Club der gebrochenen Herzen
Gerüchte gegeben, und es hätte unweigerlich seine Karriere ruiniert. Er hatte was mit einem der Beleuchter, und jemand bekam Wind von der Sache. Der Knabe wurde zum Schweigen verdonnert. Würde er nämlich an die Öffentlichkeit gehen und sich outen, würde er nie mehr einen Job kriegen. Und so nahm mich der Publicitymanager beiseite und sagte: Raus aus den Jeans, mach dich schick. Das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich in so einem protzigen Nachtclub war und der Typ quasi auf mir lag, die Zunge bis hinten an den Mandeln, eklig – wie eine Nacktschnecke, weiß Gott, wo die schon überall gewesen war. Dann holte jemand das gute alte Blitzlicht hervor, und am nächsten Tag stand alles in den Zeitungen. Meine fünfzehn Minuten Ruhm.«
Neville reichte ihr die Brokkoli. »Meinst du, wir sollten ein Baby haben?«
Manchmal hatte Amy das Gefühl, dass sie ihn überhaupt nicht kannte. Sie saßen in Coracles, wenn das das Wort dafür war, in arg fragilen Fahrzeugen, vom Meer geschüttelt. Gelegentlich streckten sie die Hände aus und berührten sich, und dann brausten die Wogen über sie, und sie waren verloren.
»Was, jetzt?«, fragte sie.
»Was meinst du mit was, jetzt ?« Neville stellte die Schüssel hin. »Wir werden nicht jünger. Du jedenfalls nicht. In biologischer Hinsicht.« Er blickte sie über den Tisch hinweg an. »Wir lieben uns. Wir sind hier. Stimmt das nicht?« Er errötete. »Tut mir leid, das kommt bei mir alles falsch raus.«
»Mir tut es leid.«
Sie hatte keine Ahnung, was sie damit meinte. Beide betrachteten das Tischtuch.
»Möchtest du nicht in die Politik gehen?«, platzte sie heraus.
»Was für einen Unterschied würde das denn machen?«
»Ich weiß nicht.«
Sie wusste gar nichts. Ihr Leben war ein Chaos, und sie glaubte, Neville würde es schon ordnen. Sie wusste, dass auch er einsam gewesen war, sie hatte es an ihrer Haustür gespürt. Plötzlich sehnte sie sich danach, ihre Koffer zu packen und abzuhauen zu einem neuen Set, weiß der Henker wo, mit all den Witzeleien und den Bacon-Sandwiches und dem mörderischen Terminplan, der einen vom Denken abhielt. Könnte sie wirklich eine Familie mit diesem Mann haben?
»Mein Vater hat mich einmal mit der Bratpfanne geschlagen«, sagte sie. »Habe ich dir das jemals erzählt?«
Neville runzelte die Stirn. »Was hat das damit zu tun?«
»Ich weiß nicht.«
»Schau mich an, Amy. Konzentrier dich ausnahmsweise.«
»Du klingst wie ein Lehrer.«
»Herrgott noch mal, das hier ist wichtig!« Neville beugte sich vor und berührte ihre Finger. »Möchtest du, dass man dich heiratet? Ist es das?«
Verletzt riss sie ihre Hand zurück. »Du kennst mich so wenig!«
Heiratsanträge sollten eigentlich nicht so ausfallen. Selbst sie hatte als Kind von Mondschein und Rosen geträumt – selbst sie, die schon damals kein Püppchen war.
»Wir könnten Nägel mit Köpfen machen, wenn du willst«, sagte Neville. »Es wäre schön, dich im Kleid zu sehen.« Er lächelte bei dem Versuch, es scherzhaft klingen zu lassen.
Amy wandte sich verwirrt ab. Sie starrte die Wand an. Neville hatte das Zimmer gelb gestrichen, als sie weg war und für Kiss Me Again gearbeitet hatte. Es war eine romantische Komödie über ein nicht zusammenpassendes Paar, das sich – welch Überraschung! – wirklich liebte.
»Ich würde ausflippen«, sagte sie, »säße ich hier fest mit einem schreienden Balg.«
»Es wäre kein Balg, wenn es unseres ist«, sagte er. »Ich würde auf alle Fälle helfen.«
»Ah ja? Das sagen sie alle.« Warum ging sie mit ihm so hart ins Gericht? Sie hatte keine Ahnung. »Was ist mit meiner Arbeit?«, fragte sie. »Man kann ein Kind nicht mit zum Set nehmen.«
Neville stand auf und räumte die Teller ab. »Vergiss es«, murmelte er.
In der Nacht wandte er sich im Bett von ihr ab und lag gekrümmt da. Sie schmiegte sich an seine Wirbelsäule. Sie wusste, dass sie ihn aufgebracht hatte, aber er sie auch. Alles, was sie in letzter Zeit sagten, war falsch. Sie fuhr mit der Hand nach unten und umfasste seinen geschrumpelten, besiegten Schwanz. Er füllte ihre Handfläche aus, weich wie ein Marshmallow. Er reagierte nicht.
Ein Augenblick verstrich. Ihrer Hand war es peinlich, sie zog sich zurück. Nevilles Körper kam ihr unbegreiflich vor. Draußen sprachen Leute laut auf der Straße; eine Autotür knallte zu.
Etwas später wurde Nevilles Atem tiefer. Sie dachte, er sei eingeschlafen, aber er holte nur Luft fürs Sprechen. »Sie haben mir
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