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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Sekretärin hatte er nach Hause geschickt. In dem alten Institutsgebäude herrschte völlige Stille, nur von Zeit zu Zeit klapperte in der Ferne, auf einer anderen Etage, der Eimer der Putzfrau.
    »Sie sind wirklich eine Zauberin«, sagte er, während er sich auf dem Sofa in seinem Arbeitszimmer ausstreckte. »Ich fühle mich wie ein neuer Mensch.«
    Die Massagen befreiten ihn nicht nur von den Schmerzen, sondern belebten und verjüngten ihn auch. Das war bei seiner verantwortungsvollen Tätigkeit und seiner jungen, bezaubernden Geliebten sehr wichtig. Als ächzender Tattergreis hatte man da nichts zu melden.
    Nach den kräftigen, walkenden Handgriffen ging sie zu leichten, streichelnden Bewegungen über, und wieder entspannte er sich.
    »Wo haben Sie das Massieren so gut gelernt?«
    »Zunächst in speziellen Kursen und dann natürlich durch viel Erfahrung.«
    »Haben Sie in Ihren Kursen auch erotische Massage durchgenommen?«
    »Aber sicher«, antwortete sie mit einem heiseren Auflachen.
    »Und entsprechende Erfahrungen haben Sie auch gesammelt?« fragte er fröhlich.
    »Versteht sich.«
    »Nützt das der Gesundheit genauso?«
    Sie brach in Lachen aus, gab keine Antwort, aber berührte mit ihrer Brust unmißverständlich seinen Rücken.
    Alles weitere vollzog sich grob und geschäftsmäßig. Später dachte er, daß es mit einer üppigen Mahlzeit in einer einfachen gutbürgerlichen Gaststätte vergleichbar war. Da kann man ungeniert rülpsen, schmatzen und in den Zähnen stochern, da läuft einem das Fett von den dicken gebratenen Sardellen übers Kinn, die Gesichter glänzen genau wie die groben Tischplatten vom Speck, und nach dem Essen fühlt man sich so angenehm satt und schwer, daß man sich nicht mehr rühren und regen möchte.
    Die Beziehung zu seiner blutjungen, luftig-zarten Geliebten, der Ballerina Katja Orlowa, ähnelte dagegen eher – um bei der Gastronomie zu bleiben – einer exquisiten Mahlzeit in einem teuren französischen Restaurant. Dort funkelt antikes Silber, zu jedem Gang werden eine Fülle von Saucen, Gabeln, Gäbelchen und Messerchen gereicht, die Tischdecken sind blütenweiß, und der Wein kommt aus königlichen Kellern. Dort rülpst man nicht, lehnt sich nicht ächzend zurück und streckt den gutgefüllten Bauch vor, dort lacht man nicht aus vollem Hals über den Witz des Tischgefährten, der so gepfeffert ist wie die Schweinekeule. Barinow hätte schwer sagen können, was ihm besser gefiel. Wozu überhaupt die Qual der Wahl? Der Kontrast war so gut, daß es nicht lohnte, ihn mit überflüssigen Fragenzu verderben. Das Leben ist kurz, man sollte auf nichts verzichten. Später holt man es nicht wieder auf.
    Barinow zahlte freigebig für die Massage und für die anderen Wonnen. Sweta steckte das Geld lächelnd in die Handtasche. Er entspannte sich endgültig und begriff – mit ihr brauchte man keine besonderen Umstände zu machen. Umstände hatte er schon genug mit Katja. Ihre hehre, schöne, aber auch anstrengende Beziehung dauerte nun schon über ein Jahr.
    Das pikante Geheimnis schmeichelte seiner männlichen Eitelkeit und kitzelte die Nerven. Die gegensätzlichen Eindrücke wirkten anregend und verliehen seinem arbeitsreichen, angespannten Leben Reiz und Würze. Wer weiß, wie lange das alles noch gedauert hätte, wenn es nicht diesen ärgerlichen Zufall gegeben hätte: Katja ertappte ihn mit der Masseurin, und das auch noch ausgerechnet eine Stunde vor dem Jahreswechsel. Und sie verzieh ihm nicht.
     
    Die anonyme Anruferin gab keine Ruhe. Im Gegenteil, sie begann jetzt erst richtig zu toben. Mitten in der Nacht rief sie an, heulte und schrie derart in den Hörer, daß es Katja in den Ohren gellte: »Du bist schuld daran! Du hast ihn nie geliebt!«
    Die dumme Frau tat Katja fast schon leid. Sie schnappte nach Luft, ihre Stimme klang heiser. Ihre Hysterie schien vollkommen echt zu sein. Offenbar hatte sie Gleb wirklich geliebt. Sollte man sie dafür etwa ins Gefängnis bringen?
    »Beruhige dich bitte«, sagte Katja sanft, »geh schlafen. Es ist drei Uhr nachts.«
    Katja war seit ihrer Kindheit davon überzeugt, daß man immer, in jeder Situation, die Ruhe bewahren müsse, niemals wütend oder ausfallend werden dürfe, selbst wenn man die größte Lust dazu hatte.
    Es folgte ein langes Schweigen, dann krampfhaftes Schluchzen. Schließlich vernahm Katja die heisere, verweinte Stimme:
    »Du hast wirklich Nerven, Orlowa, bist hart im Nehmen.«
    »Bitte, ruf nicht wieder an, ja?« sagte Katja

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