Club Kalaschnikow
mich bemühen«, versprach der Major und wandte seinen Blick von den gefährlichen grünen Augen ab. Besser nicht zu tief hineinschauen – zu leicht konnte man darin untergehen.
Kapitel 14
Die kostbare Zeit der letzten Jugend verstrich. Immer öfter bedrückten Barinow Langeweile und nervöse Unruhe, und er dachte mit leiser Melancholie an die alten Zeiten beim Komsomol zurück. In der Breshnew-Ära, der glücklichen Zeit der sogenannten Stagnation, gehörten zu den soliden Erholungsheimen für die Staatsdiener kleine spezielle Häuser mit Sauna, breiten Betten und Kühlschränken, die bis zum Bersten mit leckeren Speisen und edlen Tropfen gefüllt waren. Spezielles Personal stand jederzeit bereit, die von ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit erschöpften Funktionäre von Partei und Komsomol zu empfangen. Spezielle Damen sorgten für eine gesunde, ideologisch saubere Freizeitgestaltung. Woher diese Mädchen kamen und wohin sie verschwanden, darüber zerbrach sich Barinow nicht weiterden Kopf. Ihrem Aussehen, ihrer Unermüdlichkeit und ihrem fröhlichen Wesen nach zu urteilen, kümmerte sich jemand ganz speziell um ihre Auswahl.
Die Zeiten solcher kostenlosen, ungefährlichen Vergünstigungen waren vorbei, das Bedürfnis nach Abwechslung aber war geblieben.
Man schrieb das Jahr 1989. Die neue demokratische Presse zog voller Empörung über die Luxuspuffs von Partei und Komsomol her. Barinow, ein Mann, der gewandt zur neuen, demokratischen Linie übergeschwenkt war, mußte eine besondere Vorsicht walten lassen.
Sein Verhältnis mit einer jungen Tänzerin war durchaus im Rahmen des Erlaubten, hatte sogar etwas Pikantes. Die langandauernde romantische Affäre verlieh seinem Image als Politiker einen besonderen Charme. So etwas kann schließlich jedem passieren. Noch haben wir keine Zustände wie in Amerika, wo ein Politiker verpflichtet ist, die Heiligkeit der Familienbande hochzuhalten. Bei uns darf er eine Geliebte haben, allerdings nur eine, und die muß ein anständiges Mädchen sein.
Eine Zeitlang nahm ihn das Verhältnis mit Katja Orlowa vollständig und restlos in Anspruch. Aber dann, gerade zur rechten Zeit, kam die Masseurin ins Spiel. Alles hatte sich so erfreulich gefügt. Warum mußte es nur so abrupt und dumm enden!
Swetas starke, geschickte Hände hatten ihn die Rückenschmerzen schon fast vergessen lassen. Aber ihr üppiger, erfahrener, freigebiger Körper begann ihn allmählich zu langweilen. Sweta Petrowa war keine begriffsstutzige Frau, irgendwann merkte sie selbst, was er brauchte.
Eines Tages blickte sie ihn mit ihren ausdruckslosen hellbraunen Augen listig an und sagte, sie habe eine Freundin, eine angehende Journalistin, noch ganz jung, aus der Provinz.
»Sie versucht schon seit einem Monat, dich zu erreichenund ein Interview zu bekommen. Ein Interview mit dir, das wäre für sie eine große Chance, sie könnte dadurch vielleicht bei einer soliden Zeitung Fuß fassen. Ohne Beziehungen ist das sehr schwer.«
»Aber du weißt doch, wieviel ich am Hals habe, wie müde ich bin«, sagte er stirnrunzelnd.
»Keine Angst«, lachte Sweta, »niemand verlangt große Anstrengungen von dir. Sie ist bereit, dich zu treffen, wo und wann du willst, sie kommt sogar mitten in der Nacht zu dir auf die Datscha. Vielleicht kann man das Interview ja mit einem Massagetermin verbinden.«
»Eine Plaudertasche ist deine Provinzlerin aber hoffentlich nicht?« erkundigte er sich vergnügt – er hatte blitzschnell begriffen, worauf die kluge Sweta anspielte.
»Mach dir keine Sorgen. An eine Plaudertasche würde ich dich nicht verkuppeln.«
»Gut, dann bring deine kleine Journalistin mal her.«
Es war September und noch sommerlich warm, seine Frau und sein Sohn waren in Moskau und konnten jederzeit unverhofft auf der Datscha erscheinen. Weder sein Büro im Institut noch seine Wohnung eigneten sich für das bevorstehende exotische Vergnügen. Aber er hatte einen guten Freund und Gönner, den Mafioso und »Dieb im Gesetz« Korsh. Barinow erfüllte hin und wieder seine geheimen Bitten und Aufträge, soweit es ihm möglich war. Korsh war ein solider, zivilisierter Mann, fast alle Prominenten im Land kannten ihn und begrüßten ihn mit Handschlag. Er besaß ein riesiges Haus auf dem Land, in der Nähe von Moskau, mit Sauna und Swimmingpool, und er hatte überhaupt keine Vorurteile.
Jegor Barinow brauchte nur einmal beiläufig zu bemerken, daß eine nette junge Journalistin ihn in ungezwungener, intimer Atmosphäre
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