Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
donnernden Paukenschlag hervorzurufen. Er nahm Anlauf, hechtete über den Bürgersteig, einen Grünstreifen, einen weiteren Fußgängerweg und über ein Rasenstück, ehe er mit einem gewaltigen Satz ein sicher 35 Meter langes Wasserstück übersprang, mitten in den St. James Park hinein. Er jagte zwischen Bäumen hindurch über die Insel inmitten des kleinen Sees. Zwei berittene Angehörige der Royal Cavalry hatten Mühe, ihre Pferde unter Kontrolle zu halten, als er an ihnen vorbeipreschte. Erneut schnellte er über das Wasser, rannte gepflegte Gehwege entlang, bis er am Waterloo Place ankam. Der Parkplatz war voll Autos, die eng aneinandergequetscht kreuz und quer durcheinanderstanden. Er brachte sich hinter einem Lieferwagen in Deckung und fixierte die Richtung, aus der er gekommen war. Hatte er seine Verfolger abgehängt?
Er sah nichts. Er hörte nichts. Nichts rührte sich. Die Dunkelheit verschlang alles. Bis der Schmerz durch seine Glieder schoss. Das Feuer des verdammten Flammenschwertes brannte sich in seine Schulter. Er unterdrückte den Aufschrei, der ihm in der Kehle steckte. Wildheit peitschte ihn an, als er zur Seite ausbrach und die Flucht fortsetzte. Von wo war der Schlag gekommen? Hinter ihm? Neben ihm? Der Schmerz tobte in seinem Arm, in seinen Muskeln, doch er trieb ihn auch zur Flucht an. Er rannte um sein Leben.
Vor ihm tat sich eine Kreuzung auf, links in der Ferne flackerten die brennenden Überreste einer Straßensperre, nach rechts warf er keinen Blick. Keine Zeit. Geradeaus reihten sich die roten Busse Heck an Nase. Dunkle Schatten drückten sich an den Hauswänden herum, verschwanden, sobald er sich näherte. Die Nacht schien den Atem anzuhalten, die Stille dröhnte förmlich in seinen Ohren. Er hechtete auf das Dach eines der Doppeldecker, strauchelte, doch nur für einen Moment. Vom nächtlichen Tau war das Metall glatt, doch er hieb seine Schuhe so fest in die Haut der Busse, dass er bei jedem Schritt dicke Beulen hinterlassen musste – nicht nur, um nicht abzurutschen, sondern um seine überschäumende Aggression abzubauen. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, durfte nicht unkoordiniert umherirren. Sein untrüglicher Orientierungssinn schaltete sich wieder ein.
Cangoon rannte über drei Busse, sprang abrupt zur Seite und erklomm die Säulen eines Gebäudes, hangelte sich über einen Mauervorsprung und kletterte in rasender Geschwindigkeit auf das Dach. Hier befand er sich in seinem Metier. Auf Dächern behielt er den Überblick, wusste, wo er abtauchen konnte, kannte die Eingänge der Verstecke, die zu den unterirdischen Kanälen führten. Er brauchte nur eine Millisekunde, um sich zu orientieren. Fast wie von allein schlug sein Körper die Richtung ein, die ihm den kürzesten Fluchtweg versprach.
Verflucht!
Er spürte das Vibrieren der grollenden Stimme, noch ehe sie sein Gehör erreichte.
„Bleib stehen, Bastard, oder unsere Waffen werden dich im Wurf von hinten durchbohren.“
Hatte er eine Wahl? Der Schornstein lag zu weit entfernt, um sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen. Cangoon folgte der Anweisung und drehte sich um. Frechheit siegt, oder?
„Habt ihr nicht einen feierlichen Eid geleistet, dass kein Lebewesen mehr durch eure Hand sterben soll?“ Er schaffte es nicht, ein höhnisches Grinsen zu verbergen. Ein Appell an ihre grundlegende Anständigkeit und sie würden sich scheuen, die Waffen zum tödlichen Schlag zu erheben. Er hoffte nur, dass er sich nicht irrte.
„Und wie du dich irrst, Bestie.“
„Cangoon! Lauf!“
Seine Füße waren bereits in Bewegung, ehe er die Stimme Ziou zugeordnet hatte. Der winzige Moment der Unaufmerksamkeit von Luka und Paula genügte, sich mit zwei langen Schritten und einem Hechtsprung hinter den nächsten Schornstein zu werfen. Er trat mit den Absätzen eine flache Deckenluke ein, die Scherben stürzten in die Tiefe und er hinterher.
Es war egal, wo er aufkam. Keinen Atemzug darauf würde er aufschnellen und die Flucht fortsetzen. Der nächste Fluchtpunkt in die Unterwelt lag nicht weit entfernt, er würde ihn erreichen. Er musste ihn erreichen.
Dieses Mal saß Lorenzo am Steuer des Rolls-Royce. Emily war nicht sicher, ob sie die Kraft und Konzentration aufgebracht hätte, den Wagen durch den Strom der Fahrzeuge zu lenken, die London und die Umgebung verlassen wollten. Blödsinn. Niemals hätte sie das geschafft. Die dahinrinnende Zeit kribbelte ihr unter den Fingernägeln. Wertvolle Minuten hatten sie auch
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