Club der gebrochenen Herzen
den Haaren dorthin schleifen. Am Sonntagmittag hat es dich bereits gejuckt, nach London zurückzufahren. Und später als September waren wir nie dort.« Sie machte eine Pause und sagte nachdenklich: »War eher eine Geliebte als eine Ehefrau.«
»Ich kenne diesen Blick«, sagte Buffy. »Geht dir gerade ein Artikel durch den Kopf? Wochenend-Cottages. Ein Seitensprung . Ich bin mir sicher, das Thema hattest du bereits.«
»Seit wann hat mich so was abgehalten?« Sie zuckte mit den Achseln. »Jedenfalls denke ich daran, aufs Land zu ziehen.«
Jetzt war Buffy derjenige, der staunte. » Du ?«
»Auch nicht seltsamer als bei dir.«
»Wohin möchtest du denn?«
»In ein kleines Cottage irgendwo«, sagte sie.
»Wo?«
»In irgendeinem kleinen Dorf.«
»Einem kleinem Dorf?«, sagte er. »Da gibt es aber keine Luxusgeschäfte wie Harvey Nicks.«
»Ich habe mich geändert, Buffy. Ich bin nicht mehr die Frau, die du gekannt hast.« Sie fügte bissig hinzu: »Oder zu kennen glaubtest. Vielleicht hast du mich ja überhaupt nie wirklich gekannt.«
Buffy runzelte die Stirn. Warum hatte sie das gesagt? Sie wollte ihn aus der Ruhe bringen. Es ging ihr nämlich auf die Nerven, dass sie beide bei jeder Begegnung in ihre alte Vertrautheit zurückfielen, als hätte sich nichts verändert.
»Vielleicht verlege ich mich auf Vogelbeobachtung«, sagte sie. »Tschüss.«
Ihre Lippen streiften Buffys Bart. Hatte er eine andere Frau? Wenn ja, dann hielt sie den Bart nicht in Schuss. Penny selbst hatte ihn gestutzt, wobei sich die Haare auf dem Handtuch über seinem Schoß verstreuten – die mit den Jahren immer grauer wurden. Buffys Geruch, so unvermittelt, hatte sie angefallen. Sie trat vom Bürgersteig und wäre fast mit einem Radfahrer zusammengestoßen.
Diese Begegnung hatte ihren Entschluss verstärkt. Wenn Buffy das konnte, dann konnte sie das doch wohl auch. London hatte zu viele Erinnerungen; Buffy in die Arme zu laufen war wie in die Vergangenheit zurückzutreten, es konnte nicht gut sein.
Ihre Freunde glaubten also, sie wäre verrückt? Sie würde es ihnen schon zeigen. Außerdem wollten die sie, das war versprochen, für ein Wochenende besuchen kommen, sobald sie etwas Passendes gefunden hätte. Sie hatte Visionen, wie sie alle im Schlafanzug herumschlurften, Toast futterten und die Sonntagszeitungen lasen, bevor sie in Gummistiefeln über die Wiesen wanderten. Das Gesellschaftsleben in London war ein Stakkato aus Telefonanrufen und vereinzelten Mittags- oder Abendessenverabredungen, das die langen Phasen der Einsamkeit nur unterbrach. Gemütliches Herumhängen und Quatschen gab es da nicht. Es glich einer Ehe, nur ohne Streitereien.
Innerhalb von drei Monaten hatte Penny ihre Wohnung verkauft und ein Cottage in Little Haddon in Suffolk gekauft, etwa dreißig Kilometer von Buffys früherem Landhaus entfernt. Ein reizendes Cottage – Balkendecken, Kaminecke – und ein reizendes Dorf, dessen strohgedeckte Häuschen rosafarben gestrichen waren und dessen Herrenhaus in Pevsners The Buildings of England erwähnt wurde. Auch einen Laden gab es dort, der Gläser mit Lutschbonbons verkaufte.
»Und was ist dann passiert?«, fragte Harold.
Die zwei tranken Kaffee im Wohnzimmer. Alle anderen waren in der Bar und schauten sich die DVD mit Babettes Fest an; Fress-Filme wurden jeden Abend als Nach-dem-Essen-Unterhaltung angeboten. Penny und Harold hatten den Film schon gesehen.
»Ich habe es natürlich im Sommer gekauft«, sagte Penny.
»Natürlich«, sagte er.
»Von November an war es nicht nur eisig kalt und goss in Strömen, sondern es schien auch schon dunkel zu werden, sobald ich zu Mittag gegessen hatte. Acht Stunden Dunkelheit waren zu bewältigen, bevor man angemessenerweise daran denken konnte, ins Bett zu gehen. Was um Himmels willen tun die Leute hier bloß?«
»Sie trinken und begehen Ehebruch«, sagte Harold.
»Aber da war niemand, mit dem sich das hätte tun lassen.«
»Niemand im ganzen Dorf?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist ausgestorben im Winter. Sie haben alle Zweitwohnungen, und niemand bleibt da. Oder es sind Leute im Ruhestand, die nach Florida gehen. Oder Einheimische, und die sind sehr, sehr alt. Ist Ihnen bekannt, dass sie ihr eigenes Elektromobilrennen veranstalten?«
»Prima«, sagte Harold. »Formel 1 oder 2?«
»Nichts ist los. Nichts ist los! Ich bin mal zum Laden gegangen mit einem Teebecher in der Hand, ich war noch am Trinken, und ein altes Tantchen blieb schnaufend stehen und
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