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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ja.« Die graugelben Augen saugten sich an Barinows Gesicht fest.
    Barinow hielt dem durchdringenden, harten Blick tapfer stand, dachte aber insgeheim, ein solcher Blick sei vermutlich viel schädlicher als alle Röntgenstrahlen.
    »Ich begreife nicht ganz, worauf du anspielst, Valera«, sagte er und lehnte sich in dem Polstersessel bequem zurück. »Komm zur Sache.«
    »Zur Sache? Du bist mir in letzter Zeit etwas allzu sachlich und geschäftig geworden.« Lunjok kniff die Augen zusammen. »Engagierst Killer, ohne mich vorher zu fragen. Übrigens war es ein miserabler Killer. Die Bullen haben ihn schon erwischt. Du warst doch nicht etwa wieder zu knausrig?«
    »Das kapier ich nicht«, sagte Barinow, und das entspannte Lächeln verschwand von seinem Gesicht, »was für ein Killer?«
    »Guten Morgen!« Lunjok breitete ausdrucksvoll die Arme aus. »Gleb Kalaschnikow ist doch wohl deine Arbeit, oder? Keine Angst, wir sind hier unter uns.«
    »Was, Kalaschnikow ist ermordet worden?« fragte Barinow und merkte, wie sein rechtes Auge verräterisch zu zucken begann.
    »Du hast also nicht mal nachgeprüft, ob dein Auftrag ausgeführt wurde.« Lunjok schüttelte den Kopf. »Du hast dir mit deinem Regierungsposten wirklich zuviel Arbeit und Verantwortung aufgehalst.«
    »Glaubst du etwa ernsthaft, ich hätte Kalaschnikow umbringen lassen?«
    »Wer sonst?«
    »Wieso ich?«
    »Hattest du mit Kalaschnikow vor einem Monat eine Unterredung? Antworte – ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Hat er dich gebeten, seiner ›Assoziation des freien Films‹ den Status einer nichtkommerziellen kulturellen Organisation zu geben?«
    »Aber ich …«
    »Ja oder nein?«
    »Ja. Aber ich habe es höflich abgelehnt. Ich habe ihm freundlich erklärt, daß ich ein solches Risiko nicht eingehen kann. Mit Film hat sein Verein wenig zu tun, das ist purer Kommerz, völlig unbeleckt von jeder Kultur. Sie wollenbloß ihre Sachen herunterkurbeln, ohne dafür Steuern zu zahlen. Das konnte ich nicht machen … Es wäre über kurz oder lang aufgeflogen. Du weißt ja, wie scharf die Steuerfahndung jetzt ist.«
    »Du redest mir zuviel«, sagte Lunjok mit gerunzelter Stirn, »immer wenn du nervös bist, redest du zuviel. Hat Gleb sich danach mit dieser Bitte noch einmal an dich gewandt? Ja oder nein?«
    »Nein.«
    »Und warum hast du dann trotzdem die Steuerfreiheit für ihn durchgesetzt?«
    »Ich bin von jemand anderem darum gebeten worden.«
    »Von wem?«
    »Anweisung von ganz oben.« Barinow hob seine Augen vielsagend zur Decke.
    »Interessant, wirklich interessant, Jegor. Soll das heißen, Gleb hat direkt beim Präsidenten angeklopft?« spottete Lunjok. »Paß auf, daß du dich nicht in deinen eigenen Lügen verhedderst.«
    »Was hat Gleb damit zu tun? Soweit ich weiß, hat Generalmajor Ufimzew das in die Wege geleitet. Und überhaupt begreife ich nicht, wie du auf den blödsinnigen Gedanken kommen kannst, ich hätte Kalaschnikow ermorden lassen! Was hat dich bloß gestochen?«
    Die »Assoziation des freien Films« beschäftigte sich hauptsächlich mit Schönheitswettbewerben, Werbespots und dem Casting von männlichen und weiblichen Striptease-Tänzern. Es war tatsächlich ein reines Kommerzunternehmen, das mit Film nichts zu tun hatte, noch dazu ein reichlich anrüchiges. Aber Kalaschnikow senior war mit dem stellvertretenden Minister Ufimzew seit langem eng befreundet. Gut möglich, daß der Generalmajor sich für Einzelheiten nicht weiter interessiert hatte.
    Lunjok wußte, daß derartige Gespräche manchmal in der Banja oder auf dem Tennisplatz geführt wurden. Bei passenderGelegenheit konnte der Volkskünstler dem Volksgeneral die Ohren vollgejammert haben, daß das Finanzamt den Unternehmern keine Luft zum Atmen lasse und sie mit Steuern erdrücke. Deshalb gebe es in Rußland auch kein richtiges nichtkommerzielles Kino, weil die Bürokratie es bereits im Ansatz ersticke. Und der General hatte dann seinerseits bei einem ähnlichen Gespräch in ungezwungener Atmosphäre, beim Tennis zum Beispiel, ein entsprechendes Wort zum Präsidenten gesagt und sich dabei auf den allseits geschätzten und beliebten Konstantin Kalaschnikow bezogen. So entstand eine Kette, die man kaum mehr nachprüfen konnte.
    Aber Barinow durfte man auch nicht aufs Wort glauben. Er war etwas zu bleich geworden, die Hände zitterten verräterisch. Vielleicht hatte er sich diese schlaue Kette gerade eben erst ausgedacht? Er schwitzte ja schon vor Anspannung. Aber von der Kassette schien er

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