Club Kalaschnikow
aus im Hotel anrufen, und man wird es ihm ausrichten. Ich bitte dich, bleib. Ich habe über deinen Mann Sachen gehört, Sachen, ich mag sie gar nicht wiederholen, so widerlich. Die Welt ist klein, wir haben viele gemeinsame Bekannte.
»Du brauchst sie auch gar nicht zu wiederholen«, unterbrach ihn Katja.
Ohne ein weiteres Wort lief sie rasch über den kleinen Pfad zur Chaussee zurück. Er konnte kaum mit ihr Schritt halten, redete aber immer weiter davon, wie wunderbar alles hätte sein können, damals vor acht Jahren, wenn sie ihm verziehen hätte, und wie wunderbar es jetzt sein würde, wenn sie bliebe. Er begriff selbst nicht recht, wieso er das alles sagte, aber er spürte, wenn sie jetzt ginge, würden ihnwieder die schlaflosen Nächte quälen, in denen er sich schweißgebadet im Bett wälzte. Davor schützten ihn weder seine beruflichen Erfolge noch die wechselnden sexuellen Abenteuer.
Je mehr sie sich dem kleinen Parkplatz des Gasthauses näherten, desto trostloser kam Barinow sein wohlsituiertes, an Eindrücken reiches Leben vor.
»Laß uns doch wenigstens noch einen Kaffee an der Bar trinken.« Er faßte nach ihrer Hand. »Wir haben doch noch gar nicht richtig miteinander gesprochen.«
Er hoffte, Zeit zu gewinnen. Bald würde die Dämmerung kommen, und im Dunkeln über die schmale, vom Nebel feuchte Serpentine zurückzufahren war wirklich sehr gefährlich.
»Nein, Jegor. Für mich ist es Zeit.«
»Aber warum? Erklär mir doch, warum? So viele Jahre sind vergangen, wir könnten noch einmal von vorn beginnen, wir sind uns hier doch nicht zufällig begegnet. Das war Schicksal, geradezu mystisch … Ich fühle mich elend und einsam, und du auch, das weiß ich. Falls du mir jetzt sagst, du betrügst deinen kostbaren Ehegemahl nicht, dann glaube ich dir kein Wort, entschuldige. Du bist auch keine Heilige.«
»Heilig bin ich nicht«, sagte Katja lachend, »aber sehr empfindlich.«
»Kannst du das bis heute nicht vergessen? Aber das ist doch lächerlich, du bist doch ein erwachsener Mensch.«
»Jegor, willst du über eine Beziehung sprechen, die es schon seit acht Jahren nicht mehr gibt?« Sie nahm die Autoschlüssel aus ihrer Handtasche.
»Sag mir doch wenigstens, in welchem Hotel du wohnst«, bat er und legte die Hand auf die Autotür.
»Wozu?«
»Ich steige morgen von den Bergen herab, nehme mir irgendwo in Los Cristianos ein Zimmer und liege dann nochdrei Tage lang ein bißchen in der Sonne und schwimme. Es wäre doch dumm, wenn wir so nah beieinander wohnen, ohne uns zu sehen. Also in welchem Hotel bist du? Keine Angst, ich werde dich nicht mehr mit solchen dummen Gesprächen nerven.«
»Das Hotel heißt ›Los Chaletos‹. Und jetzt mach’s gut, Jegor. Ich hab mich sehr gefreut, dich wiederzusehen.«
Sie setzte sich schnell ans Steuer und schlug die Autotür zu. Er blieb stehen, sah ihrem kleinen roten Renault nach und merkte sich das Kennzeichen – für alle Fälle.
Den Rest des Tages verbrachte er in neuer, angenehmer, fast jugendlicher Erregung. In der Nacht schlief er ruhig und fest. Zeitig am nächsten Morgen bezahlte er seine Rechnung, frühstückte ausgiebig, setzte sich in seinen Wagen und fuhr hinunter zum Meer, in den kleinen Badeort Los Cristianos. Er dachte nicht darüber nach, ob es richtig war, was weiter sein würde. Er hatte nur einfach den überwältigenden Wunsch, Katja zu finden und sie noch einmal zu sehen.
Das Hotel »Los Chaletos« erwies sich als Fünf-Sterne-Luxusherberge, eins der teuersten Hotels im Ort. Natürlich, ein Snob wie Kalaschnikow würde nicht irgendein xbeliebiges Zimmer nehmen. Obwohl die fünf Sterne sich von den vier Sternen und sogar von drei Sternen nur durch das seriösere Aussehen des Portiers, Springbrunnen im Foyer und den Preisen an der Bar und im Restaurant unterscheiden. Barinow nahm sich ein Einzimmerappartement und erblickte Katja fast sofort am hoteleigenen Strand. Sie kam gerade aus dem Wasser, ging mit vorsichtigen Schritten über den heißen Sand, schüttelte ihr nasses Haar und schaute blinzelnd den Strand entlang. Ohne nachzudenken, ergriff Barinow sein großes Frotteebadetuch und rannte ihr, im heißen Sand einsinkend, wie ein kleiner Junge entgegen.
Kalaschnikow hatte sich in einem Liegestuhl ausgestreckt, schlürfte Bier aus der Dose und blätterte träge ineiner Illustrierten. Er bemerkte seine Frau genau in dem Augenblick, als der schlanke ältere Mann sie umarmte und ihr sein Badetuch um die Schultern legte. Das gefiel ihm
Weitere Kostenlose Bücher