Club der gebrochenen Herzen
war Amy froh über Gesellschaft. Die Rezession hatte die Filmindustrie hart getroffen; seit sechs Monaten hatte sie keinen Auftrag mehr gehabt und viel zu viel Zeit allein in ihrer Wohnung verbracht. Schlimmer noch, die illegalen Einwanderer im oberen Stockwerk waren verschwunden und von einem Paar mit Baby ersetzt worden. Nachts verwandelte sich dessen Geschrei in das Weinen ihres eigenen Traumkindes, eines Neugeborenen, das an ihrer Brustwarze schnupperte. Ein winziger Neville, er schaute mit solcher Liebe zu ihr hoch, dass sie es kaum ertragen konnte. Und dann wurde sie sich der trostlosen Wirklichkeit bewusst. Sie war fünfunddreißig, ohne Freund, und die Uhr tickte.
»Ich habe meine Gartenhose mitgebracht«, sagte Rosemary und trug sie zum Kleiderschrank. »Bestimmt verschmieren wir uns mit Öl, wenn wir da unter der Motorhaube oder sonst worumfummeln. Zum Einkaufen war die schon nicht mehr passabel, ein wahrer Graus.«
Amy hatte sich nur eine zweite Jeans mitgebracht. Ein Glück, da es bloß vier unpraktische Kleiderbügel im Schrank gab und Rosemary sich drei geschnappt hatte. Sie hatte immerhin zusätzliche Pullover mitgebracht, Wales sollte ja so kalt sein. Es war kühl; das Schiebefenster schien zu klemmen, und an einer Stelle drang kalte Zugluft ins Zimmer. Rosemary hatte einen Heizlüfter entdeckt, der, eingeschaltet, einen Geruch von angesengtem Plastik verströmte.
Das Zimmer musste einst geschmackvoll gewesen sein. Jetzt jedoch versperrte ein Stück Hartfaserplatte den Kamin, und die Blumentapete war verblichen. An der Wand hing ein Foto von John Gielgud als Prospero (Studio-Beleuchtung, Schminke en masse), es war mit Schnörkeln für die liebste Bridie signiert. Das Zimmer befand sich im Obergeschoss; sie konnte über die Hausdächer hinweg zu den Hügeln sehen, wo sich am Himmel zerklüftete, eigensinnige Wolken zusammenballten.
Amys Stimmung hob sich; sie spürte die wache Lebenskraft des Neuankömmlings. Wie gut, aus London fort zu sein. Obwohl in der ganzen Welt herumgekommen, war sie noch nie in Wales gewesen, und der erste Anblick der Berge von der M5 aus hatte sie trotz des unheilvollen Motorengerassels ihres Puntos begeistert. Nolan Evans, wer immer das war, würde bestimmt das Problem erkennen und es beheben können. Er war der Kursleiter. Und während der Himmel dunkler wurde, konnte sie schon die verheißungsvollen Essensgerüche aus der Küche riechen.
Buffy
Buffy konnte kaum glauben, dass es wirklich passierte. Mochte er es noch so geplant haben, dem ganzen Unternehmen haftete immer noch etwas Unwirkliches an, was sich selbst mit der Ankunft von sechs Fremden nicht vertreiben ließ, die nun in den oberen Räumen herumtappten und sich fürs Abendessen zurechtmachten. Er hatte sich diese Situation so lange ausgemalt, dass seine erträumten Gäste sich wie ein Hologramm über die realen Menschen schoben. Noch weniger konnte er sich vorstellen, wie ein fünftägiger Kurs über Autopannen tatsächlich Gestalt annahm. Er geriet in Panik. Die ganze Idee war verrückt. Was, wenn Nolan nicht auftauchte und er allein blieb mit einem Haus voller Leute, die wie eingepferchtes Vieh herumstampften, während Regen die Fensterscheiben herunterlief? Was könnte er mit ihnen anfangen – Karten spielen, Racing Demon?
Andererseits hätte er vor achtzehn Monaten nicht im Traum daran gedacht, ein Gästehaus in einem walisischen Städtchen zu führen. Wenn das nicht unwahrscheinlich war! Immer noch kam es ihm seltsam vor, dass er eine Kreditkartenmaschine besaß. In den meisten Fällen waren die Gäste seine Freunde geworden. Er erinnerte sich an einen angenehm berauschten Nachmittag mit Mavis, die für Frottage-Technik entbrannt war. Die Heizung war zusammengebrochen; sie lag in eine Decke eingerollt auf dem rissigen Ledersofa und erzählte ihm von einer Affäre mit einem Fernfahrer, davon, wie sie in einem Straßengraben gekauert und ihr Pessar eingeführt hatte, rundum von Brennnesseln zerstochen. Buffy hatte ihr von seiner ersten Frau Popsi erzählt, wie sie fröhlich auf der Toilette gesessen und sichCreme auf ihr Diaphragma gespritzt hatte mit der sachkundigen Unbekümmertheit eines Patissiers, der dem Törtchen den letzten Schliff gab. Sie waren zu katastrophalen Sex-Begegnungen übergegangen, eine Unterhaltung, die immer stärker konkurrierende Züge angenommen und mit einem Unentschieden geendet hatte. Am nächsten Morgen war es noch bizarrer als sonst gewesen, von ihr einen Scheck
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