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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Nachttisch und drückte auf den Knopf.
    »Ja, bitte.«
    »Schläfst du, junge Witwe?«
    Die gleiche Stimme. Nur der Tonfall ein wenig anders. Sie mußte aufstehen und rasch das Diktaphon anschließen.
    »Sweta? Wo bist du? Deine Mutter macht sich große Sorgen um dich.«
    »Na und? Mach dir lieber Sorgen um dich selbst, Dörr-Giselle.«
    »Warum hast du das Geld nicht abgeholt?« fragte Katja.
    »Das geht dich nichts an.«
    »Und wieso rufst du jetzt an?«
    Sie hatte mittlerweile das Licht angemacht, das Diktaphon vom Regal genommen und ans Telefon angeschlossen.
    »Ich wollte wissen, ob du endlich rausgekriegt hast, wer ich bin«, sagte die heisere Stimme im Hörer.
    »Du hörst ja, Sweta Petrowa, ich hab’s rausbekommen«, seufzte Katja müde, »hängt dir das alles nicht langsam zum Hals heraus?«
    »Nein, tut es nicht. Wenn du richtig geraten hättest, würde ich dich in Ruhe lassen. Aber du hast dich geirrt, Orlowa. Ich heiße keineswegs Sweta.«
    »Na schön. Und was weiter?«
    »Nichts.«
    »Sag mal, warum hast du den BH in die Bademanteltasche gesteckt?« fragte Katja plötzlich zu ihrer eigenen Überraschung.
    »Den BH? Ach richtig, und ich wunderte mich schon, wo er geblieben ist. Aber das war ein ganz altes Ding, ist nicht schade drum. Weißt du, dein Mann hat mich immer selber ausgezogen, das gefiel ihm. Beim letzten Mal hatte er schon den Bademantel an, er kam gerade aus dem Bad. Na, so ist das halt passiert, mit dem BH. In der Eile hat er ihn inden Bademantel gestopft. Er konnte es nicht mehr abwarten. Was bist du so still, junge Witwe? Gefällt dir, was ich erzähle?«
    »Sehr. Sprich nur weiter.«
    »Fortsetzung folgt.« Ein kurzes Lachen, dann wurde aufgelegt.
    Katja schaltete das Diktaphon ab. Sie zitterte derart vor Kälte, daß sie sich nicht konzentrieren konnte. Sie nahm das erste Teil, das ihr in die Hände geriet, aus dem Kleiderschrank, einen dicken Pullover von Gleb, den er immer zu Hause getragen hatte, zog ihn über ihr Nachthemd und warf sich noch ein großes flauschiges Tuch um. Erst dann ging sie zur Kommode und zog die oberste Schublade auf. Sie wollte sich sofort die Kassette mit der Aufzeichnung des früheren Gesprächs anhören.
    Das Timbre, die Intonation war ähnlich. Aber irgend etwas stimmte nicht. Es klang nachgemacht, wie eine Parodie. Allerdings mußte man das Original gut kennen, um so parodieren zu können. Sweta war nur eine verbitterte, tief unglückliche Frau mit einem unangenehmen Charakter und kranken Nerven gewesen. Diese hier war erheblich klüger, konsequenter, härter. Sie versuchte, Katja zu manipulieren. Wahrscheinlich hatte sie auch Sweta manipuliert. Wozu? Solange Gleb noch am Leben war, wollte sie vermutlich ihre Ehe auseinanderbringen und ihn selber heiraten. Ein durchaus verständliches Ziel. Aber was wollte sie jetzt?
    Es konnte doch wohl kaum noch eine dritte Beteiligte an diesem ganzen klebrig-boshaften Idiotismus geben. Es gab nur zwei. Die erste von den beiden war Sweta Petrowa. Das stand fest. Die zweite war nicht Olga. Das war ebenfalls offensichtlich, denn sie konnte ja wohl nicht gut um halb fünf Uhr morgens aus der Zelle des Untersuchungsgefängnisses anrufen. Andererseits war jetzt, bei diesem letzten Gespräch, eindeutig auf Olga angespielt worden. Wußte dieneue Anruferin noch nicht, daß Olga verhaftet war? Sie wußte es nicht, hoffte aber sehr darauf, konnte es gar nicht mehr abwarten. Sie wollte Katja dazu bringen, mit dem Untersuchungsführer zu sprechen und vor den Gesetzesvertretern ihre schmutzige private Wäsche samt Büstenhaltern, magischen Holzspänen und nächtlichen Anrufen auszubreiten.
    Sie durfte keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Bis jetzt waren das alles nur unbewiesene Vermutungen. Aber eins war klar. Wenn diese Parodistin wollte, daß Katja den Untersuchungsbehörden von ihr erzählte, so durfte sie genau das vorerst nicht tun. Und wenn auch nur aus dem einen Grund – weil diese Frau es so sehr wünschte.
    ***
    Jegor Barinow wurde wieder von Schlaflosigkeit gequält. Diesmal jedoch setzten ihm keine abstrakten Ängste zu, nicht das schmerzhaft-brennende Gefühl der verrinnenden Zeit. Der Anlaß für seine Unruhe war sehr real. Während er sich hin und her wälzte, ging er zum x-ten Mal das Gespräch mit Lunjok durch. Aber er kam zu keinem Ergebnis.
    Warum hatte Lunjok die längst vergangene Affäre mit Katja Orlowa erwähnt? Was für ein Interesse hatte er daran? Und welchen Zusammenhang mit dem Mord an Kalaschnikow

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