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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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nicht die Absicht, Katja zu verlassen. Er hat sie auf Schritt und Tritt betrogen, aber er wäre niemals endgültig gegangen. Nicht einmal zu Olga. Er hat mir mal gesagt: Die Schätzchen kommen und gehen, aber die Familie bleibt bestehen. Er hat seine Flammen immer ›Schätzchen‹ genannt.«
    »Und gab es viele solcher Schätzchen?«
    »Ich weiß nur von Olga. Und überhaupt, bei Licht besehen, gab es sehr viel mehr Gerede als Schätzchen. Er hat sich selber dieses Image geschaffen, und die Leute klatschen nun einmal gern.«
    »Aber mit Olga Guskowa war es eine ernste Sache?«
    »Absolut. Obwohl ich mir Olga als Ehefrau unmöglich vorstellen kann.«
    »Warum nicht?«
    »Olga ist ein seltsamer und zutiefst unglücklicher Mensch. Ihre Eltern waren bei der Armee. Ihr Vater warOffizier bei den Grenztruppen, ihre Mutter Militärärztin. Sie sind in Afghanistan ums Leben gekommen, als Olga sieben Jahre alt war. Sie ist bei ihrer Oma aufgewachsen. Die Alte war schon immer eine Pest, und jetzt ist sie völlig senil. Olga lebt mit ihr zusammen in einer Einzimmerwohnung und studiert an der Universität Philosophie. Ein Irrenhaus.«
    »Und sie wollte Kalaschnikow heiraten?«
    »Unbedingt! Für sie waren Beziehungen zu einem Mann außerhalb der Ehe eine Todsünde.«
    »Ist sie gläubig?«
    »In gewissem Sinne schon.« Margarita zuckte die Schultern. »Allerdings ist schwer zu sagen, welcher Konfession. In ihrem Kopf herrscht ein fürchterliches Kuddelmuddel. Mal hungert sie sich in der Fastenzeit fast zu Tode, rennt ständig in die Kirche und fährt von einem orthodoxen Kloster zum anderen, dann wieder ist sie plötzlich auf dem Esoteriktrip, wie ein indischer Yogi.« Margarita winkte resigniert ab. »Sie ist schon sehr seltsam. Sogar ein Gespräch mit ihr ist schwierig.«
    »Aber Sie kennen sie doch recht gut, wenn ich Sie richtig verstanden habe«, meinte der Major freundlich, »und Sie sind auch nach der Schule mit ihr in Kontakt geblieben.«
    »Sie tut mir leid«, sagte Margarita seufzend, »sie hat ja niemanden außer ihrer senilen Großmutter. Sie hatte zunächst gar nicht erkannt, daß die Oma Altersschwachsinn hatte, sie meinte, es sei ihr schlimmer Charakter und hat sich gequält, als wäre sie an allem schuld. Die Alte hat sie mit ihren Launen und Szenen schikaniert, und sie hat’s ertragen. Ich habe ihr eine Psychiaterin besorgt, und die hat ihr erklärt, daß die Oma krank ist. Ehrlich gesagt, ich bin nicht sicher, wer die Ärztin mehr nötig hatte – die Oma oder sie.«
    »Sie meinen also, Olga Guskowa sei psychisch nicht ganz gesund?«
    »Nein, das habe ich nicht gesagt.« In Margaritas strahlendgrünen Augen funkelte es für einen Moment eisig auf.
    Sie hängt auf ihre Weise an dieser unglücklichen, seltsamen Olga, dachte der Major. Es ist ihr unangenehm, von ihr wie von einer Psychopathin zu sprechen. Ein gutes Herz hat sie, unsere schöne Margarita, unser aufgehender Filmstar. Aber trotzdem muß ich ihr noch eine unangenehme Frage stellen.
    »Sagen Sie, hat Olga irgendwelche Versuche unternommen, die Ehe zu zerstören?« Der Major räusperte sich.
    »Genau kann ich das nicht sagen«, erwiderte Margarita ruhig. »Ich habe gehört, daß Katja in der letzten Zeit von einer anonymen Anruferin belästigt wurde, die ihr Gemeinheiten am Telefon gesagt und sie bedroht hat. Einzelheiten weiß ich nicht. Aber das hat Katja Ihnen doch sicher schon erzählt?«
    Nein, Katja hatte davon kein Wort gesagt – weder zu Kusmenko noch zu Tschernow. Warum – das hätte der Major gern gewußt.
    »Sie halten es für möglich, daß Olga die Anruferin war?« fragte er.
    »Ich weiß nicht. Katja hat Ihnen von den Anrufen also nichts gesagt?«
    Der Major stutzte: Warum interessiert dich das so, meine Schöne?
    Mit einem milden Lächeln fragte er:
    »Was meinen Sie? Hat sie etwas gesagt oder nicht?«
    »Möglicherweise nicht. Katja ist ein sehr verschlossener Mensch. Sie mag es gar nicht, wenn sich jemand in ihre privaten Angelegenheiten mischt.«
    »Das habe ich auch schon gemerkt.«
    Auf dem Drehgelände entstand Unruhe. Die Maskenbildnerin kam angerannt und erneuerte Margaritas Makeup, ohne den Major zu beachten.
    »Achtung! Alle wieder auf ihre Plätze! Aufnahme! Margarita,genug geschwatzt! An die Arbeit!« brüllte der magere kleine Regisseur mit erkälteter Stimme in sein Megaphon.
    »Entschuldigen Sie.« Margarita stand auf, machte einige schnelle Bewegungen mit den Armen und Schultern und drehte den Kopf hin und her –

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