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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
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umdrehte, um ihr zum Abschied zu winken, sagte er, er sei jeden Samstag auf dem Bauernmarkt und helfe seinem Freund bei dessen Backwarenstand.
    Später, Amy lag in der Badewanne, grübelte sie über ihr Liebesleben nach, die reine Katastrophe. In Indien hatte sie eine Affäre mit Craig, einem Kameramann, gehabt. Doch schon jetztkonnte sie sich kaum mehr an sein Gesicht erinnern. Sicher war auch sie eine ferne Erinnerung – oder um genauer zu sein, vergessen in dem Augenblick, wo er nach Hause zu seiner Familie zurückkehrte. Wenn er denn eine Familie hatte; sie hatte keine Ahnung. Ein Kamerateam war ein Haufen von Kerlen, sie redeten nicht über Beziehungen. Außerdem spielte sich das Filmen in einer ganz speziellen, unterkühlten Atmosphäre ab. Am Drehort war man vom anderen Leben abgeschottet, dem Leben daheim. Zwischendurch wilder Sex; man holte sich das Vergnügen eben, wo man es kriegen konnte, wie eine streunende Katze.
    Amy liebte die lebendige Kameradschaft am Set. Es war harte Arbeit, doch sie war Teil einer Gruppe. Sobald die Abschiedsparty allerdings vorbei war, löste sich diese zeitweilige Familie in Luft auf. Jetzt war sie hier, trocknete sich ab in ihrer leeren Wohnung, einunddreißig Jahre alt, und niemand in ihrem Leben außer einigen alten Freunden, die nie anriefen, da sie ja sowieso immer woanders war.
    Amy merkte, dass sie weinte. Das schockierte sie so, dass sie noch stärker schluchzte und am ganzen Körper zu zittern begann. Sie vergrub das Gesicht im Handtuch und dachte, ich bin völlig allein, und niemand ist zum Lieben da.
    Am nächsten Samstag ging sie auf den Bauernmarkt und kaufte sich einen Laib Brot; und so fing alles an.
 
    Neville war nun seit drei Jahren mit ihr zusammen. Er brachte tatsächlich eine Schürze mit und Ofenhandschuhe. Es brauchte eine Weile, bis er ihre Wohnung in Schuss hatte, doch Amy ließ ihn einfach gewähren. Häuslichkeit war nicht ihr Ding. Seit Jahren hatte sie ein Zigeunerleben geführt. Am Drehortwar alles verfügbar: Ein Haarschnitt gefällig? Autoreparatur nötig? Computerhilfe? Kein Problem. Für alle Eventualitäten war jemand in Reichweite.
    In ihrem eigenen Zuhause war sie hilflos, doch das schien Neville nicht zu stören. Ihm kam das reizvoll vor, das war die Liebe. Manchmal scherzte er, dass er die Frau war. Er kochte, er machte sauber. Er war ein eifriger Recycler und verzweifelte am Zustand des Planeten. Sie lachte, wenn sie sah, wie er seine Plastikflasche am Wasserhahn auffüllte, aber er nahm das alles sehr ernst und fand die Verschwendungssucht bei der Filmerei irrsinnig. Die Vergeudung! Der CO 2-Ausstoß! Der reine Wahnsinn, eine Landschaft für eine Szene mit Kunstschnee zu überziehen, die dann auf dem Boden des Schneideraums landete!
    »Aber es ist ein Film über die globale Erwärmung«, sagte sie.
    »Kommt dir das nicht irgendwie ironisch vor?«
    Sie schwieg sich aus über die Tatsache, dass von der Produktionsfirma jeden Tag ein Allradfahrzeug nach London losgeschickt wurde, um für ihren Star glutenfreien Bio-Firlefanz zu holen, zubereitet vom Chefkoch im Meridian, die Fahrt hin und zurück 196 Kilometer. Oder, dass einer der Schauspieler von L. A. eingeflogen wurde, um eine einzige Zeile zu sprechen. Heutzutage redete sie kaum noch über ihre Arbeit. Außerdem kannte Neville keinen der Beteiligten, und Prominentenklatsch interessierte ihn nicht.
    Wie schade. Ihr heißer, stickiger Wohnwagen war ein Beichtstuhl. Alle Schauspieler waren unsicher; unter dem mitleidlos grellen Schein der Spiegelleuchten waren sie am verwundbarsten. Stundenlang war sie jeden Tag in parfümierter Intimität mit ihnen eingeschlossen, puderte und schminkte, machte sie schön, machte sie jünger. Am Set war sie ihre Verbündete. Zwischen den Aufnahmen war ihr rascher Einsatz gefordert, mit vollem Pinselgürtel flitzte sie wie ein Kolibri über die Gesichter der Stars, ein Tupfer hier, ein Tupfer dort. Keiner vom Kamerateam redete mit den Schauspielern; sie leuchteten sie aus, sie filmten sie, sie waren immer sehr beschäftigt und waren Kerle. Nur Amy und ihre Kollegen hörten von den Eheproblemen, den Wutausbrüchen am Set eines früheren Films und welcher Filmstar heimlich schwul war und mit einem sogenannten ›Bart‹ versorgt wurde – einer Frau, die sich beim Knutschen mit ihm knipsen ließ, als sie The Ivy verließen.
    »Sie haben mich einmal dazu rumgekriegt«, sagte Amy beim Abendessen. Sie erzählte von einem Hollywood-Star. »Es hatte

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