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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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aber Angst habe ich nicht.«
    »Margarita, ruf doch deine Wahrsagerin an«, flüsterte Shannotschka, »ich hab nämlich schreckliche Angst.«
    Die Wahrsagerin war jedoch nicht zu Hause. Margarita versprach, sie bestimmt noch anzurufen. Die Holzspäne und die übrigen Dinge empfahl sie bis zum Gespräch mit der »Spezialistin« in eine Tüte zu legen, auf den Balkon zu bringen und vorläufig nicht anzurühren.
    Nach einer Tasse Tee nahm sie das Slangwörterbuch mit und ging. Am Abend rief eine Frau mit sehr tiefer, heiserer Stimme an und stellte sich als Bella Jurjewna vor.
    »Ich habe Ihre Telefonnummer von Margarita Krestowskaja. Sie hat mir erzählt, was passiert ist. Meine Liebe, das ist wirklich eine sehr ernste Sache. Was Sie gefunden haben, müssen Sie unbedingt verbrennen. Das ist uralte Magie, ein tödlicher Zauber. Späne von einem Sarg, der Stummel einer Kerze, die für die ewige Ruhe Ihrer Seele gebrannt hat. Die Frau, die Sie auf der Straße angesprochen hat, war höchstwahrscheinlich eine Gottesnärrin. Die verfügen manchmal über die Gabe des zweiten Gesichtes. Sind Sie getauft?«
    »Ja«, erwiderte Katja.
    »Gehen Sie in die Kirche?«
    »Was hat die Kirche damit zu tun?« Katja mußte sich beherrschen, um nicht grob zu werden.
    »Wie, was meinen Sie damit? Wenn Sie gläubig sind, dann müssen Sie doch verstehen, daß die Mächte der Finsternis Sie angreifen.«
    »Ich bin gläubig, aber nicht abergläubisch. Das sind verschiedene Dinge.«
    »Sie regen sich unnötig auf«, meinte die Wahrsagerin, »nur Atheisten glauben nicht an den bösen Blick und Hexerei.«
    »Na, Sie müssen’s ja wissen.« Katja seufzte.
    Sie hatte keine Lust, mit irgendeiner ihr nicht näher bekannten Bella Jurjewna theologische Diskussionen zu führen und ihr zu erklären, daß Dinge wie der böse Blick, Hexerei und Wahrsagerei nichts mit echtem Glauben zu tun hatten.
    »Seien Sie auf der Hut, Katja. Sie tun mir aufrichtig leid«, sagte Bella Jurjewna heiser.
    »Danke. Alles Gute«, erwiderte Katja.
    Die Überreste des ausgeweideten Kopfkissens und die Tüte mit den magischen Utensilien trug Katja auf den Hof und warf sie in den Müllcontainer.
    »Sie hätten verbrannt werden müssen!« sagte Shannotschka.
    Am nächsten Morgen, um acht Uhr früh, wurde Katja von dem ersten anonymen Anruf geweckt.
    »Heute wirst du dir das Bein brechen, du Dörr-Giselle.«
    Seitdem waren mehr als zwei Wochen vergangen. Die Anrufe waren natürlich lästig und nervend, aber die Stadtstreicherin und das Kissen hatte Katja schon fast vergessen. Jetzt plötzlich, mitten in der Nacht, in der Küche, fiel ihr wieder ein, daß sie bei dieser ganzen dummen Geschichte zwei Details wirklich stutzig gemacht hatten.
    »Die Stadtstreicherin war nicht echt«, sagte Katja nachdenklich und nippte am Tee, »sie hat Theater gespielt.«
    »Was?« Shannotschka begriff nicht.
    »Ich denke gerade wieder an diese dumme Geschichte. Eine echte Stadtstreicherin hätte nach Alkohol, Urin, Abfällen gestunken. Du weißt doch, wie gut mein Geruchssinn ist. Und ganz bestimmt hätte sie das Geld genommen. Das heißt, finstere Mächte sind hier garantiert nicht imSpiel. Eine idiotische Maskerade war das. Gleb hatte schon immer eine Schwäche für überkandidelte Exzentrikerinnen mit einem Hang zur Mystik. Ich war ihm viel zu nüchtern und vernünftig. So was hat er gesucht – Schicksalsdramen und übernatürliche Leidenschaften. Na, und da ist er auf diese Verrückte gestoßen.«
    Shannotschka sagte lange gar nichts, rührte nur angestrengt in ihrer Teetasse.
    »Vielleicht hat diese Verrückte ja auch geschossen?« sagte sie endlich kaum hörbar.
    »Das haben wir doch schon erörtert, das brauchen wir wirklich nicht wieder aufzuwärmen.«
    »Nein, du hast recht«, bestätigte Shannotschka. »Weißt du, an dem Abend, als ihr zur Premiere gefahren seid, an dem alles passiert ist. Also, da hab ich aufgeräumt und die Waschmaschine angestellt.«
    »Wozu?« Katja verstand nicht.
    »Ich wollte eure Bademäntel waschen, deinen und den von Gleb. In der Nacht, als Gleb ermordet wurde, war kein fremder BH in seiner Tasche.«

Kapitel 8
    »Was machst du gerade?« rief Irina aus der Küche. »Du solltest heute doch den Pilz waschen.«
    Margarita saß am Schreibtisch über einem Chemielehrbuch für Studienanfänger, aber sie schaute nicht ins Buch, sondern in einen kleinen runden Spiegel, der auf der aufgeschlagenen Seite stand. Ihr eines Augenlid war mit einer dünnen Schicht blaßgrünen

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