zu einem
Frühstück zwischen Tlemcen und dem Dorf Lamoricière,
wo die Nacht über gerastet werden sollte, und am nächs-
ten Tag zu einem zweiten Dorf zwischen Lamoricière und
Sidi-bel-Abbès, das der Führer gegen 8 Uhr abends zu er-
reichen hoffte. Hier endete dann die Karawanenfahrt, und
die Eisenbahn sollte die Vorhut der Ausflügler nach Oran
zurückbefördern.
Natürlich hatten sich Herr Dardentor und Moktani von
ihren Meharis nicht getrennt, denn das waren prächtige
Tiere, die zu keiner Klage Anlaß gaben, und ebensowenig
die beiden Pariser von ihren Pferden, die sie nur ungern
verlassen würden.
Zwischen Tlemcen und Sidi-bel-Abbès durchschneidet
eine große Straße das Arrondissement und trifft in Tlèlat
auf eine andere, die Oran mit Algier verbindet. Von Tlem-
cen nach Sidi-bel-Abbès rechnet man 92 Kilometer, die bin-
nen 2 Tagen bequem zurückzulegen sind.
Die Karawane kam jetzt durch ein mehr Abwechslung
bietendes Land als die südoranischen Gegenden von Saïda
bis
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