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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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dir das nicht leid?« Margarita zuckte nervös mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an.
    Olga nahm schweigend einen Aschenbecher aus Porzellan, der noch von den Eltern stammte, aus dem Küchenschrank. Sie selbst rauchte nie, der Aschenbecher stand immer im Schrank.
    »Wann hast du Gleb das letzte Mal gesehen?« fragte Margarita.
    »Mit Gleb ist es aus«, erwiderte Olga, ohne sich umzudrehen.
    »Seit wann?« Margarita zog erstaunt die Brauen hoch.
    »Wir haben uns vor fünf Tagen getrennt.«
    »Habt ihr euch gestritten?«
    »Nein. Getrennt. Bitte laß uns davon nicht weiter sprechen.«
    Margarita schwieg und sah zu, wie Olga den Kaffee in die häßlichen billigen Tassen goß.
    »Du hast dich also wirklich entschlossen, mit ihm Schluß zu machen?«
    »Ich sage doch, ich will darüber nicht sprechen.« Olga verzog das Gesicht, wie von einem plötzlichen Schmerz. »Alles ist vorbei.«
    »Ja, Olga. Alles ist vorbei. Es fällt mir sehr schwer, es dir zu sagen, aber ich kann es ja doch nicht länger hinausschieben.« Margarita seufzte tief auf und sagte: »Gleb ist ermordet worden. Vor drei Tagen.«
    »Was?«
    Olgas Augen wurden riesengroß, ihre Hand, die die Kaffeetasse hielt, begann zu zittern. Margarita konnte gerade noch ausweichen. Fast hätte sich der heiße Kaffee auf ihre hellen Jeans ergossen.
    »Man hat ihn auf der Straße erschossen, nachts aus dem Gebüsch. Er kam gerade mit seiner Frau aus dem Theater zurück, von einer Premiere.«
    Olga wurde so bleich, daß Margarita erschrak: Gleich fällt sie in Ohnmacht, und was mache ich dann?
    »Die Beerdigung ist am Montag. Um zehn ist der Gottesdienst in der Pimen-Gedächtniskirche an der Nowoslobodskaja-Straße.«
    »Ja«, sagte Olga mit blau verfärbten Lippen, »ich verstehe … am Montag, um zehn, Pimen-Kirche …«
    * * *
    Gedreht wurde auf einer Baustelle im Miusskaja-Viertel. Ein altes Haus, das von irgendeiner türkischen Firma renoviert wurde. Es war ein dunkler, trüber Tag. Die scharfen Lichtkegel der Soffittenlampen erzeugten eine seltsame, unruhige Beleuchtung – genau passend für die unheimliche Schießerei in dem leeren, halb zerstörten Haus, zwischen aufgestapelten Rohren, Ziegelsteinen und anderen Baumaterialien.
    Die Fassade war vollständig von einem grünen Netz verdeckt. Am Netz hinauf, vom Boden bis zum Dach, zog sich ein dickes doppeltes Tau. An ihm kletterte Margarita Krestowskaja wie ein Affe an einer Liane geschickt empor. Sie war ganz in Schwarz gekleidet – enge Jeans, kurze Lederjacke, Handschuhe. Die üppigen roten Haare waren zu einem Knoten zusammengedreht und unter einer schwarzen Lederkappe mit nach hinten gedrehtem Schirm versteckt.
    Major Kusmenko suchte nach einem Durchgang auf dasBaugelände. Er wußte, daß die Dreharbeiten hier stattfanden, aber der Zaun zog sich endlos in die Länge.
    In Zivil, in einer unansehnlichen Lederjacke und abgewetzten Jeans sah der schlaksige, magere Major nicht gerade seriös aus. Mit seinen sechsunddreißig Jahren ähnelte er immer noch einem strebsamen Studenten. Ein bescheidener, gut erzogener, kultivierter junger Mann – nie wäre man auf die Idee gekommen, daß er Milizionär und Einsatzleiter war. Der Blick durch die Brillengläser war weich und etwas verloren, das Lächeln offen und kindlich, die Stimme leise.
    »Da dürfen Sie nicht rein. Dreharbeiten.« Ein Wachmann, der selber gerade hinter dem Zaun verschwinden wollte, hielt Kusmenko an. Der Major reichte ihm seinen Ausweis.
    Der Wachmann sah flüchtig auf die Fotografie und dann auf Kusmenko.
    »Kommen Sie. Aber passen Sie auf, daß Sie nicht ins Bild laufen!«
    Auf dem Gelände zündete Kusmenko sich eine Zigarette an, stellte sich neben den Wachmann und wartete auf das Ende der Einstellung. Er hatte mit Margarita Krestowskaja zu sprechen.
    Margarita kletterte nicht einfach nur am Seil empor. Sie stieß sich mit den Füßen von der Wand ab und schwang geschickt hin und her. Auf einer fahrbaren Plattform glitt langsam der Kameramann neben ihr her. Zwei Schauspieler, die kaukasische Banditen spielten, rannten im Inneren des leeren Hauses von Stockwerk zu Stockwerk die zerbrochenen Treppen hinauf und schossen aus den Fenstern auf die Schöne. Sie wich den Kugeln gewandt aus und schoß aus einer kleinen Pistole durch das Netz zurück.
    Major Kusmenko legte den Kopf in den Nacken und betrachtete mit Wohlgefallen die zierliche Gestalt, die in Höhe des sechsten Stockwerks balancierte. Unwillkürlich stockte ihm das Herz –

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