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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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weit gegangen war. Wenn Kalaschnikow es wollte, konnte er ihm gründlich schaden. Es lohnte sich nicht, ihn zu reizen. Aber es hatte ihn einfach zu heftig gejuckt.
    Das Moskauer Leben nahm wieder seinen gewohnten Lauf, und sehr bald hatte Barinow die warme Insel Teneriffa genauso vergessen wie Katja Orlowa und ihren eifersüchtigen Ehemann.
    Vor einem Monat hatte er Gleb Kalaschnikow in der Kantine der Staatsduma wiedergetroffen. Dort war es leer, die Abgeordneten waren in die Sommerferien gefahren. Barinow dachte sich, diese Begegnung sei ein guter Anlaß, die unangenehme Spannung, die sich zwischen ihm und dem Casinobesitzer im Winter auf Teneriffa aufgebaut hatte, aus der Welt zu schaffen. Mit Lunjoks Leuten stand man besser auf freundschaftlichem Fuß als sie gegen sich zu haben.
    Kalaschnikow schien ebenfalls vergessen zu haben, wie er auf Teneriffa mit den Zähnen geknirscht hatte. Barinow kam es sogar so vor, als freue er sich über die Begegnung. Sie plauderten freundlich und ungezwungen miteinander,wie gute alte Bekannte, und tauschten ein paar neue Anekdoten aus.
    Geschickt und unaufdringlich brachte Kalaschnikow das Gespräch auf die Steuerprobleme, und Jegor Nikolajewitsch begriff, warum der Casinobesitzer so wenig nachtragend war. Er mußte dringend, im Laufe weniger Tage, für seine »Assoziation des freien Films« den Status einer kulturellen Organisation bekommen. Für Kalaschnikow, einen knallharten Geschäftsmann, waren materielle Fragen wichtiger als persönliche Leidenschaften und männliche Eitelkeiten. Das war ganz normal – andernfalls eignet man sich nicht fürs Business.
    Im Prinzip konnte Barinow helfen, er hätte es auch gern getan, nur nicht jetzt. Er bemühte sich nämlich gerade für einen anderen Unternehmer und versuchte dessen Geschäft von der Steuerbürde zu befreien. Derartige Freundesdienste kann man ohne Risiko nicht allzuoft erweisen, so etwas geht nur in größeren zeitlichen Abständen. Daher schlug er Kalaschnikow vor, bis zum Herbst zu warten, dann werde man weitersehen. So verblieben sie und trennten sich ganz friedlich voneinander. Danach löste sich dann das Problem mit der »Assoziation« ganz von selbst, auf eine Weisung von oben, und Barinow unterschrieb alle nötigen Papiere ganz locker und mit reinem Gewissen.
    Jetzt aber, nachdem Kalaschnikow ermordet worden war, geriet Barinow seltsamerweise auf die Liste der Tatverdächtigen. Lunjok war niemals übertrieben mißtrauisch gewesen. Er würde Barinow nicht grundlos verdächtigen, er mußte dafür stichhaltige Gründe haben. Offenbar hatte jemand ihn angeschwärzt. Wer? Warum? Und was am wichtigsten war – wie?
    Barinow war ein vernünftiger, nüchterner Mensch, der genau wußte, daß viele ihn nicht mochten. Wenn er sich an jeden einzelnen hätte erinnern wollen, der dafür konkrete Gründe hatte, kostete ihn das eine Menge Zeit. Der einzigeMensch, der etwas Klarheit in diese Angelegenheit bringen konnte, war Katja Orlowa. Sie könnte vielleicht etwas wissen. Mit ihr mußte er sprechen.

Kapitel 21
    Iwan Kusmenko fuhr nur deshalb in die Besboshnyj-Straße zur Bar »Zum Weißen Kaninchen«, weil er ein gewissenhafter Mensch war und eine Sache gern zu Ende brachte. Er hatte so gut wie keinen Zweifel, daß der Besuch der Bar wie auch das Gespräch mit dem Wachmann und dem Kassierer der rund um die Uhr geöffneten Geldwechselstelle, die in der Nacht vom vierten auf den fünften September Dienst gehabt hatten, eine Verschwendung von Zeit und Kraft war. Selbst wenn man annahm, daß jemand Olga Guskowa in der Mordnacht zufällig gesehen hatte, war das noch lange kein seriöses Alibi, genauer gesagt, sogar ein sehr zweischneidiges. Von der Besboshny-Straße bis zum Haus in der Mestschanskaja-Straße waren es nicht mehr als sieben Minuten zu Fuß.
    Das »Weiße Kaninchen« stellte sich als kleines, nicht allzu teures Etablissement heraus. Solche gemütlichen, fast familiären Bars und Cafés gibt es in Moskau nur sehr wenige, man findet sie in stillen Seitenstraßen, hauptsächlich in den alten Vierteln im Zentrum. Die schicken ausländischen Autos zieht es nicht dorthin, es gibt dort keine farbigen Portiers in Uniform, keinen roten Teppich vor dem Eingang. Man hält auch keine Frischlinge und Bärenjungen zur Belustigung der Besucher. Es gibt keine nächtliche Disco, keine Erotikshow, es finden auch keine Schießereien zwischen feindlichen Banden statt. Allenfalls gibt es dort ein Aquarium mit Goldfischen und einen

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