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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
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des Direktors«, sagte Amy. »Geh ja nicht in seine Nähe.«
    Ihr Handy klingelte. Es war Neville.
    »Die Waschmaschine ist übergelaufen«, sagte Nevilles Stimme. »Ich warte gerade auf den Mann von Bosch. Bis wann geht ›Vormittag‹, was glaubst du? Zwölf oder eins?«
    Es war heiß. Amy schaute auf eine Gruppe von Komparsen, die in ihren Kostümen schwitzten. Sie saßen vor dem Catering-Wagen, spielten Karten und plauderten mit ihren Handys. Die Frauen schwenkten ihre Röcke, um den unteren Körperregionen Kühlung zu verschaffen. Komparsen waren ganz unten in der Rangordnung, aber sie hatte eine Schwäche für Underdogs. Sie machten immer eine Gefühlskrise durch oder hatten einen Verwandten mit einer obskuren Krankheit. Und was sie alles essen konnten! Sie hatte sogar Verständnis dafür, wenn sie einander zur Seite drängten, um von der Kamera erfasst zu werden.
    »Sonst nichts Besonderes«, sagte Nevilles Stimme. »Der Drucker hat mal wieder geklemmt und scheint vergessen zu haben, wie man scannt. Ich vermisse dich sehr.«
    Amy vermisste ihn nicht. In Wirklichkeit hatte sie den ganzen Vormittag nicht an ihn gedacht. Selbst, wenn du hier bist, bist du nicht da .
    Der dritte Regieassistent trommelte die Komparsen zusammen. Sie sprangen auf und klopften ihre Kostüme ab. Amy war durchströmt von Liebe für sie alle – die Besetzung, das Filmteam, die Komparsen, die davonstoben, ihrem großen Augenblick entgegen. Sie liebte die Art, wie alle am gleichen Strang zogen, wie jeder Einzelne von ihnen Teil des Teams war. Sie liebte die Loyalität, die zwischen ihnen bestand, die Art und Weise, wie sie sich, eingehegt von Funksprechgeräten, ihre eigene Welt schufen, manchmal nur wenige Meter von Passanten entfernt, wie sich alle abrackerten, um einen Film zu machen, der vielleicht Mist war, aber hey!, wer konnte das schon sagen? Ohnehin würden die meisten ihn nie sehen.
    All das konnte sie Neville nicht erzählen. Sie wollte ihn nicht extra darauf hinweisen, dass sie Arbeit hatte, und auch wenn er sich Filme anschaute, konnte er sich nie an die Namen der Schauspieler erinnern. »Könntest du nicht ein paar deiner Freunde zum Essen einladen?«, hatte er einmal gefragt. Aber ihr Leben war anders. Das einzige Mal, wo ihre Kumpels sich zusammenfanden, war die Abschiedsparty, und am nächsten Tag waren sie in alle Winde verstreut.
    Und irgendwo tief innen vermutete sie, dass Neville ihren Job als trivial ansah. Er war ein ernsthafter Mann mit einem sozialen Gewissen. Er kämpfte gegen die Schließung der lokalen Sterbeklinik und die Eröffnung eines Tesco-Supermarktes. Den ganzen Tag über saß er an seinem Laptop und schickte E-Mails los. Er sagte, er habe wie immer viel zu tun, er verstehe gar nicht, wie er je Zeit gefunden hatte, zur Arbeit zu gehen.
    Neville versuchte, es ins Lächerliche zu ziehen, aber sie wusste, er war gedemütigt – so sehr, dass er es all die Wochen geheim gehalten hatte. »Ich bin überflüssig«, sagte er. »Alle Männer sind überflüssig. Ihr braucht nicht einmal mehr unser Sperma.« Nicht, dass da Gefahr bestand; seine Libido schien eingeschlafen zu sein. Amy errötete bei dem Gedanken an ihre Versuche, ihn auf Touren zu bringen. Heutzutage blieb er oft am Schreibtisch sitzen, wenn sie ins Bett ging; sie konnte es durch die Wand fühlen, wie er unbedingt wollte, dass sie einschlief. Oder er gähnte theatralisch und stöhnte, wie kaputt er sei. »Und die vielen Linsen, hast du nicht auch einen Blähbauch?«, fragte er, als sie sich auszogen. »Haben wir noch Rennie-Magentabletten da?«
    Amy drückte die Zigarette aus und kehrte zu ihrer Arbeit zurück. Neville schlief sogar in T-Shirt und Unterhose, sein persönlicher cordon sanitaire . Er war ihr Hausmann geworden, verbittert und desexualisiert, und alles war die Schuld der Rezession. »Diese Scheißbanker«, sagte er. »Satansbrut.« Er war bei einer Demonstration mitmarschiert und hatte Graffiti gesprüht, so aufgebracht war er. Selbst Insekten hatten unter seiner Wut gelitten. In ihrer Anfangszeit hatte er Amy bezaubert, als er einer Spinne mit dem Waschlappen half, aus der Badewanne zu kommen. Jetzt versprühte er wild Fliegenspray, als nähme er Hedgefonds-Manager ins Visier oder wem auch immer sie diesen Schlamassel zu verdanken hatten.
    Sie strich Grundierung auf Eldons Haut. Jahrzehntelanges Rauchen hatte sie verwüstet; Moltofill wäre da wohl angebrachter. »Erinnerst du dich an meinen alten Kumpel Russell Buffery?«, fragte

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